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Die Tore der Welt

Titel: Die Tore der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Klosterbruder
bequatschen darf, mir ein Stück Käse zu schenken?« Merthin überraschte ihn mit
einem Grinsen. »Genau wie damals, als wir noch Kinder waren, hm?« »Genau!«
Jetzt wusste Ralph nicht, ob er wütend oder belustigt sein sollte. Doch bevor
er sich entscheiden konnte, näherte sich ihnen ein hübsches Mädchen mit einem
Tablett voll Eier. Sie war schlank und trug ein selbst genähtes Kleid, unter
dem sich ihr kleiner Busen abzeichnete. Ralph stellte sich ihre Brüste so blass
und rund vor wie die Eier. Er lächelte sie an. »Wie viel?«, fragte er, obwohl
er gar keine Eier brauchte.
    »Ein Penny das
Dutzend.«
    » Sind sie gut?«
    Das Mädchen deutete
auf einen Stand in der Nähe. »Sie stammen von diesen Hennen dort.«
    »Und sind diese
Hennen auch von einem gesunden Hahn beglückt worden?« Ralph sah, wie Merthin ob
dieses Spruchs in spöttischer Verzweiflung mit den Augen rollte.
    Doch das Mädchen
ließ sich auf das Spiel ein. »Jawohl, Sir«, antwortete sie mit einem Lächeln.
    »Dann sind es also
glückliche Hühner, ja?« »Ich weiß nicht.«
    »Natürlich nicht.
Eine Maid versteht nur wenig von solchen Dingen.« Ralph musterte sie. Sie hatte
blondes Haar und eine Himmelfahrtsnase. Er schätzte sie auf achtzehn.
    Sie klimperte mit
den Wimpern und sagte: »Starrt mich bitte nicht so an.« Hinter dem Stand rief
ein Bauer, ohne Zweifel der Vater des Mädchens: »Annet! Komm her!« »Du heißt
also Annet«, sagte Ralph.
    Das Mädchen
ignorierte den Ruf und wandte sich nicht einmal um.
    Ralph fragte: »Wer
ist dein Vater?« »Perkin aus Wigleigh.«
    »Wirklich? Mein
Freund Stephen ist der Herr von Wigleigh. Ist Stephen gut zu euch?« »Herr
Stephen ist gerecht und gnädig«, antwortete sie pflichtbewusst.
    Ihr Vater rief
erneut: »Annet! Du wirst hier gebraucht!« Ralph wusste, warum Perkin sie von
ihm weg zu lotsen versuchte. Hätte ein Junker seine Tochter heiraten wollen,
hätte es ihm nichts ausgemacht; das hätte auf der gesellschaftlichen Leiter
einen Schritt nach oben bedeutet. Aber er fürchtete, dass Ralph nur mit ihr spielen
und sie dann fallen lassen wollte. Und damit hatte er vollkommen recht.
    »Geh nicht, Annet
Wigleigh«, sagte Ralph.
    »Ich gehe erst,
wenn Ihr gekauft habt, was ich anzubieten habe.«
    Neben ihnen stöhnte
Merthin: »Die eine so schlimm wie der andere.«
    Ralph sagte: »Warum
stellst du die Eier nicht ab und kommst mit mir? Wir könnten ein wenig am Fluss
spazieren gehen.« Zwischen Fluss und Klostermauern zog sich ein breites Ufer
dahin, das um diese Jahreszeit voller Wildblumen und Büsche war, traditionell
ein beliebter Ort für Paare.
    Doch Annet war
nicht so leicht herumzukriegen. »Das würde meinem Vater nicht gefallen«, sagte
sie.
    »Um den brauchen
wir uns keine Sorgen zu machen.« Ein Bauer konnte sich dem Willen eines Junkers
nur schwer widersetzen, vor allem, wenn dieser Junker die Farben eines
mächtigen Grafen trug.
    Es war eine schwere
Beleidigung des Grafen, Hand an einen seiner Männer zu legen. Natürlich konnte
der Bauer versuchen, seine Tochter zu überreden, dass sie blieb, doch sie mit
Gewalt zurückzuhalten wäre riskant.
    Dann aber kam jemand
anders Perkin zu Hilfe. Eine jugendliche Stimme sagte: »Hallo, Annet. Ist alles
in Ordnung?«
    Ralph drehte sich
zu dem Neuankömmling um. Er sah wie sechzehn aus, war jedoch fast so groß wie
Ralph, mit breiten Schultern und großen Händen, ein überaus gut aussehender
Bursche. Sein Gesicht war wie gemeißelt, sein Haar dick und lohfarben, ebenso
sein sprießender Bart.
    Ralph fragte: »Wer,
zum Teufel, bist du denn?« »Ich bin Wulfric aus Wigleigh, Sir.« Wulfric zeigte
sich ehrerbietig, aber nicht ängstlich. Er drehte sich zu Annet um und sagte:
»Ich bin gekommen, um dir beim Eierverkauf zu helfen.« Der Junge schob seine
muskulöse Schulter zwischen Ralph und Annet, stellte sich schützend vor das
Mädchen hin und versperrte Ralph den Zugang. Das war ein wenig ungebührlich,
und Ralph fühlte Zorn in sich aufkeimen. »Geh aus dem Weg, Wulfric Wigleigh«,
sagte er. »Du bist hier nicht erwünscht.« Wulfric drehte sich wieder um und schaute
Ralph ruhig an. »Ich bin mit dieser Frau verlobt, Sir«; sagte er, und wieder
war sein Tonfall respektvoll, seine Haltung jedoch furchtlos.
    Perkin meldete sich
zu Wort. »Das ist wahr, Sir … Sie werden heiraten.« »Erzähl mir nichts von
euren Bauernsitten«, sagte Ralph verächtlich. »Mir ist es

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