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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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daß sie nahe genug herankommen würde, um ihm eine Pistolenkugel durch den Schädel zu jagen. Und wenn es ihr irgendwie gelänge, ihm vorher noch zu sagen, wer sie war und warum sie ihn töten würde... Und dann könnte sie endlich heimkehren.
    Als sie den alten steinernen Kai im unteren Keller erreicht hatten, ergab sich eine Gelegenheit, als zwei Bettler das Boot losbanden und die Fackeln entzündeten, und Dr. Romany ungeduldig stromabwärts in den finsteren Tunnel blickte, und Jacky nutzte ihre Chance, eilte oberhalb des Bootes zur Kaimauer und ließ sich geräuschlos in das kalte schwarze Wasser gleiten. Das Boot, von den beiden Bettlern an der Kaimauer gehalten, bis Dr. Romany einstieg, hatte entlang der Bordwand Ringe, durch die man die Leine einer Persenning zur Befestigung ziehen konnte, und Jacky hängte sich mit zwei Fingern in einen dieser Ringe und ließ sich mitziehen, als das Boot mit Stangen in die kräftige Strömung gestakt wurde.

    »Ha ha!« ertönte die hohe, quiekende Stimme des Clowns. »Wo steckt nur mein alter Kumpel, der Stumme Tom?« Begleitet wurden die Worte von einem langsamen Klopfen von Holz auf Holz, als Horrabin auf dem Plankenweg auf und ab ging. Die einzigen anderen Geräusche waren der böige Wind in den Takelagen der nahebei festgemachten Fischerboote und das Klatschen des Flußwassers um die Pfähle der Landungsbrücke.
    Doyle saß still hinter dem Verschlag am Ende der Brücke, hielt den Atem an und überlegte, wie lange er noch aushalten konnte, bevor er aufspringen und rufen würde: Nun mach schon ein Ende, hier bin ich, wie du recht gut weißt! Denn in der Stimme des Clowns war ein neckender Unterton, als ob er es wüßte.
    Das langsame Pochen der Stelzen dauerte an, und Doyle beschloß ins Wasser zu springen und über den Fluß nach Lambeth zu schwimmen, sollte Horrabin auf die Anlegebrücke herauskommen. Dann stellte er sich vor, daß der Clown ihm in das schwarze Wasser folgen würde, wie er dann über die Schulter zurückblicken und dieses grinsende bemalte Gesicht sehen würde, wie es mit unglaublicher Geschwindigkeit durch das Wasser näherkäme, während er mit seiner geprellten Schulter Mühe hätte, sich über Wasser zu halten. Das Herzklopfen war so stark, daß er glaubte, sein Brustkorb müsse zerspringen; es glich den Schlägen einer Demolierkugel gegen das Mauerwerk eines alten Hauses.
    »Horrabin!« kam ein Ruf von rechts. »Wo ist er?«
    Doyle erkannte voll Schrecken, daß es Dr. Romanys Stimme war.
    Der Clown kicherte wie hundert verrückte Grillen, dann rief er: »Gleich hier.« Und das Pochen der Stelzen näherte sich auf der Anlegebrücke.
    Mit einem explosiven Aufschrei, der ihn selbst erschreckte, sprang Doyle vom Ende der Anlegebrücke und vermochte kaum Atem zu holen, ehe das kalte Wasser über ihm zusammenschlug. Er kam wieder an die Oberfläche und begann hastig zu schwimmen.
    »Was war das?« Romanys Stimme tönte klar über das Wasser. »Was geht vor?«
    Horrabin kam zum Ende der Pier gestelzt. »Er ist im Fluß. Ich werde Euch zeigen, wo.« Er pfiff, ein schrilleres und komplizierteres Pfeifen als dasjenige, mit dem er am Strand die Bettler zusammengerufen hatte, und dann wartete er und beobachtete in beiden Richtungen das Ufer.

    Sobald das Boot aus dem Tunnel gekommen war, und kurz bevor es durch die Adelphi-Bogen und hinaus auf den Fluß glitt, löste Jacky ihre kältestarren Finger vom Ring und ließ das Boot davonfahren. Gerade zur rechten Zeit, denn einen Augenblick später kam einer der Bettler zum Heck und ergriff die Ruderpinne, und der andere hob ein paar Ruder aus dem Innern des Bootes und steckte die Ruderpflöcke in die Dollen. Dr. Romany rief eine Frage, und sie hörte eine undeutliche Antwort, aber sie schwamm halb unter Wasser und konnte keines der Worte verstehen. Kurz darauf ertönte ein Schrei, kurz, aber so laut, daß er niemandem im Umkreis von einer Meile entgehen konnte, und kurz darauf hörte sie Horrabins Stimme rufen: »Er ist im Fluß. Ich werde Euch zeigen, wo.«
    Der Ruderer nahm seine Arbeit auf, und während das gleichmäßige Knarren sich rasch entfernte, erreichte sie das Ufer und zog sich aus dem Wasser.

    Doyle, inzwischen fünfzehn Schritt draußen, beruhigte sich ein wenig und begann mit langsameren und mehr ausholenden Zügen zu schwimmen. Sollte ein Boot oder ein Schwimmer in seine Nähe kommen, könnte er tauchen und dicht unter der Oberfläche schwimmen, solange sein Atem reichte; wenn er dann versuchte,

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