Die Tore zu Anubis Reich
also schlug er aufs Geratewohl eine Richtung ein und schritt davon, ein zuckendes aber zuversichtliches Lächeln im Gesicht.
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14. KAPITEL
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Schwestern, knüpft das Netz des Todes; laßt ab, Schwestern, das Werk ist getan.
THOMAS GRAY
Wieder versuchte er seinen Weg aus dem Labyrinth der vom Nebel erstickten Gassen zu finden; und obgleich Darrow sich - im Traum wollte ihm sein neuer Name nie einfallen - mehrere Meilen durch das Gewirr der gewundenen, u-förmigen und manchmal in düsteren Höfen endenden Gassen und Durchgängen getastet hatte, war er noch immer nicht auf eine Straße gekommen, die breit genug war, einen Karren durchzuschieben, geschweige denn das breite, vielbefahrene Pflaster der Leadenhall Street. Endlich blieb er stehen und hörte, wie es an diesem Punkt des Traumes stets geschah, irgendwo im dichten Nebel über ihm ein langsames, unregelmäßiges Klopfen; und dann, eine oder zwei Sekunden später, schlurfende Schritte in der Nähe.
»Hallo«, sagte er schüchtern; dann, zuversichtlicher: »He da! Vielleicht können Sie mir weiterhelfen.«
Die schlurfenden Schritte näherten sich auf dem nebelfeuchten, schmutzigen Kopfsteinpflaster, und ein verschwommener dunkler Fleck im Nebel wurde als ein zerlumpter Mann kenntlich.
Wie immer, schrak Darrow in lähmender Furcht zurück, als er Brendan Doyle erkannte. »Jesus, Doyle«, schrie er. »Es tut mir leid, bitte bleiben Sie weg, o Gott...« Er wäre durch die Gasse zurückgerannt, aber seine Beine versagten ihm den Dienst.
Doyle lächelte und zeigte aufwärts in den Nebel.
Darrow blickte hilflos auf - und seine ganze Angst und Seelenqual entlud sich in einen so lauten Schrei, daß er davon erwachte.
Er verharrte bewegungslos im Bett, bis er mit beträchtlicher Erleichterung das Mobiliar in dem dunklen Zimmer erkannte und sich besann, daß er in seinem eigenen Bett lag. Wieder war es bloß ein Traum gewesen. Er streckte die Hand aus, fühlte den Hals der Brandykaraffe auf dem Nachttisch, kippte sie, um den Glasstöpsel herauszuziehen, dann führte er sie an den Mund.
Die Tür zu Claires Zimmer ging auf, und sie eilte herüber zu Dundees Bett, schläfrig und besorgt und mit wirrem Haar. »Was, zum Kuckuck, ist los, Jacob?«
»Muskelkrampf... (schluck)... im Rücken.« Er stellte die Karaffe geräuschvoll auf den Nachttisch zurück.
»Du und deine Muskelkrämpfe!« Sie setzte sich auf das Bett. »Ich bin deine Frau, Jacob, du brauchst mich nicht zu belügen. Ich weiß, es ist ein Alptraum. Jedesmal schreist du: ›Es tut mir leid, Doyle!‹ wenn du aus dem Schlaf hochschreckst. Nun komm schon und erzähl mir, was es damit auf sich hat - wer ist Doyle? Hatte er etwas damit zu tun, daß du reich wurdest?«
Dundee holte tief Luft, dann stieß er den Atem seufzend aus. »Es sind bloß Muskelkrämpfe, Claire. Entschuldige, daß ich dich geweckt habe.«
Sie schürzte die Lippen. »Ist der Krampf jetzt vergangen?«
Dundee tastete nach dem Stöpsel und steckte ihn in den Hals der Karaffe. »Ja. Du kannst dich wieder hinlegen.«
Sie beugte sich vor und küßte ihn leicht. »Vielleicht bleibe ich ein Weilchen hier bei dir.«
»Ich glaube nicht...«, fing er hastig an, wurde aber unterbrochen, als an die Tür zum Korridor geklopft wurde.
Eine gedämpfte Stimme fragte: »Fehlt Ihnen etwas, Sir?«
»Nein, Joe, alles in Ordnung«, rief Dundee. »Konnte bloß nicht schlafen.«
»Ich könnte Ihnen eine Tasse Rumkaffee bringen, wenn Sie möchten, Sir.«
»Nein danke, Joe, ich...« Dundee zögerte, blickte zu seiner Frau und sagte dann: »Danke, Joe, ja, das könnte helfen.«
Die Schritte entfernten sich auf dem Korridorläufer, und Claire stand auf.
Da er wußte, daß sie ihn jetzt nicht beim Wort nehmen würde, hob Dundee die Brauen und sagte: »Ich dachte, du wolltest ein wenig bei mir bleiben.«
Claire hatte die Lippen zusammengepreßt. »Du weißt, wie ich über Joe denke.« Sie tappte barfuß zurück in ihr Zimmer und schloß die Tür. Dundee stand auf, strich sich das Haar aus der Stirn und trat zum Fenster. Er zog den Vorhang beiseite und blickte hinab auf die breite Biegung der St. James Street, hinüber zu den einförmig eleganten Fassaden der anderen Straßenseite, die alle im gelblichen Schein der flackernden Straßenbeleuchtung lagen. Nach Osten zu war der Himmel weniger schwarz - der Morgen begann bereits zu grauen, ein sonniger Märzsonntag stand bevor.
Ja, mein Liebes, dachte er düster, und ob ich weiß, wie du über Joe
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