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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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eigenen Atmens, projiziert auf eine bewegte Wasserfläche, und sie spürte, daß es noch fundamentalere Zweifel und Verluste gab, die es noch zu entdecken galt, als ein wirkliches Geräusch sie aus der abwärtsgerichteten Spirale ihrer Selbstbetrachtung schreckte. Das Geräusch, nur ein winziges Kratzen und Klappern, war in diesem bis dahin so stillen Abgrund erschreckend laut und brachte die Dimensionen ihrer Zelle zurück auf ihre ursprüngliche Schätzung von ungefähr fünf mal fünf Schritten.
    Es hatte sich angehört, als würde der Deckel über dem Guckloch entfernt, doch als sie aufblickte, konnte sie nichts sehen, nicht einmal ein Rechteck weniger intensiver Dunkelheit. Kurze Zeit später aber vernahm sie Atmen, und dann ein zischelndes, undeutliches Geflüster.
    »Wer ist da?« fragte sie vorsichtig. Dabei bestand sie ihrer aufkommenden Furcht gegenüber darauf, daß es nur Dungy mit dem Abendessen sein könne.
    Das Geflüster wurde zu einem leisen, gehauchten Kichern. »Laß uns ein, Schätzchen!« drang eine zischelnde Stimme an ihr Ohr. »Laß meine Schwester und mich ein!«
    Tränen rannen Jacky über die Wangen, und sie kroch zu einer Wand und stemmte sich mit dem Rücken dagegen. »Nein«, schluchzte sie. »Verschwindet von hier!«
    »Wir haben Geschenke für dich, Schätzchen - Gold und Diamanten, die seit alter Zeit in den Abzugskanälen verlorengegangen sind. Sie sind alle für dich, im Austausch gegen zwei Dinge, die du nie wieder brauchen wirst, genauso wie du keine Puppen mehr brauchst nachdem du zu einer jungen Dame herangewachsen bist.«
    »Deine Augen!« flüsterte eine neue, rauhere Stimme.
    »So ist es«, zischelte die erste Stimme. »Nur deine Augen, so daß meine Schwester und ich jede eins haben können. Dann werden wir alle Stufen hinaufsteigen, die es gibt, und ein Schiff zum Heumarkt nehmen und in der Sonne tanzen.«
    »Bald«, krächzte die andere.
    »O ja, bald, Schätzchen, denn die Dunkelheit härtet wie dicker Schlamm, und wir wollen fort sein, bevor sie so fest wird wie die Steine.«
    »Nicht darin stecken«, warf die rauhere Stimme ein.
    »Nein, nicht darin stecken; meine hübsche Schwester und ich dürfen nicht für immer in den Steinen gefangen sein, die gehärtete Nacht sind! Also öffne die Tür!«
    Jacky kauerte in ihrer Ecke und weinte fast lautlos, und sie hoffte, daß die Steinplatte, als sie herabgefallen war, sich fest verklemmt haben möchte und nie wieder geöffnet werden könnte.
    Dann drang ein leises Schürfen von fern an ihr Ohr, und die beiden Stimmen zischelten bestürzt durcheinander. »Einer deiner Brüder kommt«, sagte die erste Stimme. »Aber wir werden wiederkommen... bald.«
    »Bald«, bekräftigte das rauhere Geflüster. Darauf folgte ein Geräusch wie von dürrem Laub, das vom Wind über ein Straßenpflaster gefegt wird, und dann konnte Jacky durch das geöffnete Guckloch einen anwachsenden rötlichen Lichtschein sehen und hörte Dungy nervös das idiotische Lied pfeifen, das zu singen Horrabin ihn immer zwang.
    Augenblicke später erschienen der Fackelschein und Dungys zerstörtes Gesicht in dem kleinen Loch. »Wie hast du die Deckplatte weggenommen?« fragte der Zwerg.
    »Oh, Dungy«, sagte Jacky, stand auf und stand direkt unter ihm, denn in dieser Lage war jede menschliche Gesellschaft willkommen. »Ich habe es nicht getan. Zwei Kreaturen, die Schwestern zu sein behaupteten, öffneten das Loch und boten mir Schätze im Austausch gegen meine Augen.«
    Sie sah, wie der Zwerg den Kopf hob und unbehaglich umherspähte; und sie erinnerte sich der Weite des oberen Raums und begriff, wie nutzlos solches Umherblicken war. »Ja«, sagte er endlich, »es gibt hier unten solche Dinge. Horrabins mißlungene Experimente - Teufel auch, es könnten sogar noch welche von den meinigen da sein.« Er schaute wieder in die Grube. »Dr. Romany und Horrabin glauben, du seist Mitglied einer Gruppe, die gegen sie arbeitet. Ist das der Fall?«
    »Nein.«
    »Ich glaubte es auch nicht. Immerhin, es genügt, wenn Horrabin davon überzeugt ist.« Der Zwerg zögerte. »Wenn ich... dich herauslasse, wirst du mir dann helfen, ihn zu töten?«
    »Mit dem größten Vergnügen, Dungy«, sagte Jacky aufrichtig.
    »Versprichst du es?«
    Der Zwerg hätte nahezu jeden Preis verlangen können und Jacky hätte ihn bereitwillig bezahlt. »Ich verspreche es, ja.«
    »Gut. Doch wenn wir zusammenarbeiten, mußt du aufhören, mich Dungy zu nennen. Mein Name ist Teobaldo. Sag ›Tay‹ zu

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