Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
Vom Netzwerk:
die wundersame Erscheinung eines taumelnden Inders, der mit den Armen fuchtelte und ein kreischendes Kind auf dem Rücken hatte, der ihm nach der Kehle krallte, dann eilten sie herbei und packten den Inder bei den Armen. »Achmed!« sagte einer von ihnen freundlich. »Der Clown kann es gar nicht erwarten, mit dir zu plaudern.«
    Sie versuchten den Jungen von ihm loszumachen, der aber bohrte seine Fingernägel nur noch tiefer in Achmeds Hals und biß nach jeder erreichbaren Hand. »Laß schon, Sam!« sagte schließlich einer von ihnen. »Wir nehmen die beiden mit, wie sie sind. Er wird die Belohnung einem Säugling nicht geben.«
    Jacky bemühte sich, ihre Panik zu unterdrücken. Hätte sie eine Hand frei, um unter den Turban zu greifen, könnte sie vielleicht die Pistole herausziehen, einen dieser Männer niederschießen und diesen Alptraum von einem Kind vom Rücken herunterschlagen. Die schwankende Menschentraube war nur noch wenige Schritte vom Gebäude entfernt, und es gelang ihr, die Hand loszureißen, unter den Turban zu greifen und den Pistolengriff zu fassen. Als sie die Waffe herausriß, kam der am Lauf festhängende Turban mit herunter, und sie drückte dem Mann auf ihrer Rechten die Mündung gegen die Rippen und drückte ab.
    Der Hammer schlug auf eine Stoffalte und öffnete den Zündpfannendeckel, erzeugte aber keine Funken. Verzweifelt riß sie den Stoff des Turbans weg, und als der Mann brüllte: »Gott, eine Pistole, haltet ihn!« spannte sie den Hahn einhändig und drückte wieder ab. Diesmal sprühten die Funken, aber das Pulver war durch die Bewegungen von der offenen Zündpfanne gefallen, und die Waffe feuerte nicht, und einen Augenblick später fuhr eine harte Faust in Jackys Magengrube, und ein geschickter Fußtritt schlug ihr die Waffe aus der Hand.
    Die Pistole klapperte auf das Pflaster, und das Kind auf ihrem Rücken, offenbar zu der Einsicht gelangt, daß der Spatz in der Hand der Taube auf dem Dach vorzuziehen sei, sprang zu Boden, brachte die Pistole an sich und rannte davon. Die beiden Männer hoben den gekrümmten, vor Schmerz keuchenden Bettler auf - »Ein Leichtgewicht, dieser Sodomiter, was?« - und trugen ihre Gefangene hinein.
    Horrabin war erst vor wenigen Minuten in die Rattenburg zurückgekehrt und hatte es sich gerade in seinem hängenden Tragegeschirr bequem gemacht - Dungy schob die zusammengelegte Schaustellerbude fort -, als sie Achmed ins Zimmer trugen. »Ah!« rief der Clown. »Gute Arbeit, meine Jungen! Endlich haben wir den flüchtigen Inder.« Sie setzten Jacky vor den Clown auf den Boden, und Horrabin bog sich nach vorn und grinste zu ihr herab. »Wohin hast du am Samstagabend den Amerikaner gebracht?«
    Jacky konnte noch immer nur keuchen.
    »Er hat eine Pistole gegen uns gezogen, Euer Ehren«, erklärte einer der Männer. »Ich mußte ihm einen Stoß in den Magen geben.«
    »Ich sehe. Na, laßt uns - Dungy! Bring mir meine Stelzen! - laßt uns den Kerl in den Kerker sperren. Dr. Romany wird die meisten Fragen an ihn haben.« Und kichernd fügte er hinzu: »Und die überzeugendsten Verhörmethoden.«
    Es war eine seltsame kleine Parade, die vier Treppen hinab stieg und hundert Schritte durch einen unterirdischen Korridor zog, der nach seinem Aussehen aus vorrömischer Zeit hätte stammen können - voraus der bucklige, humpelnde Zwerg Dungy mit einer Pechfackel, die er über den Kopf hielt, gefolgt von den beiden Männern, die zwischen sich den in sein Gewand aus Vorhangstoff gehüllten Achmed mitschleppten, dessen Gesicht hinter dem falschen Bart und Schnurrbart und unter der Walnußfarbe grau vor Angst war, und Horrabin auf seinen Stelzen am Schluß, vornübergebeugt, um nicht mit Kopf und Hut gegen das Deckengewölbe zu stoßen.
    Schließlich gelangten sie durch einen Bogen in einen weiten Kellerraum. Dungys Fackel erhellte die altertümlichen, nassen Steinquader der Decke und der näheren Wand, aber die jenseitige Wand, wenn es eine gab, lag in völliger Dunkelheit. Nach den hallenden Echos zu urteilen, war der Raum sehr groß. Die Prozession machte nach einigen Schritten halt, und Jacky hörte Wasser tropfen und, sie war dessen sicher, leises aber aufgeregtes Gewisper.
    »Dungy«, sagte Horrabin, und selbst seine Stimme klang ein wenig unbehaglich, »das nächste freie Gästezimmer: zieh den Deckel hoch! Und beeil dich!«
    Der Zwerg humpelte weiter und ließ die anderen im Halbdunkel zurück. Nach etwa zehn Schritten hielt er an und hob eine kleine Metallplatte

Weitere Kostenlose Bücher