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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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drehte er sich um. »Was willst du, Gisa?«
    Sie stand ebenfalls auf. »Ich will Hermanns Leben.«
    Er hob die Augenbrauen. »Ich verstehe nicht ganz.«
    »Du verstehst sehr gut, Heinrich. Vielleicht tust du ihm jetzt noch nichts, er ist ja noch ein Kind. Aber ich weiß, du wirst ihn nicht am Leben lassen, weil er als Ludwigs Sohn Landgraf würde, sobald er volljährig ist. Und das wirst du niemals zulassen.«
    »Gesetzt den Fall, das sei so – wie soll ich dir seine Sicherheit garantieren? Willst du, dass ich einen Eid ablege?«
    »Das brauchst du gar nicht«, sagte sie. »Du musst nur wissen, dass ich all deine Geheimnisse verraten werde, falls Hermann etwas zustößt. Solange ihm nichts geschieht, geschieht auch dir nichts.«
    Er grinste. Dann zog er seinen Dolch und prüfte die Schärfe seiner Spitze mit dem Daumen »Kleine, dumme Gisa! Wer sagt dir, dass ich dich nicht gleich hier auf der Stelle umbringe?«
    Gisa ging zum offenen Fenster und winkte Heinrich zu sich. »Da drüben auf der anderen Seite der Gasse steht Vater Seyfried, der Stadtpfarrer, mit dem ich hergekommen bin. Er kann uns zwar nicht hören, aber er sieht uns beide von dort aus schon die ganze Zeit. Ich habe ihn gebeten zu warten, bis unser Gespräch zu Ende ist und ich wieder bei ihm bin.«
    Tatsächlich stand da ein älterer Mann in schwarzer Kutte. Heinrich lachte gezwungen, steckte seinen Dolch weg und deutete eine kleine Verbeugung an. »Meine Hochachtung, Gisa, du bist ganz schön durchtrieben.« Langsam setzte er sich wieder hin. Er kratzte sich am Kinn und überlegte. Und dann blitzte etwas auf in seinen Augen. »Aber ich glaube nicht, dass du irgendjemandem etwas erzählen wirst«, sagte er lächelnd. »Denn du kennst nicht die ganze Wahrheit. Siehst du, ich bin nämlich nicht der Einzige in der Familie, der dem Glauben der ›Reinen‹ zugeneigt ist. Vor mir waren schon mein Vater dabei, mein ältester Bruder, und natürlich auch Ludwig. Der brave, freundliche Ludwig, der ein so gut christlicher Fürst war, vielgeliebt und vielbeweint! Der Vater des lieben Kleinen, den du so gern vor mir schützen möchtest! Das kann im Übrigen nicht nur Wido bestätigen, sondern alle Katharer in Thüringen.« Er hob spöttisch die Brauen. »Was sagst du nun, hm? Was glaubst du, würde geschehen, wenn alle Welt die Wahrheit über Ludwig erführe? Was würde Elisabeth sagen, die ach so tiefgläubige Elisabeth? Was würde sie sagen, wenn sie wüsste, dass sie mit einem Ketzer verheiratet war? Sie will doch heilig werden, nicht wahr? Eine Vision soll sie schon gehabt haben, hört man. Tja, ich kann mir nicht vorstellen, dass der liebe Gott sie unter diesen Umständen erhöht.« Gisa stand da wie vom Blitz getroffen. Ludwig ein Abtrünniger? Es war unvorstellbar! Aber sie spürte, sie wusste, dass Heinrich die Wahrheit gesagt hatte.
    Heinrich sprach weiter. »Schau, ich kenne dich nämlich auch, meine Hübsche. Es gibt einen Menschen, der dir noch wichtiger ist als der kleine Hermann, einen Menschen, den du noch mehr liebst: Elisabeth.«
    Gisa schwankte.
    »Und du weißt ganz genau, dass die Wahrheit über Ludwig Elisabeth umbringen würde. Ich habe sie heute früh im Hospital gesehen. Sie isst kaum noch etwas, und sie schuftet sich langsam zu Tode. An ihr ist kein Gran Fleisch mehr, nur noch Haut und Knochen. Sie sieht aus wie eine alte Frau. Sie hustet. Der kleinste Windstoß würde sie umwerfen. Ihr geliebter Ehemann, der Vater ihrer Kinder, ein Teufelsanbeter? Den Tag, an dem sie das erführe, würde sie nicht überleben.«
    Gisa schloss die Augen. Er hatte recht. Niemals würde sie das zulassen. Mit schwankenden Schritten ging sie zu ihrem Stuhl zurück und hielt sich an der Lehne fest.
    »Nun«, sagte Heinrich, »wir beide könnten uns gegenseitig ziemlichen Ärger machen, was?« Er zuckte die Schultern. »Ich denke, wir sollten uns einigen, meine Liebe. Ich bin ja kein Unmensch. Ob du’s glaubst oder nicht, ich mag meinen kleinen Neffen gern und ich habe nicht vor, ihn in nächster Zeit umzubringen. Wer weiß außerdem, was in zehn Jahren sein wird. Also, ich schlage vor, du versprichst mir, Stillschweigen zu bewahren. Dafür verspreche ich dir, Hermann ein wunderbarer Onkel zu sein und ihm nichts Böses zu tun. Du bleibst am Leben, dein kleiner Liebling und Elisabeth auch. Und ich bleibe, was ich bin, nämlich Landgraf von Thüringen. Was meinst du?«
    Gisa ließ sich auf den Stuhl sinken. Lange barg sie das Gesicht in den Händen. Ihre Stimme

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