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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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herausfinden, dass du im Wald gespielt hast, kriegst du eine Tracht
Prügel.«
    Merthin nickte.
    »Ich werde dein
Geheimnis für mich behalten, wenn du meins bewahrst.« Merthin nickte erneut.
Indem er sich auf den Handel einließ, machte er keinerlei Zugeständnisse.
Keines der Kinder würde erzählen, was sie gesehen hatten. Täten sie das,
bekämen sie unglaublichen Ärger. Vor allem, was würde mit Ralph geschehen, der
einen Mann der Königin getötet hatte? »Wärst du so nett, mir dabei zu helfen,
die Wunde zu verbinden?«, fragte Thomas. Trotz allem, was geschehen war, sprach
er höflich, wie Merthin bemerkte.
    Die Haltung des
Ritters war bemerkenswert. So wollte Merthin auch sein, wenn er groß war.
    Schließlich gelang
es Merthins zugeschnürter Kehle, ein Wort hervorzubringen. »Ja.«
    »Dann nimm bitte
den zerschnittenen Gürtel, und bind ihn mir um den Arm.«
    Merthin tat, wie
ihm geheißen. Thomas‘ Unterhemd war blutdurchtränkt, und das Fleisch an seinem
Arm war aufgeschnitten wie ein Schwein auf dem Schlachterblock. Merthin wurde
leicht übel, doch er zwang sich, den Gürtel um Thomas‘ Arm zu schlingen und so
die Wunde zu schließen und den Blutfluss zu verlangsamen. Er machte einen
Knoten, und Thomas zog ihn mit der Rechten fest.
    Dann rappelte
Thomas sich mühsam auf. Er schaute auf die Toten. »Wir können sie nicht
begraben«, sagte er. »Ich würde verbluten, bevor die Gräber ausgehoben sind.«
Dann schaute er zu Merthin und fügte hinzu: »Auch wenn du mir hilfst.« Er
dachte einen Augenblick lang nach. »Andererseits will ich nicht, dass sie von irgendeinem
Liebespärchen entdeckt werden, das nach einem Platz sucht, um … allein zu
sein. Lass uns sie in den Busch schleppen, wo ihr euch versteckt habt. Den
Grünmantel zuerst.« Sie gingen zu der Leiche.
    »Jeder ein Bein«,
sagte Thomas. Mit der rechten Hand packte er den linken Knöchel des Toten.
Merthin nahm den anderen schlaffen Fuß in beide Hände und zog. Gemeinsam
schleppten sie den Leichnam ins Gestrüpp zu Hop.
    »Das sollte
reichen«, sagte Thomas. Sein Gesicht war weiß vor Schmerz. Nach einem
Augenblick beugte er sich hinunter und zog dem Toten den Pfeil aus dem Auge.
»Gehört der dir?«, fragte er und hob die Augenbrauen.
    Merthin nahm den
Pfeil und wischte ihn am Boden ab, um Blut und Hirn zu entfernen.
    Dann schleppten sie
die zweite Leiche auf gleiche Art über die Lichtung und legten sie neben die
erste. Der nur noch lose am Genick hängende Kopf schleifte hinterher.
    Thomas hob die
Schwerter der beiden Männer auf und warf sie neben die Leichen in den Busch.
Dann nahm er seine eigenen Waffen wieder an sich.
    »Und jetzt«, sagte
Thomas, »muss ich dich um einen großen Gefallen bitten.« Er hielt Merthin
seinen Dolch hin. »Würdest du mir ein kleines Loch graben?«
    »Ja, gut.« Merthin
nahm den Dolch.
    »Einfach hier,
genau vor der Eiche.«
    »Wie groß?«
    Thomas hob die
lederne Brieftasche auf, die an seinem Gürtel befestigt gewesen war. »Groß
genug, um das hier für fünfzig Jahre zu verstecken.«
    Merthin nahm all
seinen Mut zusammen und fragte: »Warum?«
    »Grab, und ich
werde dir so viel sagen, wie ich darf.« Merthin kratzte am Boden, um die kalte
Erde mit dem Dolch aufzulockern.
    Dann hob er sie mit
den Händen aus.
    Thomas nahm das
Pergament, steckte es in die Wolltasche und machte diese dann wieder in der Brieftasche
fest. »Ich sollte diesen Brief dem Grafen von Shiring überbringen«, sagte er.
»Er enthält ein derart gefährliches Geheimnis, dass mir sofort klar war, dass
der Überbringer getötet werden müsste, damit er niemals darüber sprechen kann.
Also musste ich verschwinden. Ich beschloss, Zuflucht in einem Kloster zu
suchen und Mönch zu werden. Ich habe genug vom Kämpfen, und ich habe viele
Sünden begangen, für die ich büßen muss. Doch kaum wurde ich vermisst, begannen
die Leute, die mir den Brief gegeben hatten, nach mir zu suchen — und ich hatte
Pech. In einer Schänke in Bristol hat man mich entdeckt.«
    »Warum haben die
Männer der Königin Euch verfolgt?« »Auch sie will nicht, dass dieses Geheimnis
bekannt wird.« Als Merthins Loch anderthalb Fuß tief war, sagte Thomas: »Das
wird reichen.« Er warf die Brieftasche hinein.
    Merthin schaufelte
die Erde wieder hinein, und Thomas bedeckte alles mit Laub und Zweigen, bis es
nicht mehr von der Umgebung zu unterscheiden war.
    »Solltest du hören,
dass ich gestorben bin«,

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