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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Stillstand, als er Doyle hinter dem brennenden Küchenzelt stehen sah. Seine Augen blickten wild. »Wer sind Sie?« keuchte er. Dann, ohne eine Antwort abzuwarten, murmelte er halb zu sich selbst: »Tut nichts zur Sache.« Darauf streckte der keuchende Zauberer, dessen Gesicht schweißbedeckt war, eine Hand mit gespreizten Fingern zur Glut der Feuerdämonen, als wollte er Energie von ihnen ableiten, und stieß den Zeigefinger der anderen Hand in Doyles Richtung. »Stirb!« befahl er.
    Doyle fühlte sich wie von einem kalten Sandstrahl getroffen, der ihm Herz und Magen gefrieren ließ, doch schon einen Augenblick später war die Empfindung in einem eisigen Sturzbach durch sein rechtes Bein und durch den Fuß in den Boden abgeflossen.
    Romany starrte ihn verblüfft an und trat einen Schritt zurück. »Wer, zum Teufel, bist du?« stieß er hervor, griff zum Gürtel und zog eine langläufige Steinschloßpistole heraus.
    Doyles Körper schien von selbst zu reagieren - er sprang auf und stürmte los und riß das Bein hoch, trieb den gestiefelten Fuß wie den Kolben einer Dampfmaschine in Romanys Brust; der Magier flog rückwärts und landete drei Schritte weiter auf dem Rücken. Doyle federte seinen Aufprall mit gebeugten Knien ab und fing mit der linken Hand die fallende Pistole noch in der Luft auf.
    »Rya?« rief eine Stimme von hinten. »Soll ich Byron töten oder nicht?«
    Doyle fuhr herum und sah einen Zigeuner mit blankem Messer vor dem Eingang eines Zeltes stehen und umherblicken. Endlich bemerkte der Mann den am Boden sich wälzenden und umherschnellenden Zauberer, machte eilig kehrt und verschwand wieder im Zelt.
    Mit wenigen langen Sätzen brachte Doyle die Distanz zum Zelteingang hinter sich und schlug rechtzeitig die Zeltklappe zurück, um den Zigeuner über den gefesselt und geknebelt auf einem Strohsack liegenden Byron kauern und mit dem Messer zum Zustoßen ausholen zu sehen. Doyles Arm wurde vom Rückstoß der Waffe hochgerissen, noch ehe er den Entschluß zu schießen gefaßt hatte und durch die Wolke von Pulverrauch sah er den Zigeuner, wie er mit einem blutigen Loch in der Schläfe von seinem Opfer und gegen die Rückwand des Zeltes geschleudert wurde.
    Während der Nachhall des Schusses ihm noch in den Ohren dröhnte, sprang Doyle durch das Zelt, zog das Messer aus der toten Hand, wandte sich zu Byron und durchschnitt ihm die Fesseln.
    Der junge Lord zog sich selbst den Knebel aus dem Mund. »Ashbless, ich danke Ihnen mein Leben...«
    »Hier«, sagte Doyle und drückte ihm das Messer mit dem Heft in die Hand. »Seien Sie vorsichtig, es geht hier wild zu.« Damit stürzte er wieder aus dem Zelt und hoffte Romany überwältigen zu können, solange er noch hilflos und ohne Beistand am Boden lag. Aber der Zauberer war fort.
    Die Mehrzahl der Zelte stand jetzt in Flammen, und Doyle zögerte auf der Suche nach dem sichersten Fluchtweg. Dann rieb er sich die Augen, weil er nicht glauben konnte, was er sah. Wenn er nicht irgendwie die Perspektive gänzlich falsch beurteilte, hatte er gerade zwei - und nun einen dritten! - von Kopf bis Fuß in Flammen gehüllte Männer gesehen, jeder mindestens dreißig Schuh hoch, die energisch und sogar fröhlich auf der Wiese zwischen den Zelten und der Straße herumliefen und herumsprangen. Zwei weitere rannten einen Augenblick später vorbei, schnell wie Kometen, wie Doyle es schien.
    Er hatte gerade beschlossen, das Lager auf der Nordseite zu verlassen, als er die feurigen Riesen auch dort springen sah. Mein Gott, dachte er, wer oder was sie auch sein mögen, sie springen im Kreis um das Lager herum!
    Er wandte sich nach Süden, und kurz darauf war ihm zweierlei klar: sie waren jetzt zu zahlreich und bewegten sich viel zu schnell, als daß jemand hoffen könnte, zwischen ihnen aus dem Kreis zu springen; und der flammende Kreis verengte sich mehr und mehr.
    Romany mußte diese Feuergeister beschworen haben, und wenn sich herausstellen sollte, daß er sie nicht beherrschen und zurückschicken konnte, woher sie gekommen waren, dann sollte es nicht daran liegen, daß er, Doyle es am gebotenen Ansporn hatte fehlen lassen. Der Zauberer mußte in einem der Zelte sein.
    Er lief auf das nächstbeste zu, und sein zersplitterter Schatten hüpfte und wirbelte um ihn her.

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9. KAPITEL
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»...durch deinen Arm hatten die Erdensöhne Eroberungen gemacht; nun gewähre uns einen Platz dort unten, wo betäubende Kälte Cocytus umschließt.«
    Vergil zu Antäus, in DANTES

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