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Die Tore zu Anubis Reich

Die Tore zu Anubis Reich

Titel: Die Tore zu Anubis Reich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Powers
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etwas gegen Gesellschaft, Achmed? Sei dankbar, daß wir dich nicht unfähig machen, ihrer bewußt zu sein.«
    Horrabin und Tay bewegten sich über die unebenen Platten näher und machten halt. Jacky wußte, daß sie bei dem Loch angekommen sein mußten, darin sie eingekerkert gewesen war. Sie faßte das Heft des Dolches fester und stahl sich näher; ihre Sandalen waren seit ihrer Gefangennahme abhanden gekommen, und ihre bloßen Füße machten kein Geräusch auf dem Stein.
    Als sie noch fünfzehn Schritte entfernt war und in den Helligkeitsbereich des Fackelscheins kam, beugte sich Horrabin vor - ein seltsames Schauspiel, denn dazu mußte er die Stelzen rückwärts in Schräglage bringen - und sagte: »Komm ins Licht, Achmed, und sage, was du zu bieten hast!«
    Der Zwerg bekreuzigte sich tatsächlich, bevor er beide Hände an Horrabins Stelzen legte und ihnen einen Stoß versetzte.
    Mit einem schrillen, ängstlichen Aufschrei taumelte der Clown vorwärts, versuchte die Stelzen wieder unter sich zu ziehen, vermochte es nicht und stürzte schwer zu Boden, als Jacky die letzten Schritte im Sprung zurücklegte; Horrabin wälzte sich auf den Rücken, den Kopf zurückgelegt und die gelben Zähne in qualvoller Grimasse gebleckt, und Jacky sprang ihm auf den durchgedrückten Leib und stieß den Dolch in die weißbemalte Kehle.
    Die Klinge brach ab, als hätte sie versucht, eine der Steinplatten zu erstechen; und als sie mit hellem Geklirr auf die Steinplatten flog, verdrehte Horrabin die rotgeäderten Augen, um sie über die weiße Spitze des Kinns hinweg anzuvisieren, und obwohl die entblößten Zähne mit Blut befleckt waren und Blut aus den bemalten Ohren rann, verzog sich der Mund zu einem unverkennbaren Lächeln.
    »Was habt Ihr da in der Hand, Euer Gnaden?« flüsterte Horrabin.
    Jacky fühlte ein heftiges Krabbeln in der noch um das Heft des Dolches gekrampften rechten Faust, und in instinktivem Abscheu schleuderte sie von sich, was der klingenlose Dolchgriff sein sollte, aber eine Handvoll großer schwarzer Bienen war, dunkel und fett wie Pflaumen. Eine stach sie in die Hand, bevor sie sie abschütteln konnte, und die anderen summten ihr um den Kopf, als sie sich vom Clown wälzte, aufsprang und davonrannte.
    Tay stand bereits im Torbogen, der zum unterirdischen Kanal führte, die Fackel noch in der Hand. »Wir können nur noch rennen!« rief er Jacky zu. »Komm schnell, bevor er aufstehen kann!«
    Als Jacky, von den Bienen verfolgt, zu Tay und mit ihm hinunter zum Abzugskanal rannte, hörten sie Horrabin hinter sich rufen: »Ich werde dich zurückholen, Vater! Und ich werde dich zu etwas machen, was in einem Bassin leben muß!«
    Am Anlegeplatz fanden die beiden Flüchtlinge ein kleines Floß, stiegen an Bord und warfen die Leine los. »Was geschah mit der Erde an der Klinge?« fragte Tay in einem Tonfall beiläufigen Interesses.
    »Ich mußte eine von den Kreaturen hier unten niederstechen«, keuchte Jacky und schlug eine lästige Biene am Holz des Floßes zu einem breiigen Etwas. »Es schien kaltes Wasser statt Blut zu haben. Mein Gott, natürlich muß es die Erde abgewischt haben.«
    »Na schön. War jedenfalls ein guter Versuch.« Der Zwerg öffnete einen Beutel an seinem Gürtel und nahm eine Pille heraus, die er schluckte. Ihn schauderte, dann bot er Jacky ebenfalls eine Pille an. »Was ist es?«
    »Gift«, sagte Tay. »Nimm es - ein viel leichterer Tod als der, den er dir bereiten wird, wenn er dich lebendig fängt.«
    Jacky war entsetzt. »Nein! Und du hättest die Pille nicht nehmen sollen! Großer Gott, vielleicht kannst du sie erbrechen? Ich glaube...«
    »Nein, nein.« Tay klemmte die Fackel zwischen zwei Stämme des Floßes und legte sich auf die rauhe Oberfläche, um zur vorbeiziehenden Gewölbedecke aufzublicken. »Ich beschloß heute früh zu sterben. Er sagte mir, ich solle mich für eine Galavorstellung heute abend bereitmachen - Rock, Perücke, Nagelpolitur -, und ich faßte meinen Entschluß... nein. Ich konnte es nicht noch einmal tun. Ich entschied mich für den Versuch, ihn zu töten, denn ich hätte so oder so sterben müssen, verstehst du? Vor vier Jahren richtete er - wie nannte er es gleich? - eine einseitige Unterhaltsverbindung ein. Magisches Zeug. Wenn er stirbt, muß auch ich dran glauben. Er dachte, das mache ihn sicher vor mir. Vielleicht wäre es so gewesen, wenn er mich nicht gezwungen hätte, die ganze Zeit diese gottverdammten Lieder und Tanznummern aufzuführen. Gott, bin ich

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