Die Tore zu Anubis Reich
die ihre Rede sogar hier mit nautischen Begriffen würzten, welche sie im Hafen aufgeschnappt oder von Balladensängern gelernt hatten; ferner die Turbane, Ohrringe und Sandalen in Not geratener Inder; die geschwärzten Gesichter von Bergleuten, angeblich durch Schlagwetterexplosionen um Gesundheit und Arbeitskraft gebracht; und schließlich die an Zahl dominierenden anonymen Lumpen und Fetzen der allgemein praktizierenden Bettler. Als Doyle am Ende einer der Bänke einen Platz fand, bemerkte er, daß es sogar mehrere gab, die wie er selbst als Höker gekleidet waren.
Die eindruckvollste Gestalt von allen war jedoch der hochgewachsene Mann mit blondem Haar und Schnurrbart, der in einem Lehnstuhl auf der Plattform gesessen hatte und nun aufstand und, auf das Geländer gestützt, über die Gesellschaft hinblickte. Er war extravagant im Stil der vergangenen Mode im Frack aus grünem Samt, Spitzenkragen und -manschetten, Kniebundhosen aus weißem Satin und weißseidene Strümpfe sowie kleine Schuhe gekleidet, die ohne ihre goldenen Schnallen wie Ballettschuhe ausgesehen hätten. Der allgemeine Gesprächslärm hatte aufgehört, als er aufgestanden war.
»Das ist Kopenhagen-Jack«, flüsterte Roller-Benjamin stolz. Er hatte seinen Karren am Boden neben Doyle in Position gebracht. »Käpt'n der Pye Street-Bettler.«
Doyle nickte abwesend, denn der Duft gebratenen Truthahns in der warmen Luft nahm seine Aufmerksamkeit gefangen.
»Guten Abend, Freunde«, sagte der Kapitän. Er drehte ein langstieliges Weinglas zwischen Daumen und Zeigefinger seiner Linken.
»Abend, Käpt'n«, antwortete die Gesellschaft im Chor.
Ohne den Blick zu wenden, streckte er das Glas seitwärts aus, und ein Junge in Schaftstiefeln und roter Jacke eilte herbei und füllte es mit Rotwein aus einer Karaffe. Kopenhagen-Jack kostete davon und nickte. »Ein trockener Medoc zum Roastbeef«, verkündete er, während der Junge davoneilte. »Und zum Geflügel werden wir wahrscheinlich dem Sauternes, der letzte Woche gekommen ist, den Garaus machen.«
Die Gesellschaft applaudierte, Doyle nicht weniger energisch als die anderen.
»Berichte, Disziplinarmaßnahmen und die Entscheidung über die Aufnahme neuer Mitglieder werden nach dem Abendessen erörtert.« Auch diese Erklärung schien den Bettlern angenehm, und sobald der Kapitän sich auf der Plattform an den eigenen Tisch setzte, wurde eine Tür aufgestoßen, und neun Männer kamen aus der Küche herein, jeder beladen mit einem ganzen gebratenen Truthahn auf einer Platte. Jeder Tisch bekam einen, und der Mann am Kopfende erhielt ein Tranchiermesser und eine lange Gabel, um das Tier zu zerlegen. Es hatte sich ergeben, daß Doyle am Kopfende seines Tisches saß, und es gelang ihm, dank früheren Erfahrungen zu Weihnachten und anderen Festtagen, sich der Aufgabe mit hinlänglicher Geschicklichkeit zu entledigen. Als er alle ihm hingehaltenen Teller gefüllt hatte, einschließlich desjenigen, den Roller-Benjamin unterhalb der Tischebene emporhielt, tat er sich selbst etwas vom Fleisch auf den Teller und machte sich darüber her. Die Bissen spülte er mit großen Schlucken vom gekühlten Sauternes hinunter, den eine kleine Armee von Küchenjungen ständig in jedes Glas nachfüllte, das weniger als halbvoll war. Dem Truthahn folgte das Roastbeef, außen angekohlt und knusprig, innen saftig und roh. Dazu gab es einen anscheinend endlosen Vorrat von frischen Brötchen und Butter, sowie Flaschen über Flaschen von einem Rotwein, der, wie Doyle zugeben mußte, ein wundervoll trockener und körperreicher Bordeaux war. Zur Nachspeise gab es heißen Plum-Pudding und Sherry.
Als das Geschirr abgeräumt war und die Esser sich satt zurücklehnten, stopften viele von ihnen sich ihre Tonpfeifen und zündeten sie geschickt an den Kerzen auf den Tischen an. Kopenhagen-Jack zog seinen Lehnstuhl an den Rand seiner Plattform und klatschte in die Hände. »Zum Geschäft«, sagte er. »Wo ist Fairchild?«
Die Tür auf der Straßenseite wurde geöffnet, und ein junger Mann eilte herein, und im ersten Augenblick dachte Doyle, daß dieser der gesuchte Fairchild sein müsse, aber dann sah er, daß ein verdrießlich blickender, unrasierter Mann an einem der rückwärtigen Tische aufgestanden war und sich meldete. Der Neuankömmling wickelte sich einen Schal vom Hals, durchquerte den Saal und setzte sich auf die Stufen, die zur Plattform hinaufführten.
Der Kapitän nickte ihm zu und blickte wieder zu Fairchild, der nervös eine
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