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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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Kutsche erst in frühestens einer Stunde benötigen würden. Justin ist gerade damit weggefahren, um etwas zu Abend zu essen, sollte aber bald zurück...«
    »Justin ist entlassen«, unterbrach ihn Dundee zornig. Sein Gesicht sah im Lampenschein so verkniffen und abgehärmt wie das eines alten Mannes aus. Er wandte sich und schritt auf dem Gehsteig davon. Die Absätze seiner eleganten Stiefel schlugen auf das Pflaster wie das Werk einer alten Wanduhr.
    »Sir!« rief ihm der Türsteher nach. »Es ist spät, um ohne Begleitung auszugehen! Wenn Sie ein paar Minuten warten würden...«
    »Ich habe nichts zu fürchten«, antwortete Dundee, ohne stehenzubleiben oder den Kopf zu wenden. Er griff unter seinen Rock und berührte den Kolben einer der beiden kleinen Taschenpistolen, die er sich in Haymarket vom Büchsenmacher Joseph Egg eigens hatte anfertigen lassen. Nicht größer als eine dicke Tabakspfeife ohne langes Mundstück, verfeuerte jede der beiden Waffen eine Kugel vom Kaliber .35 mit einer Ladung, die von einem Ding gezündet wurde, das Dundee ein Zündhütchen nannte und dem faszinierten Büchsenmacher genau aufgezeichnet hatte.
    Einer plötzlichen Regung folgend, bog er einen Block eher als gewöhnlich nach links ab. Wenn er anschließend durch die rückwärtige Zufahrt nach Haus zurückkehrte, würde er gerade gegenüber aus der Seitenstraße kommen, und wenn dieser Eckensteher, den er dort beobachtet hatte, noch immer dort wäre, würde er eine Erklärung aus ihm herausschütteln - und wenn der Kerl irgendwelche Schwierigkeiten machte, sollte er der erste Mann in der Geschichte sein, der von einer Hinterladerpistole mit Zündhütchen erschossen würde.
    Im Nebel waren die Straßenlaternen trübe, gelbe, verschwommene Lichthöfe, und auf Dundees kleinem Schnurrbart begannen sich winzige Kondensationströpfchen zu sammeln. Er kratzte sich irritiert. In letzter Zeit bist du schrecklich ungeduldig, sagte er sich. Dieser arme Teufel, den du im Konferenzzimmer angeschrien hast, wird in Zukunft wahrscheinlich keine Geschäfte mehr mit dir machen wollen, und die Patente und Werkstätten, die er besitzt, könnten in einem oder zwei Jahrzehnten verdammt nützlich sein. Aber warum sich darüber den Kopf zerbrechen? Du brauchst bloß abzuwarten und sie von seinen Erben zu kaufen.
    Bevor er in die Seitenstraße bog, die gegenüber von seinem Haus einmündete, machte er halt. Wenn er schon den Detektiv spielte, dann sollte er es richtig machen. Er zog die Stiefel aus, hielt sie in der linken Hand und tappte geräuschlos die halbdunkle Seitenstraße entlang. Seine rechte Hand ruhte am Griff einer der Pistolen.
    Nicht lange, und er blieb bewegungslos stehen und lauschte - er hatte voraus ein schwaches Flüstern vernommen.
    Nachdem er die Pistole gezogen und den Hahn gespannt hatte, bewegte er sich auf Zehenspitzen weiter durch den Nebel.
    Zwei Stockwerke über ihm rasselte jemand mit einer Fensterverriegelung, und um ein Haar hätte Dundee die Waffe abgefeuert, denn plötzlich war ihm unversehens der letzte Teil seines stets wiederkehrenden Alptraums in den Sinn gekommen, der Teil, dessen er sich nie hatte entsinnen können, nachdem er aufgewacht war. Mit fotografischer Klarheit hatte er gesehen, was in dem Traum die klopfenden Geräusche im Nebel über ihm erzeugt hatte und auf das die leichenhafte Gestalt Doyles gewiesen hatte.
    Es war der alte J. Cochran Darrow, der an einem Galgenstrick baumelte und dessen gestiefelte Füße wie das Glockenspiel des Teufels gegen die Wand schlugen. Sein Kopf, auf die Seite gezwungen in einer Haltung, die Gehenkten eigen ist, starrte mit einem Grinsen auf ihn herab, das jeden einzelnen seiner langen gelben Zähne entblößte.
    Die Hand mit der Waffe zitterte jetzt, und er war sich der klammen Kälte der Luft stärker als zuvor bewußt, als ob er den Rock ausgezogen hätte. Voraus konnte er eine diffuse Helligkeit gelben Lichts sehen, denn er näherte sich bereits der Hauptstraße, und wenige Schritte von der Einmündung stand eine Straßenlaterne.
    Wieder hörte er das Flüstern, und nun konnte er zwei unbestimmte Umrisse in der Straßeneinmündung ausmachen.
    Als er nahe herangekommen war, hob er die Pistole und sagte: »Keine Bewegung!«
    Beide stießen Schreckenslaute aus und sprangen von der Hauswand auf den Gehsteig hinaus. Als Dundee ihnen mit vorgehaltener Waffe den Weg vertrat, ließ er die Stiefel auf das Pflaster fallen und zog die zweite Pistole. »Noch ein solcher Sprung, und

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