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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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ihren Auswirkungen ernster waren als beispielsweise ein Brief an die Times?«
    »Also, es scheint in der Tat zu... Ausschreitungen gekommen zu sein, ja, zu gewalttätigen Erscheinungen«, räumte Moss vorsichtig ein, »als die Bruderschaft ihr Domizil noch an der London Bridge hatte, unten in Southwark. In unseren Archiven finden sich Erwähnungen ziemlich...«
    »Archive? Dürfte ich sie einsehen, bitte? Aha... Lord Byron deutete an, daß er gern Genaueres über die Geschichte der Bruderschaft wüßte, bevor er sich zum Beitritt entschließen wollte«, fügte er hastig hinzu, als er sah, wie die Züge des alten Mannes sich wieder verdüsterten. »Es ist sicherlich verständlich, daß er sich informieren möchte, ehe er einen Teil seines Vermögens in eine Vereinigung dieser Art investiert.«
    »So? Nun, ja, selbstverständlich. Es ist ein Verstoß gegen die Regeln, müssen Sie wissen«, sagte Moss und stemmte sich mit Hilfe eines Spazierstocks mühsam aus seinem Sessel in die Höhe. »Aber ich denke, in diesem Fall können wir eine Ausnahme von der Regel machen, die nur Mitgliedern Zugang zu den Archiven gewährt.« Endlich aufgerichtet, tappte er zu der Tür im Hintergrund. »Wenn Sie die Lampe mitnehmen und mir folgen würden«, sagte er, und der Hinweis auf den Teil eines Vermögens trug Doyle den Zusatz eines widerwilligen »Sir« ein.
    Die Tür öffnete sich mit solch durchdringendem Knarren, daß Doyle daraus schloß, sie müsse seit geraumer Zeit nicht mehr geöffnet worden sein, und als er hinter Moss durch die Öffnung trat und die Lampe den schmalen Nebenraum erhellte, sah er, warum.
    Stapel von eingestaubten, ledergebundenen Journalen füllten den Raum vom Boden bis zur Decke. Stellenweise waren Abschnitte der altersschwachen Wandregale zusammengebrochen und hatten Teile ihrer Last auf den Boden stürzen lassen, wo die Bände durcheinander lagen, wie sie gefallen waren, das spröde, altersbraune Papier bröckelndem Zerfall preisgegeben. Doyle nahm den obersten Band von einem der mangels besserer Unterbringungsmöglichkeit auf dem Fußboden ruhenden brusthohen Stapeln, doch mußte irgendwann einmal Regenwasser in den Raum gedrungen sein und hatte den alten Band durchnäßt, der dann im Laufe allmählicher Trocknung zu einer festen Masse zusammengeklebt war. Doyles Forschungen trugen große Unruhe in das einheimische Spinnenvolk, worauf er von dem Stapel abließ und sich einem Regal zuwandte, das mehrere Paare mumifizierter Stiefel enthielt. Am Absatz eines Stiefels fiel ihm ein metallisches Glänzen auf, er sah genauer hin und bemerkte eine drei Zoll lange Kette aus feinen goldenen Gliedern, die an dem Stiefel befestigt war. Wie sich zeigte, waren alle Stiefel mit solchen Ketten versehen, allerdings bestanden die meisten aus Kupfer, das längst Grünspan angesetzt hatte.
    »Warum Ketten?«
    »Mmh? Ach, das ist... traditionell. Bei formalen Anlässen tragen wir eine Kette am Absatz des rechten Stiefels. Ich weiß nicht, wann und wie der Brauch aufgekommen ist, eine dieser Besonderheiten, denke ich, wie Manschettenknöpfe, die...«
    »Was wissen Sie über den Ursprung des Brauches?« drängte Doyle, denn diese Entdeckung schien ihm ebenso wie Byrons Bemerkungen von bloßen Füßen und Lehmböden an etwas zu erinnern. »Denken Sie nach!«
    »Hören Sie, Sir... wie sollte ich... aber warten Sie mal, ich glaube, während der Regierungszeit Karl II. trugen die Mitglieder der Bruderschaft diese Ketten zu allen Zeiten... ja, gewiß, und sie hefteten sie nicht nur an den Absatz, wie es jetzt geschieht, sondern die Kette führte durch ein Loch in das Innere des Stiefels und durch den Strumpf und wurde um den Knöchel geschlungen. Gott allein weiß, warum. Mit den Jahren hat man es vereinfacht, um ein Wundreiben zu verhüten.«
    Doyle ließ sich zeigen, wo die ältesten Bände standen, und erfuhr, daß sie im großen und ganzen chronologisch geordnet waren, ferner, daß die Journaleintragungen aus dem achtzehnten Jahrhundert nichts verzeichneten als ein nachlassendes Engagement in gesellschaftlichen Angelegenheiten. Ein Abendessen, zu dem Samuel Johnson erwartet worden, aber nicht erschienen war, eine Beschwerde wegen verfälschter Portweine, ein Protest gegen goldene und silberne Tressen zum Schmuck von Männerhüten - aber als er auf die letzten Bände des siebzehnten Jahrhunderts stieß, wurden die Eintragungen plötzlich spärlicher und geheimnisvoller und fanden sich immer häufiger als Papierstreifen, die in

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