Die Tore zu Anubis Reich
blutdurchtränkte Stoffreste auf und fragte sich, was genau hier vorgegangen sein mochte, bevor Carrington ihn hereingerufen hatte. Bei seiner Ankunft hatte er gesehen, wie drei Leute hinausgeschafft worden waren, und nur einer von ihnen hatte gehen können, doch war offenbar alles unter Kontrolle gewesen; zuerst, als er die beiden Schüsse gehört hatte, war Jenkin der Gedanke gekommen, daß es der Beginn der Meuterei sei, doch damit hatte es wohl noch ein bißchen Zeit.
Er schrak heftig zusammen, als er einen Schritt im Korridor hörte, dann seufzte er erleichtert, als Carrington hereinkam.
»Haben Sie Tee in der Küche?« knurrte Carrington.
»Jawohl, Chef«, erwiderte Jenkin.
»Dann hol einen Topf und eine Tasse - und Zucker! Aber heiß muß er sein.«
Jenkin verdrehte die Augen, gehorchte aber. Als er den Tee brachte, hieß Carrington ihn alles auf den Tisch stellen, dann nahm er eine braune Glasflasche von einem der höheren Regale, entkorkte sie und schüttete etwas von einer scharfriechenden Flüssigkeit in den Tee. »Und jetzt ordentlich Zucker«, murmelte er zu Jenkin.
Jenkin tat es und zeigte mit dem Daumen fragend zu Coleridge.
Carrington nickte.
Jenkin zog den Daumen quer über seine Kehle und hob die Brauen.
Carrington schüttelte den Kopf und flüsterte: »Nein, es ist Laudanum. Opium, verstehst du? Davon wird er bald einschlafen, und dann schaffst du ihn in Dungys alten Raum. Und sobald wir uns den Clown und den Zauberer vom Hals geschafft haben, bringen wir ihn auf dem unterirdischen Kanal hinaus und laden ihn irgendwo beim Adelphi ab. Er wird sich nicht erinnern, wo dieses Haus steht. Eine zusätzliche Plage, aber nach dem Aufhebens, das die Zeitungen wegen der Ermordung dieses Dundee am letzten Samstag gemacht haben, können wir nicht riskieren, einen bekannten gottverdammten Dichter kaltzumachen.« Er füllte die Tasse und trug sie zu Coleridge. »Hier ist was für Sie, Sir«, sagte er freundlich. »Ein Schluck heißer Tee wird helfen.«
»Medizin«, schnaufte Coleridge. »Ich brauche meine...«
»Die Medizin ist im Tee«, sagte Carrington ermutigend. »Trinken Sie aus!«
Coleridge trank die Tasse mit vier Schlucken leer. »Mehr... bitte.«
»Das müßte einstweilen genügen.« Carrington trug die leere Tasse zurück zum Tisch. »Mit der Dosis wird er bis zum Mittag durchschlafen«, sagte er zu Jenkin. »Ich schütte den Rest weg, bevor jemand anders ihn findet. Sieh zu, daß du unseren Freund hier schnell und unauffällig zu Dungys Raum hinunterschaffst, wenn du ihn nicht tragen willst.«
Jenkin fragte mit gedämpfter Stimme: »Wann geht's los...?«
»Bald, obwohl uns ein Mann fehlt: dieser Schweinehund von Ashbless hat Murphy in die Kehle geschlagen und ihm den Kehlkopf und alles zertrümmert. Der arme Kerl war sofort tot.«
»Wer ist dieser Ashbless?«
»Keine Ahnung - aber es ist unser Glück, daß er ein zäher Bursche zu sein scheint; die Herren werden ein Weilchen brauchen, um ihn zugrunde zu richten. Aber er wird auch nicht ewig durchhalten, und wir müssen die beiden hochnehmen, solange sie mit ihm beschäftigt sind. Also los jetzt!«
Jenkin ging zur Schaukel, half Coleridge auf die Beine und zog ihn eilig hinaus. Carrington, dessen Gesicht von innerer Spannung gezeichnet und hagerer war denn je, trug den Teetopf vor die Tür und schüttete den Inhalt auf die Gasse, dann verriegelte er die Tür, stellte den Teetopf auf den Tisch und blickte umher. Es wäre von Übel, einen Gendarmen den Raum so sehen zu lassen, wie er war. Er schleifte ein paar kleine Teppiche aus dem Nebenraum herüber und warf sie über die Blutlache und die Scherben der Uhr.
Er erinnerte sich der Schnelligkeit, mit der Ashbless Murphy ausgeschaltet hatte, und schüttelte verwundert den Kopf. Wer, in drei Teufels Namen, war der Mann? Und warum fuhr er in der Gesellschaft eines anscheinend bekannten Dichters und eines Betteljungen wie Jacky Snapp mit der Droschke?
Etwas von seiner Farbe wich aus Carringtons Gesicht, und sehr sorgfältig beschwor er ein Erinnerungsbild von Jacky Snapp aus dem Gedächtnis herauf und verglich es mit dem Gesicht, das er sechs Monate zuvor gesehen hatte, an dem Nachmittag, als der alte Dungy und Achmed, der Hindubettler, den Versuch unternommen hatten, Horrabin zu töten und auf dem Abzugskanal zu entkommen.
Bruder und Schwester? Ein Junge, der sich als Mädchen verkleidete? Oder bloß eine zufällige Ähnlichkeit? Das mußte aufgeklärt werden!
Er eilte hinaus, riß die
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