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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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sollen sie dich nur näher zu ihm führen. Wir sind alle seine Kinder.«
    »Glaubst du, er will mir durch diese schreckliche Verstrickung etwas sagen?«, fragte er und schalt sich dabei selber einen Narren, dass er Rat bei einem Kind suchte.
    Sie sah ihn an mit ihren dunklen Ungaraugen. »Nichts, was Gott tut, ist ohne Bedacht«, erwiderte sie. »Du musst nur erkennen, was Er für dich ausgesucht hat im Leben.«
     
    Am nächsten Morgen verließ Ludwig die Kammer und nahm an der Grablege seines Bruders teil. Und als er hinter dem Sarg in die Katharinenkirche schritt, sah er vor sich, neben seiner Mutter, Elisabeth gehen, ernst und gefasst. Da wurde ihm mit einem Mal klar, was er diesem Mädchen angetan hatte. Er hatte ihr den Verlobten genommen, den zukünftigen Ehemann und die Aussicht auf die Landgrafschaft. Er hatte ihr Leben zerstört – und trotzdem war sie zu ihm gekommen.
    Als ob sie spürte, was in ihm vorging, drehte sich Elisabeth um, und ihre Blicke trafen sich. Später sagte sie, in diesem Augenblick habe sie gewusst, dass Gott sie füreinander bestimmt hatte.
     
    Die folgende Zeit war nicht leicht für uns alle. Der Landgraf war zwar die meiste Zeit bei Sinnen, dämmerte aber viel vor sich hin, weil ihn sein Leibarzt mit Unmengen von Mohnsaft versorgte, um einen weiteren Anfall von Raserei zu vermeiden. Sophia und die engsten Vertrauten vom Adel sprachen mit Ludwig – er musste nun die Herrschaft übernehmen, und das tat er auch. Er stürzte sich mit Eifer in die Regentschaft. Ich nehme an, dass er damals ziemlich schnell dahinterkam, wie schlecht sein Vater gewirtschaftet hatte. Der landgräfliche Haushalt war völlig verschuldet – die Kriege der vergangenen Jahre, die Bautätigkeit im ganzen Land und das Übermaß an Geld, das Hermann für seine prachtvolle Hofhaltung ausgegeben hatte, waren dafür verantwortlich. Verbindlichkeiten, von denen Ludwig nie gewusst hatte, mussten zurückgezahlt werden. Unter Tränen musste auch Sophia, die stets in die Haushaltung eingeweiht war, zugeben, dass der Hof jahrelang über seine Verhältnisse gelebt hatte.
    Ludwig handelte sofort. Als Erstes schickte er die Sänger und Dichter weg, die sein Vater so geliebt hatte. Walther von der Vogelweide und Wolfram von Eschenbach, auch der von Veldeke und andere verließen Thüringen, um sich anderswo neue Gönner zu suchen; der von Morungen ging nach Erfurt. Die vom Adel, die nicht am Hof gebraucht wurden, sondern einfach nur schmarotzt hatten, wurden samt Gefolge auf ihre eigenen Güter zurückbeordert. Und als Ludwig am 15 . Januar des Jahres 1217 zum ersten Mal als Landgraf urkundete, waren die sprichwörtliche Pracht und Verschwendung, die am Landgrafenhof geherrscht hatten, nur noch Vergangenheit. Die Zeit der Gaukler war vorbei.
     
    Wir Kinder bemerkten sehr wohl die Strenge und Nüchternheit, die nun einkehrten. Wovon wir anfangs keine Ahnung hatten, war der erbitterte Streit, der in den folgenden Monaten um Elisabeths Person entbrannte. Wie schlimm ihre Lage war, wurde mir erst klar, als ich zufällig ein Gespräch mithörte.
    Es war in der Hofstube der Grimmenburg. Ich kam gerade von draußen aus der beißenden Kälte und wollte mich nur ein bisschen an den großen Kamin setzen und aufwärmen. Doch als ich zum Saal kam, schlugen mir Stimmen entgegen. Ich blieb an der halboffenen Tür stehen und horchte.
    »Diese übertriebene Frömmigkeit!«, hörte ich. »Nichts gegen einen festen Glauben, aber eine Fürstin von Stand kann ihre Zeit schließlich nicht nur in der Kirche mit Beten verbringen, auch wenn sie noch so jung ist!«
    Ich spähte nach drinnen und erkannte den Truchsess Fahner und seine Frau im Gespräch mit dem Schlotheimer, dem von Eckardsberga und den Vargula-Brüdern.
    »Wie ich immer sage«, antwortete die Fahnerin gerade. »Eine Landesfürstin muss in Pracht und Würden stolz einhergehen können! Sie muss ein Auftreten haben! Hingegen diese Kleine mit ihrer schlichten, in sich gekehrten Art – man könnte sie manchmal fast für eine Dienstmagd halten. So was gehört ins Kloster.«
    Der Eckardsberga pflichtete ihr bei. »Ihr habt ganz recht, Frau Oda. Vielleicht wäre das eine gute Lösung.«
    »Oder man schickt sie wieder nach Ungarn zurück«, meinte Oda von Fahner. »Die politische Lage hat sich geändert seit damals. Der Thronstreit zwischen Staufern und Welfen ist entschieden. Wir brauchen Ungarn nicht mehr als Verbündeten.«
    »Jedenfalls ist jetzt, da Hermann tot ist, der beste

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