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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Kehrschaufel ins Abfallfaß und machte sich daran, eine weitere Ladung zusammenzufegen.
    »Aber er lief auf zwei Männer an einem Tisch zu?«
    Der Kellner seufzte. »Lief auf sie zu, oder - was wahrscheinlich ist - floh einfach in ihre Richtung.«
    »Und können Sie sich an irgendwelche Merkmale des Mannes erinnern, der ihn erschoß?«
    »Wie ich sagte, groß und blond war er. Und der Mann bei ihm war eher klein und dunkelhaarig. Er sah mager und krank aus. Und nun halt mich nicht länger bei der Arbeit auf, ja?«
    Mehr war hier offenbar nicht zu erfahren, also dankte Jacky dem Mann und trottete unglücklich hinaus auf das Kopfsteinpflaster der Straße, wo mehrere Männer den rotpelzigen Leichnam Kennys, wie immer sein Nachname gewesen sein mochte, den Kenny selbst schon vor einer Woche, Hundsgesicht-Joe aber erst heute verlassen hatte, behutsam auf einen Karren luden.
    Verdammt, dachte Jacky. Er ist weitergezogen, und ich habe keine Ahnung, in wessen Körper er stecken könnte.
    Sie versenkte die Hände tief in die Taschen ihrer übergroßen Jacke, schlug einen Bogen um die Männer und den Karren, drängte sich durch das Rudel gaffender Zuschauer und schlenderte durch die Threadneedle Street davon.

    Auf halbem Weg zu seinem Quartier begann Doyle zu zittern, und als er seinen Ausguck und Zufluchtsort auf dem Dach erreicht und ein erstes Bier hinuntergestürzt hatte, vergrub er das Gesicht in den Händen und atmete tief durch, bis das Zittern nachließ. Mein Gott, dachte er, so ist es also, wenn die verdammten Dinger erscheinen. Kein Wunder, daß der arme Jacky durchdrehte, nachdem er einen tötete, so daß er glaubte, Colin Lepovres Seele starre ihn aus den Augen der sterbenden Kreatur an. Oder, zum Teufel, vielleicht war es wirklich so. Doyle füllte und trank ein zweites Glas Bier. Man kann nur hoffen, dachte er, daß Benner weiß, was er tut. Und daß er weiß, mit welcher Art von Feuer er da spielt. Er setzte das Glas ab und ließ seinen Blick nach links wandern. Und wo mag er jetzt sein, fragte er sich mit Unbehagen, und fängt das Fell schon am neuen Körper zu wachsen an, und wann wird er anfangen, nach dem nächsten Ausschau zu halten?

    Auf der abgetretenen steinernen Schwelle eines kleinen weißgetünchten Hauses ungefähr zweitausend Meilen südöstlich von Doyles Storchennest saß ein kahlköpfiger alter Mann, rauchte gleichmütig eine lange Pfeife mit tönernem Kopf und blickte den mit staubigem gelben Gras bedeckten Abhang hinab zum Kiesstrand und dem Wasser. Der warme, trockene Wind kam von Westen und trübte die sonst stille Oberfläche des Golfs von Patras mit langen Bahnen matten Gekräuseis, und wenn er zwischendurch einschlief, war das leise Gebimmel weidender Schafe an den Hängen der Vorberge des Panachaikon hinter ihm zu vernehmen.
    Zum dritten Mal während dieses langen Nachmittags kam Nicolo, der Junge, aus dem Haus gerannt, nur stieß er diesmal mit dem Fuß gegen den Arm des Arztes, so daß dieser beinahe seine Pfeife hätte fallen lassen. Und der Junge entschuldigte sich nicht einmal. Der Arzt lächelte kalt über die Schulter des unglücklichen Jungen und gelobte, daß noch eine ungestüme Derbheit von diesem griechischen Lümmel einen häßlichen, qualvollen und langwierigen Tod seines geliebten padrone zur Folge haben würde.
    »Doktor«, keuchte Nicolo. »Kommen Sie schnell! Der padrone wälzt sich auf dem Bett und spricht zu Menschen, die nicht im Zimmer sind! Ich glaube, er wird sterben!«
    Er wird erst sterben, wenn ich ihn lasse, dachte der Arzt. Er blickte zum Himmel auf - die Sonne war am wolkenlosen griechischen Himmel ein gutes Stück nach Westen hinabgewandert, und er beschloß, daß er jetzt weitermachen konnte; nicht, daß es noch von Bedeutung wäre, zu welcher Stunde des Tages er es täte - aber alte, tote Gesetze leben als Aberglaube fort, und ebenso wenig wie er daran denken würde, am vierundzwanzigsten Tag des Monats Pharmuthi den Namen Seths auszusprechen, oder am zwölften Tag des Monats Tybi freiwillig eine Maus anschauen würde, brachte er es nicht über sich, ein Werk schwarzer Magie zu vollbringen, solange der Sonnengott Ra über ihm stand und es sehen könnte.
    »Nun gut«, sagte der Arzt, legte die Pfeife beiseite und erhob sich mühsam. »Ich werde zu ihm gehen.«
    »Ich werde mitkommen«, erklärte Nicolo.
    »Nein. Ich muß allein mit ihm sein.«
    »Ich werde auch kommen.«
    Dieser lächerliche kleine Strolch hatte die rechte Hand an den Griff des

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