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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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den Kopf langsam aus dem Wasser zu nehmen und ruhig einzuatmen, müßte es ihm mit etwas Glück gelingen, seinen Verfolgern zu entgehen und irgendwo ans Ufer zu gelangen, ehe ihn die Kräfte verließen. Die Strömung trug ihn nach links, fort von Dr. Romany, aus dessen Richtung rhythmische Ruderschläge über das Wasser an sein Ohr drangen.

    Horrabin lächelte, denn ein matter Lichtschein war unter der zweiten Pier zu seiner Linken erschienen, und als er unter der Anlegebrücke hervorkam, zeigte sich, daß er aus Dutzenden winziger Lichter bestand, die in scheinbar willkürlicher Formation über das dunkle Wasser hinaustanzten. Der Clown zeigte in die Richtung, wo er Doyle zuletzt gehört hatte, und die winzigen Lichter schlössen sich enger zusammen und glitten schnell wie die vom Wind fortgetragenen Blütenblätter einer leuchtenden Blume auf den Fluß hinaus.
    »Folgt den Lichtern, Dr. Romany!« rief Horrabin.

    Welchen Lichtern? überlegte Doyle. Die nächsten Lichter waren jenseits des Flusses. Nun, sollte Dr. Romany ihnen nur folgen, während er ostwärts trieb.
    Nach einer Weile begnügte er sich, mit dem rechten Arm und den Beinen Wasser zu treten und ließ seine linke Schulter ausruhen. An der Oberfläche zu bleiben, war kein Problem; wenn er abwechselnd Wasser trat und sich auf dem Rücken treiben ließ, war er imstande, den Kopf fast ohne Muskelanstrengung über Wasser zu halten. Die Strömung trug ihn auf die Blackfriars Bridge zu, und er war vorsichtig optimistisch, daß er in der Lage sein würde, an einem der Pfeiler aus dem Wasser zu klettern und, sobald seine Verfolger ihn ertrunken wähnten, weiter zum Ufer zu schwimmen.
    Auf einmal merkte er, welche Lichter Horrabin gemeint hatte, denn etwas, was wie ein paar Dutzend kleine schwimmende Kerzen aussah, glitt über die Wasserfläche direkt auf ihn zu. Er tauchte unter, stieß mit den Beinen und schwamm unter Wasser in einer Richtung davon, die rechtwinklig zum Kurs der Lichter war.
    Seine eben erwachte Zuversicht war zerstört. Dies roch nach Zauberei - hatte Jacky nicht gesagt, daß Dr. Romany ein Magier sei; Augenscheinlich war Horrabin auch einer - und Doyle kam sich vor wie ein Mann, der auf einen Faustkampf vorbereitet ist und sieht, wie sein Gegner den geladenen Revolver aus dem Zylinder zieht.
    Mit Beinstößen schwamm er unter Wasser, so weit er konnte, dann hob er vorsichtig den Kopf, dann eine Hand und strich sich die durchnäßten Haare aus den Augen.
    Sekundenlang starrte er in verständnisloser Benommenheit, denn die Lichter waren ihm gefolgt und umringten ihn jetzt, und aus der Nähe zeigte sich, daß sie halbierte Eierschalen waren, ausgerüstet mit winzigen Fackeln, Masten aus Strohhalmen und gefalteten Papiersegeln, und - und es kam ihm nicht einmal in den Sinn, den Anblick einem Fieberdelirium zuzuschreiben - winzigen Männlein, die, nicht größer als die Hälfte seines kleinen Fingers, in den Eierschalen saßen, die Spielzeugsegel in den Wind drehten und manövrierten, um ihre winzigen Wasserfahrzeuge in Position zu halten.
    Doyle stieß einen verzweifelten Schrei aus und schlug mit einem Arm wild um sich, die Boote zum Kentern zu bringen, worauf er, ohne sich der Wirkung seiner Abwehr zu vergewissern, schluchzend Atem holte und wieder tauchte.

    Als seine Lunge zu bersten drohte und er glaubte, weit genug gekommen zu sein, um jeden Augenblick mit dem Schädel gegen einen der steinernen Brückenpfeiler zu stoßen, hob er von neuem den Kopf, um keuchend auszuatmen und frische Luft einzusaugen. Die winzigen Eierschalen-Seeleute waren wieder in einem Ring um ihn gruppiert. Sie hielten einen Abstand von zwei Armeslängen, und trotz der immer näher kommenden Ruderschläge von Dr. Romanys Boot mußte er wassertretend eine Pause einlegen, um wieder zu Atem zu kommen.
    Etwas schlug einen Zoll von seiner linken Wange hart ins Wasser, daß die Spritzer ihn in die Augen trafen und momentan blendeten. Einen Augenblick später hörte er das Krachen eines Schusses vom Ufer her über das Wasser rollen. Ihm folgte augenblicklich ein Schuß von Romanys Boot, doch weil es in Bewegung war, konnte der Schütze nicht gut zielen und jagte seine Kugel zwischen die beleuchteten Eierschalen; das aufspritzende Wasser riß eine mit sich in die Luft.
    Gott, von allen Seiten schießen sie auf mich, dachte Doyle verzagt, als er ein weiteres Mal tauchte. Sie wollen mich nicht einmal mehr lebendig.
    Horrabin blickte nach links, als dort zwischen den

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