Die Tore Der Finsternis
von der rastlosen Sorte. Wenn er in einen Laden reingeht und dort niemand kennt, zieht er weiter; und er trinkt nirgends mehr als zwei Gläser.«
»Hat er auch einen Beruf?«
»Er hat eine Berufung .« Hogan sah Rebus’ Gesichtsausdruck. »Keine Sorge, er ist kein richtiger Priester. Er hat bloß so eine Ausstrahlung, die fremde Leute dazu veranlasst, ihm ihre Sorgen anzuvertrauen. Das scheint seine Tage auszufüllen.« Der Barkeeper kam, und Rebus gab die Bestellung auf; darunter auch jeweils ein kleines Glas IPA für Hogan und ihn selbst.
»Wir werden auch älter, was?«, verkündete Hogan lächelnd.
»Nicht nur wir, auch die Fälle, Bobby.«
Hogan begriff sofort, was Rebus meinte. »Wieso wird so eine dämliche alte Geschichte wieder aufgewärmt?«
»Wenn ich das nur wüsste.«
»Dickie Diamond war ein Arschloch, das kann jeder bestätigen.«
»Treibt sich von seinen Kumpeln noch jemand in der Gegend herum?«
»Einer befindet sich gerade hier.«
Rebus schaute in die trübseligen, teilnahmslosen Gesichter. »Wer?«
Hogan zwinkerte und wartete, bis Rebus die Getränke bezahlt hatte. Als der Barkeeper mit dem Geld zur Kasse schlurfte, sprach Hogan ihn mit Namen an.
»Alles klar, Malky?«
Der junge Mann runzelte die Stirn. »Kenne ich Sie?«
Hogan zuckte mit den Achseln. »Jedenfalls kenne ich dich. « Er legte eine Pause ein. »Hängst du noch an der Nadel?«
Rebus hatte den jungen Mann ebenfalls als Junkie eingestuft. Es lag an seinen Augen, seinen Gesichtszügen, der Körperhaltung. Der Barkeeper wiederum wusste sofort, wenn er es mit einem Bullen zu tun hatte.
»Ich bin clean«, erwiderte Malky.
»Nimmst du auch fleißig dein Methadon?«, fragte Hogan lächelnd. »Mein Kollege hier fragt sich, was wohl mit deinem Onkel passiert ist.«
»Welchen meinen Sie?«
»Den, von dem man schon lange nichts mehr gehört hat... oder weißt du vielleicht mehr als wir?« Hogan wandte sich an Rebus. »Malky ist der Sohn von Dickies Schwester.«
»Wie lange arbeitest du schon hier, Malky?«, wollte Rebus wissen.
»Knapp ein Jahr.« Sein Benehmen hatte sich von gleichgültig in missmutig verwandelt.
»Kanntest du den Laden schon, als er Zombie Bar hieß?«
»Da dürfte ich noch zu jung gewesen sein.«
»Man hätte dir trotzdem was ausgeschenkt.« Rebus zündete sich eine Zigarette an und hielt Hogan die Schachtel hin.
»Ist Onkel Dickie wieder aufgetaucht?«, fragte Malky. Rebus schüttelte den Kopf. »Es ist nur so, dass meine Mum... Ab und zu, wenn sie weinerlich drauf ist, sagt sie, Onkel Dickie ist bestimmt tot und begraben.«
»Was glaubt sie denn, ist mit ihm passiert?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Du könntest sie mal fragen.« Rebus hatte eine Visitenkarte gezückt. Es standen sowohl die Nummer seines Piepers als auch die der Polizeizentrale darauf. »Die Antwort würde mich interessieren.«
Malky steckte die Karte in die Brusttasche seines Hemdes.
»Wir sind hier am Verdursten!«, rief Barclay. Hogan nahm zwei der Gläser. Rebus starrte Malky an.
»Ich meine es ernst«, sagte er. »Wenn du irgendetwas darüber hörst, was mit ihm passiert ist, möchte ich das unbedingt erfahren.«
Malky nickte, wandte sich dann ab, um ans Telefon zu gehen. Aber Rebus hielt ihn am Arm fest. »Wo wohnst du, Malky?«
»Sighthill. Aber was geht Sie das an?« Malky machte sich los und nahm den Hörer ab.
Sighthill war prima. Rebus kannte jemanden dort.
»Warum läuft dieser Laden nicht?«, fragte Ward Hogan gerade, als Rebus zum Tisch kam.
»Fehler bei der Marktforschung. Der Inhaber dachte offenbar, es gäbe inzwischen genug Yuppies in Leith, um eine Goldgrube draus zu machen.«
»Vielleicht muss er einfach noch ein paar Jahre warten«, sagte Barclay, der seine Cola schon halb geleert hatte.
Hogan nickte. »Glaub ich auch«, stimmte er zu. »Schade nur, dass wir das Parlament nicht gekriegt haben.«
Rebus schnaubte. »Von mir aus hättet ihr’s gerne haben können.«
»Das wollten wir auch.«
»Und woran hat’s gelegen?«, fragte Ward.
»Die Abgeordneten wollten nicht nach Leith. Zu weit draußen.«
»Vielleicht hatten sie nur Angst vor den Verlockungen des Fleisches«, gab Ward zu bedenken. »Allerdings habe ich davon noch nicht viel gesehen.«
Die Tür ging auf, und ein weiterer einsamer Zecher kam herein. Seine Bewegungen waren schnell und ruckartig, wie aufgezogen. Er sah Hogan und nickte ihm zur Begrüßung zu, marschierte dann aber in Richtung Theke. Hogan winkte ihn dennoch zu ihnen
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