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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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fragen? Du hast mir Gehorsam in allen Dingen geschworen!« Konrad war weiß vor Wut.
    Wir saßen in der Bohlenstube des Hellgrevenhofs, wohin der Prediger Elisabeth gebracht hatte. Ein Kachelofen verbreitete wohlige Wärme, und auf dem Tisch standen Becher mit heißem Würzwein. Es war das erste Mal seit zwei Monaten, dass wir nicht froren. Dennoch zitterte Elisabeth am ganzen Leib. »Ihr wart nicht da, Meister. Ich durfte mein Gelübde nicht mehr einhalten. Ich musste meine Entscheidung alleine treffen«, wagte sie zu erwidern.
    »Du hättest warten müssen, mit allem!«, dröhnte Konrad. »Strenge Züchtigung hättest du verdient für deinen Eigensinn! Aber ich sehe, dass du dich kaum auf den Beinen halten kannst, also will ich Gnade vor Recht ergehen lassen.«
    Sie neigte den Kopf. »Ich danke Euch, Vater.«
    Er nickte knapp. »Von nun an werde ich mich um all deine Angelegenheiten kümmern. Ich habe deinetwegen an den Papst geschrieben und von ihm einen Schutzbrief erwirkt. Seine Heiligkeit nimmt dich und all deine Güter in seinen Schutz und bestimmt mich zum Konservator. Das heißt, ich nehme all deine Rechte für dich wahr.«
    Ah, jetzt verstand ich. Natürlich kam es Konrad da nicht zupass, dass Elisabeth all ihren Besitztümern hatte entsagen wollen. Vermutlich hatte er irgendetwas damit vor. Schon jetzt verursachte mir des Predigers Gegenwart beinahe körperliche Übelkeit. Sah er denn nicht, wie es wirklich um Elisabeth stand? Erkannte er nicht, dass eine Veränderung mit ihr vorgegangen war? Ich konnte mich nicht zurückhalten. »Magister Konrad«, sagte ich, »die Landgräfin hatte eine Vision. Sie hat den Heiland gesehen und mit ihm gesprochen. Gott selber hat sie dahingeführt. Sie hat nichts Falsches getan.«
    Er sah mich an, als wolle er mich mit Blicken durchbohren. »Stimmt das?«, fragte er Elisabeth.
    Sie nickte. »Der Herr Jesus ist mir erschienen und hat mir versprochen, auf immer bei mir zu bleiben. Ich schwöre es. Meine Zofen waren Zeugen.«
    Ich sah, wie Konrad nachdachte. »Darum wollte sie der Welt entsagen«, fügte ich hinzu.
    »Und anschließend wäre sie verhungert«, knurrte Konrad. Aber sein Zorn war augenscheinlich verraucht. »Das wäre vor der Zeit«, murmelte er in sich hinein. Was um Himmels willen meinte er damit? Dass es passender wäre, wenn sie später stürbe?
    »Meister«, wandte sich nun Isentrud an Konrad. »Was sollen wir nun tun?«
    »Auf die Burg führt wohl kein Weg zurück«, sagte der Prediger. »Also bleiben nur drei Möglichkeiten: Die eine ist, bei Verwandten unterzukommen. Die andere, ins Kloster zu gehen. Und die dritte ist ein zurückgezogenes Leben als Klausnerin. Ich muss mich bedenken, was am besten ist. Schließlich …«
    »Ich will betteln gehen.« Elisabeths Stimme war klar und hell.
    Konrad kniff die Augen zusammen: »Du willst was?«
    Sie straffte den Rücken. »Ich will leben wie mein Herr Jesus.«
    »Du bist ja verrückt!«, fauchte er. »Das ist Narrheit um Christi willen.«
    »Was sonst soll der Heiland gemeint haben, als er zu mir gesagt hat, ich solle bei ihm sein?« Elisabeths alter Trotz erwachte wieder zum Leben.
    Konrad von Marburg bemühte sich, seinen Zorn zu beherrschen. »Dies zu deuten solltest du mir überlassen. Ja, der Herr ist besitzlos umhergezogen. Aber die Nachfolge Christi kann auch im übertragenen Sinn gemeint sein!«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Mit lautem Krachen ließ er die Faust auf den Tisch fallen. »Du willst nicht verstehen! Aber heilig werden, das willst du! Ich werde dir etwas sagen: Ohne mich und meine Hilfe wirst du das niemals erreichen, niemals! Wenn du jetzt bettelnd umherziehst und hungers stirbst, wird in einem Jahr keiner mehr nach dir fragen. Dieses Schicksal teilst du nämlich mit Tausenden. Allein ich kann dich zu deinem Ziel führen. Ich kann dich geistig anleiten, damit du nicht ins Ketzertum abgleitest – denn bedenke, dass auch die teuflischen Katharer an die Armut glauben! Und ich kann dein Vermögen so einsetzen, dass du damit wirklich etwas für die Menschen bewirken kannst. Der päpstliche Schutzbrief ist der erste Schritt dazu. Wenn du mir nicht folgst, wirst du untergehen, sei gewiss! Und vergiss nicht, du hast mir Gehorsam in allen Dingen geschworen. Wenn du diesen Schwur brichst, indem du ohne meine Erlaubnis betteln gehst, kommt das einem Verbrechen gegen Gott gleich. Entscheide dich!«
    Elisabeth saß da wie ein geprügelter Hund. Sie war sich so sicher gewesen. Gefreut hatte sie sich

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