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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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ein großes
symbolisches Projekt ankündigen, das alle davon überzeugen wird, dass unser
Markt noch nicht am Ende ist. Sofort! Diese Woche! Wir müssen den Leuten sagen,
dass wir die alte Brücke abreißen und eine neue, zweimal so breite bauen
werden.«
    Ohne Vorwarnung
wandte er sich Merthin zu. »Wie lange würde das dauern, mein Junge?«
    Merthin schaute
überrascht drein, antwortete jedoch: »Kommt drauf an. Das Schwerste ist,
geeignete Bäume zu finden. Man braucht sehr lange Balken, gut abgelagert. Dann
müsste man die Pfeiler ins Flussbett rammen … Das ist recht schwierig, weil
man in fließendem Wasser arbeiten muss. Danach aber sind es nur noch
Zimmermannsarbeiten. Weihnachten könnte man fertig sein.«
    Anthony sagte: »Wir
haben keinerlei Sicherheit, dass die Familie Caroli ihre Pläne rückgängig
machen wird, wenn wir eine neue Brücke bauen.«
    »Doch, das werden
sie«, erklärte Edmund mit Nachdruck. »Das garantiere ich.«
    »Aber ich habe
nicht das Geld. Ich kann es mir nicht leisten, eine neue Brücke zu bauen.«
    »Du kannst dir
nicht leisten, keine neue Brücke zu bauen!«, rief Edmund. »Du treibst dich
selbst und die ganze Stadt in den Ruin.«
    »Aber es geht
nicht! Ich weiß ja nicht einmal, wo ich das Geld für die Reparaturen im Südchor
hernehmen soll.«
    »Und was willst du
dann tun?«
    »Auf Gott
vertrauen.«
    »Jene, die auf Gott
vertrauen und säen, werden ernten, aber du säst ja nicht einmal!«
    Anthony wurde
wütend. »Ich weiß, dass es für einen wie dich schwer zu verstehen ist, Edmund,
aber die Priorei von Kingsbridge ist kein Handelskontor. Wir sind hier, um Gott
die Ehre zu erweisen und nicht, um dem schnöden Mammon zu dienen.«
    »Ihr werdet Gott
aber nicht mehr lange ehren können, wenn ihr nichts mehr zu essen habt.«
    »Der Herr wird für
uns sorgen.«
    Edmunds ohnehin
schon rotes Gesicht wurde purpurn vor Zorn.
    »Als du noch ein
Junge warst, hat das Geschäft unseres Vaters dich ernährt, gekleidet und dir
die Ausbildung gesichert. Seit du Mönch bist, haben die Bürger der Stadt und die
Bauern der Umgebung mit ihrem Zehnten, den Brückenzöllen und einem Dutzend
anderer Abgaben dafür gesorgt, dass du dir den Wanst vollschlagen kannst! Dein
Leben lang hast du wie eine Laus im Pelz hart schuftender Menschen gelebt! Und
jetzt hast du die Dreistigkeit zu sagen, dass Gott schon für dich sorgen wird?«
    »Blasphemie! Du
versündigst dich, Bruder!« »Vergiss nicht, dass ich dich kenne, seit du geboren
bist, Anthony. Du hast stets ein Talent dafür gehabt, der Arbeit aus dem Weg zu
gehen.« Edmunds Stimme, die er so oft zum Gebrüll erhob, senkte sich nun — ein
Zeichen dafür, dass er jetzt wirklich wütend war, wie Caris wusste.
    »Wenn es an der
Zeit war, die Latrine zu leeren, bist du ins Bett gegangen, um dich für die
Schule am nächsten Tag auszuruhen. Als Vaters Gabe an Gott hast du immer von
allem das Beste bekommen und nie auch nur einen Finger gekrümmt, um es dir zu
verdienen.
    Die besten Stücke
Fleisch, die wärmste Schlafkammer, die schönsten Kleider … Ich war der
einzige Junge, der die abgelegten Sachen seines kleinen Bruders auftragen
musste!« »Und das lässt du mich auch nie vergessen.« Caris hatte auf eine
Chance gewartet, den Wortschwall aufzuhalten, und ergriff nun die Gelegenheit:
»Es muss doch einen anderen Weg geben.« Überrascht ob der  Unterbrechung
schauten die beiden Brüder sie an.
    Caris fuhr fort:
»Könnte nicht die Bürgerschaft eine Brücke bauen?« »Mach dich nicht
lächerlich«, sagte Anthony. »Die Stadt gehört der Priorei. Ein Diener richtet
doch nicht das Haus seines Herrn ein.« »Aber wenn man dich um Erlaubnis
ersuchen würde, hättest du keinen Grund, sie zu verweigern.« Anthony
widersprach dem nicht sofort, und das war ermutigend; doch Edmund schüttelte
den Kopf. »Ich glaube nicht, dass ich die Bürger davon überzeugen könnte, das
Geld aufzubringen«, sagte er. »Natürlich wäre es langfristig in ihrem
Interesse, doch wenn es um Geld geht, neigen die Leute dazu, eher kurzfristig
zu denken.« »Ha!«, rief Anthony. »Aber von mir erwartest du, dass ich
langfristig denke.« »Dein Geschäft ist ja auch das ewige Leben, oder etwa
nicht?«, schoss Edmund zurück.
    »Wer, wenn nicht
du, sollte denn über die nächste Woche hinausblicken? Außerdem bekommst du
einen Penny Zoll von jedem, der die Brücke überquert. Du würdest dein Geld also
zurückbekommen

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