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Die Tore des Himmels

Die Tore des Himmels

Titel: Die Tore des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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die beiden schon weiter.
    »Schau, die kleine Österreicherin, Margarete«, sagte Sophia, »ich weiß gar nicht, was du gegen die haben kannst. Sie ist fünfzehn, im besten Alter also, und ihre Mutter ist eine byzantinische Prinzessin.«
    Ludwig schüttelte den Kopf.
    »Oder die kleine Agnes von Böhmen. Na ja, sie ist vielleicht noch ein bisschen jung, aber dafür ist ihr Vater König und ihre Mutter aus dem ungarischen Königshaus. Sie soll ganz reizend sein.«
    »Mutter, lass mich …«
    Aber Sophia hatte sich in Fahrt geredet. »Oder die Töchter des Sachsenherzogs! Heinrich hat zwei davon, Irmgard und Agnes. Sie sind nicht viel jünger als du, und soviel ich weiß, wird über Irmgard bereits verhandelt, aber ich habe schon geschrieben, dass …«
    »Du hast was?« Ludwig kniff wütend die Augen zusammen.
    »Na, ich habe schon meine Fühler ausgestreckt.« Sophia lächelte selbstgefällig. »Man muss sich schließlich rechtzeitig ins Spiel bringen, wenn man eine gute Partie machen will. Das war bei deinem Vater und mir nicht anders.«
    Ich sah, dass Ludwig kurz davor war, vor Wut zu platzen. Mir wurde die Lauscherei unangenehm, aber jetzt konnte ich erst recht nichts mehr daran ändern. Hätte ich aufstehen sollen, guten Morgen sagen und fröhlich an den beiden vorbeispazieren? Also machte ich mich hinter meinem Vorhang möglichst klein und hoffte, dass es bald vorbei sei.
    »Mutter«, sagte Ludwig mit gepresster Stimme, »ich will nicht heiraten. Keine Agnes, keine Irmgard und keine Margarete. Ich habe es dir schon oft genug gesagt. Wie kannst du da ohne meine Zustimmung Werbebriefe schreiben!«
    »Weil ich mir Gedanken mache, mein Sohn.« Jetzt war auch Sophia zornig. »Es geht nicht darum, was du willst und was du nicht willst. Es geht darum, dass der Landgraf von Thüringen einen Erben braucht. Mindestens einen. Die Linie muss weitergehen. Das bist du deiner Familie und deinem Land schuldig. Was ist, wenn – was Gott verhüten möge – dir etwas zustößt? Du bist längst im heiratsfähigen Alter. Der Adel erwartet eine fürstliche Hochzeit schon seit deiner Schwertleite, das weißt du selber am besten. Man munkelt ja schon …«
    »Was munkelt man?« Ludwigs Nasenspitze wurde ganz weiß.
    Sophia zögerte. »Nun ja, du weißt doch, wie die Leute reden …«
    »Was munkelt man?« Ludwig wiederholte seine Frage.
    »Hergott, man munkelt, du … du taugtest nicht zur Ehe.« Jetzt war es heraus.
    Ludwigs Kiefer mahlten. »Das glauben die Leute, ja? Dass ich widernatürliche Neigungen habe? Beziehungen pflege mit …«
    »Männern, ja.«
    Mir blieb die Luft weg. So etwas hatte ich ja noch nie gehört. Oder war das vielleicht gemeint, wenn der Kaplan auf der Kanzel vor einer Sünde namens Sodomie warnte? Ich glaube, ich wurde ganz rot hinter meinem Vorhang. Aber natürlich spitzte ich nun erst recht die Ohren.
    Sophia hob beschwörend die Hände. »Ludwig, ich weiß doch, dass das nicht stimmt. Aber wir müssen etwas gegen diese Gerüchte tun. Und das Beste, was wir tun können, ist, eine Heirat in die Wege zu leiten.«
    Ludwig stand mit geballten Fäusten da, doch dann ließ er plötzlich die Schultern hängen. »Du hast recht, Mutter. Ich werde darüber nachdenken. Lass mir noch ein bisschen Zeit, dann treffe ich eine Entscheidung.«
    »Warte nicht zu lange, Junge.« Sophia legte versöhnlich ihre Hand auf Ludwigs Wange. »Spätestens an Weihnachten sollten wir eine Verlobung bekanntgeben.«
    Sie ging, und nach einiger Zeit folgte ihr Ludwig mit langsamen Schritten. Ich wartete noch ein kleines Weilchen, dann verließ auch ich meine Nische und rannte zurück ins Frauenzimmer. Ich war wie vor den Kopf geschlagen.
     
    Noch am selben Tag holte ich mir Rat bei meiner alten Vertrauten, der Hühner-Els. Ich hockte mich zu ihr auf den wackligen Schemel hinter dem Taubenschlag und druckste ein bisschen herum, während sie eine Henne rupfte. Schließlich fasste ich mir ein Herz und fragte: »Du, Els, was ist Sodomie?«
    Sie hob mit einem Ruck den Kopf, dass ihr fast das aus Stoffstreifen gewickelte Kopftuch verrutschte. »Herrje, Kindchen, wie kommst du denn auf so was?«
    »Der Kaplan hat neulich so Sachen erzählt«, erwiderte ich. Ich wollte nichts von Ludwig sagen.
    »Der Kaplan sollte sich was schämen!« Els rupfte kopfschüttelnd weiter.
    Ich besah eine Zeitlang angestrengt meine Fingernägel, dann machte ich einen erneuten Vorstoß. »Sagst du’s mir nun, oder nicht?«
    Die Els seufzte und legte die

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