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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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ging nicht. Bei der Einschiffung im August wäre Elisabeths Schwangerschaft schon weit fortgeschritten. Die Gefahr, dass weder sie noch das Kind die Beschwernisse der Reise überlebten, war einfach zu hoch. Aber ich dachte auch an Konrad von Marburg. Der Kreuzzug wäre für Elisabeth eine Gelegenheit gewesen, dem unseligen Einfluss dieses Teufelspredigers zu entkommen. Vielleicht hätte sie sich während ihrer langen Abwesenheit von ihm gelöst, hätte in Jerusalem neue Erkenntnisse gewonnen.
    So aber mussten wir bleiben.
    Die trüben, kalten Wintertage wurden uns lang. Elisabeth und ich vertrieben uns die Zeit mit Vorlesen, spielten viel mit den Kindern, spannen Wolle, gingen oft in die Kapelle. Anstatt sich auf den neuen Nachwuchs zu freuen, wurde Elisabeth immer trauriger, und schließlich baten wir Ludwig, die Hofhaltung wieder auf die Wartburg zu verlegen. Dort würde sie mit der Sorge für ihr Hospital mehr Ablenkung haben und auf andere Gedanken kommen. Ludwig sagte sofort ja, und wir packten unsere Sachen. Das war kurz vor Fastnacht des Jahres 1227 .
    Das Wiedersehen mit Heinrich Raspe, der nicht mit uns auf die Creuzburg gezogen war, gestaltete sich schwierig. Er musste inzwischen längst vom Kreuzzug erfahren haben, und ich stellte mir seine Freude darüber vor, dass er endlich im Sommer die Herrschaft in Thüringen übernehmen durfte. Von Elisabeths Schwangerschaft konnte er natürlich nichts ahnen. Er empfing uns gleich im Burghof, ich sah, dass er in Hochstimmung war. Er half den Damen vom Pferd – wobei er mir heimlich den Nacken streichelte –, hob die Kinder aus ihrem Wägelchen und umarmte Ludwig.
    »Ich hab’s schon gehört!«, rief er. »Im Juni geht’s auf ins Heilige Land, so wie du dir’s gewünscht hast, Bruderherz! Das wird eine Reise werden, was?«
    Ludwig schlug seinem Bruder gutgelaunt auf die Schulter. »Eine großartige Reise! Und ich gehe beruhigt, weil ich das Land in guten Händen weiß. Denn du wirst meiner Elisabeth treu zur Seite stehen, bis ich wiederkomme.«
    Ich hörte ihn das sagen und konnte seine Gedankenlosigkeit kaum fassen. Ihm musste doch klar sein, dass er seinem Bruder mit diesen Sätzen einen Schlag versetzte. Atemlos wartete ich auf Heinrichs Antwort.
    »Wie meinst du das?«, fragte er mit kalter, leiser Stimme. Er wurde ganz weiß um die Nase.
    Ludwig lächelte. »Wir bekommen unser drittes Kind, Heinrich. Elisabeth wird hierbleiben und alle Vollmachten bekommen. Und ich will, dass du sie nach Kräften unterstützt. Versprichst du mir das?«
    Heinrich Raspe versuchte mühsam, sich zu beherrschen. »Bruder, du weißt genau, dass Elisabeth halb Thüringen verkaufen wird, um ihre Armen zufriedenzustellen. Du weißt auch, wie der Adel zu ihr steht. Das kann nicht dein Ernst sein!«
    Ludwig kniff die Augen zusammen. »Ich vertraue meiner Frau, Heinrich. Und ich will, dass alles so geschieht, wie ich es sage. Noch bin ich der Landgraf!«
    Er war laut geworden, alle Köpfe drehten sich. Heinrich Raspe fuhr auf dem Absatz herum und ging mit großen, wütenden Schritten in Richtung Marstall.
    Kurze Zeit später jagte er seinen Rappen in halsbrecherischem Galopp durchs Tor und nach Eisenach hinunter.
     
    Am nächsten Tag trafen wir uns in der kleinen Bohlenstube neben der Wäschekammer. »Es tut mir so leid«, sagte ich und umarmte ihn. Ich spürte, dass er immer noch vor Wut kochte. Er küsste mich und zog mich auf ein unbenutztes Spannbett, das in der Ecke stand. »Ich will nicht drüber reden«, sagte er und begann, meine Brüste zu streicheln. Ich fühlte mich so schlecht. Erst am Morgen war ich Raimund von Kaulberg begegnet, und er hatte mit mir gescherzt wie in alten Zeiten. »Lass«, sagte ich zu Heinrich und wand mich unter seinen Händen. Er nestelte an den Bändern meiner Kotte. »Lass ab«, bat ich noch einmal und versuchte, von ihm wegzukommen, »ich muss zurück in die Kinderstube, Sophie ist sonst allein.« Aber er ließ nicht zu, dass ich mich verweigerte. Er schob meine Röcke hoch, drückte mich mit all seiner Kraft in die Polster. Mit den Knien zwang er meine Schenkel auseinander und wohnte mir bei, als müsse er all seinen Zorn, all seine Anspannung in diesem gefühllosen fleischlichen Akt an mir auslassen. Ich biss die Zähne zusammen und ließ es über mich ergehen.
    Danach, als er wortlos gegangen war, weinte ich vor Wut und Verzweiflung. Alles tat mir weh, Körper und Seele. Ich richtete meine Kleider, ordnete mein Haar. Plötzlich musste ich

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