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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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sind bloß zu spät gekommen.« Echter Kummer war aus Jacky s Stimme herauszuhören.
    Die Droschke hielt an der Kreuzung der Chancery Lane, und Jacky langte zum Türgriff. »Ich möchte lieber gehen. Diese Richtung bringt mich nicht zum Fluß. Es war gut, Sie beide getroffen zu haben.«
    Alarmiert von Jackys tonloser Stimme, und plötzlich die Natur der Verabredung auf dem Fluß ahnend, schloß Ashbless seine Finger fest um Jackys Handgelenk und hielt die Tür zu. »Warte!«
    Der Kutscher schien Schwierigkeiten zu haben, die Droschke wieder in Gang zu bringen - es hörte sich an, als sei er auf das Pflaster heruntergesprungen, um das Pferd am Zaumzeug vorwärtszuziehen -, aber endlich ging es wieder weiter, und Ashbless ließ Jackys Hand los.
    »Er ist nicht tot, Jacky«, sagte er ruhig. »Später werde ich dir sagen, woher ich es weiß - einstweilen mußt du mir es so glauben. Und solltest du seinen Leichnam gesehen haben, das hat nichts zu sagen. Wie du weißt«, sagte er und zwinkerte, »gibt es Fälle, wo das kein schlüssiger Beweis ist.« Jackys Augen weiteten sich in plötzlichem Verstehen, und Ashbless lächelte und lehnte sich zurück, so gut er konnte. »Wie auch immer! Mr. Coleridge und ich diskutierten gerade den Begriff des Logos. Wie denkst du über den Gegenstand?«
    Coleridge zog überrascht die Brauen hoch, als sein Begleiter diese Frage allen Ernstes einem schmierigen Straßenjungen stellte; und sein Staunen nahm noch zu, als Jacky antwortete.
    »Nun«, sagte Jacky, nicht allzu verwirrt über den plötzlichen Themenwechsel, »mir scheint, daß an der Idee des Logos wie sie von St. John definiert wurde, manches zu finden ist, daß Platons Idee des Absoluten parallel ist: die ewigen, gleichbleibenden Formen, denen gegenüber materielle Dinge nur wie unvollkommene Kopien sind. Einige der Vorsokratiker...«
    Sie wurde von einer Faust unterbrochen, die plötzlich durch das offene Fenster hereinstieß und ihr die Mündung einer Pistole gegen die Oberlippe drückte. Sie fühlte das kalte Metall durch den falschen Schnurrbart. Ein zweiter Arm war im selben Augenblick durch das andere Fenster eingedrungen und hielt Ashbless eine Pistole gegen das rechte Auge.
    »Keiner rührt sich«, sagte eine rauhe Stimme, und ein mageres, blinzelndes Gesicht grinste durch Jackys Fenster. »Hallo, Mister«, sagte er zu Ashbless, der zu eingezwängt war, eine Bewegung zu machen, selbst wenn ihm eine eingefallen wäre. »Diesmal werfen wir niemand aus dem Fenster, wie? Tut mir leid, daß ich Ihre hübsche Unterhaltung stören muß, aber wir machen einen Umweg - zur Rattenburg.«
    Zu seiner eigenen Überraschung erkannte Ashbless, daß sein atemloses Gefühl ebenso Erleichterung wie Furcht bedeutete. Bei Gott, dachte er, man weiß nie, wann man auf ein Kapitel stößt, das Bailey übersehen hat. »Ich kann mir denken, daß Ihr mich wollt«, sagte er, gegen die Pistolenmündung blinzelnd. »Also laßt diese zwei laufen, und ich verspreche, daß ich freiwillig mitgehe.«
    »Du rührst mich noch zu Tränen mit deinem Heldentum, Sportsfreund.« Der Mann stieß Ashbless die Pistole ins Gesicht, daß sein Kopf zurückflog. »Nun aber halt die Schnauze, ja?«
    Die Droschke bog nach rechts in die Drury Lane, und obwohl der neue Kutscher die Kurve so scharf nahm, daß die Steuerbordräder beinahe in der Luft drehten, ließen die beiden Männer, die draußen auf den Tritten standen, ihre Pistolen keinen Zollbreit vom Ziel abkommen.
    »Ich bin nicht sicher, daß ich dem folgen kann«, sagte Coleridge, der die Augen geschlossen hatte und sich die Schläfen rieb. »Sollen wir beraubt werden oder getötet? Oder beides?«
    »Wahrscheinlich beides«, sagte Jacky ruhig. »Obwohl ich glaube, daß der Chef dieser Leute mehr daran interessiert sein würde, Ihre Seele zu stehlen, als Ihren Geldbeutel.«
    »Die Seele können sie nicht stehlen, es sei denn, man hätte sie bereits verloren«, versetzte Coleridge. »Vielleicht wäre die Zeit am besten verbracht, wenn jeder von uns seine Behauptung, eine zu besitzen, bekräftigen würde.« Seine fleischigen Züge nahmen einen Ausdruck der Sammlung an, und er ließ die Hände auf den Schoß sinken.
    An der Broad Street machte die Droschke halt, dann fuhr sie schnell hinüber. Die Hufschläge und das Rasseln der Räder erklangen jetzt lauter, denn nördlich der Broad Street war die Straße viel enger.
    Nach ein paar Augenblicken schnüffelte Jacky die Luft. »Wir sind in St. Giles«, murmelte sie

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