Die Tore zu Anubis Reich
Pfeilers unter der mächtigen Spanne des Brückenbogens durch einen schmalen Austritt wieder ins Freie, und Doyle bemerkte zum erstenmal, daß der Fluß eine weiße, starre Fläche mondbeschienenen Eises war.
Eine Gruppe Menschen zog draußen über das Eis zum Nordufer, und nachdem er einmal beiläufig hinübergeblickt hatte, sah Doyle schärfer hin. Was war an diesen Gestalten, was seine Aufmerksamkeit gefunden hatte? Das schwerfällige, gebeugte Aussehen einiger dieser Wanderer? Die ausschreitende, hüpfende Gangart des Anführers?
Doyle legte seine große, behandschuhte Hand auf Burghards Schulter. »Ihr Teleskop«, raunte er, als Longwell von hinten auf schloß.
»Gewiß.« Burghard suchte unter seinem Mantel und reichte Doyle ein ausziehbares Teleskop.
Doyle zog es in seine volle Länge auseinander und richtete es auf die entfernte Gruppe. Es gelang ihm nicht, eine scharfe Einstellung zu finden, doch konnte er deutlich genug sehen, daß der leichtfüßige Anführer Dr. Romany war; die anderen fünf - nein, sechs - Gestalten schienen mißgestaltete, in Pelze gehüllte Männer zu sein.
»Das ist unser Mann«, sagte Doyle ruhig und gab Burghard das Fernrohr zurück.
»Ah. Und solange er auf dem Eis ist, können wir ihn nicht stellen.«
»Warum nicht?«
»Die Verbindung, Mann! Die Ketten taugen auf Wasser nicht«, antwortete Burghard.
»So ist es«, murmelte Longwell hinter Doyle aus der Dunkelheit. »Wollten wir ihn auf dem Eis überwältigen, so würde er uns im Nu alle Teufel der Hölle an den Hals hetzen, und unsere Seelen wären gegen den Angriff nicht gefestigt.«
Ein arktischer Windstoß fuhr durch den Schacht und ließ die alte Holztreppe ächzen und schwanken.
»Immerhin können wir ihnen zum Nordufer folgen, denke ich«, sagte Burghard, »und dort stellen. Gut, gehen wir.«
Sie setzten ihren Weg entlang dem Sockel des Brückenpfeilers fort, gelangten von dort auf einen brüchigen und reifüberkrusteten Landungssteg und sprangen hinab auf das Eis.
»Sie halten sich jetzt mehr westlich, nachdem sie eine Weile nordwärts gegangen waren«, sagte Burghard, den Blick auf die sieben Umrisse draußen auf dem Eisfeld gerichtet. »Wir werden auf der Westseite unter der Brücke hervorkommen und dann nach Norden biegen, so daß wir sie am Nordufer treffen werden.«
Als sie auf dem Eis durch einen der hohen Bogen gingen, sah Doyle schwankenden Laternenschein voraus und hörte wieder, lauter diesmal, das Gelächter und die Musik. Auf dem Eis standen Zelte und Verkaufsbuden, und große Schaukeln mit Fackeln an den Seiten, und ein großes Boot auf Rädern kreuzte langsam über die Eisfläche, das Segel und die Räder mit grellen Gesichtern bemalt. Von der Takelage flatterten Bänder und Wimpel. Die schweigsame Prozession der Antäus-Bruderschaft umging die Festlichkeiten auf der Ostseite und stapfte weiter nordwärts.
Als sie noch hundert Schritte vom Ufer entfernt waren, kam Dr. Romanys Truppe aus der Schwärze unter dem nördlichsten Brückenbogen hervor und hielt auf eine Treppe zu, die unterhalb der Thames Street von der Straßenebene zum Fluß hinab führte. Die hohe, dünne Gestalt Dr. Romanys wandte sich um, als sie die Treppe erreichte, und noch ehe er die Bewegung vollendet hatte, war Burghard mit einer schnellen Bewegung seitwärts aus der Reihe gesprungen und schlug behende ein Rad. Wieder auf den Füßen, stieß er Doyle mit beiden Fäusten vor die Brust; Doyle verlor das Gleichgewicht und setzte hart auf das Eis, während Burghard in brüllendes Gelächter ausbrach. Longwell begann einen grotesk wirbelnden Tanz, und einen Augenblick lang glaubte Doyle, daß Romany einen Wahnsinn auslösenden Zauber über sie geworfen hatte, und daß er selbst jeden Augenblick wie ein Hund zu bellen oder seinen Hut zu essen beginnen würde.
Romany wandte sich wieder zur Treppe, und er und seine überraschend gewandten Gefolgsleute sprangen die Stufen hinauf. Dann zog eine Wolke vor das Angesicht des Mondes und verdunkelte die Szene.
Burghard und Longwell, beide wieder ernüchtert, halfen Doyle auf die Beine. »Ich bitte um Vergebung«, sagte Burghard. »Es war wichtig, daß sie uns für betrunkene Krakeeler halten. Schnell jetzt, damit wir sie fassen!«
Das Dutzend Männer auf dem Eis rannte Richtung Ufer - Doyle gewöhnte sich rasch an die halb gleitenden Schritte, die zur Wahrung des Gleichgewichts nötig waren -, und ein paar Minuten später waren sie am Fuß der Treppe, stiegen über den Mast eines
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