Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
Holz.
Das haben sie absichtlich gemacht, dachte sie gereizt.
Menschliche Hände hatten kein Gewissen und waren unfähig zu lügen; was aus dem Munde eines Menschen quellen würde, wenn sein Verstand ihn nicht daran hinderte, verrieten seine Hände. Die Hände der Seeleute waren beinahe boshaft ungeschickt. Diese ganze Rundohr-Rasse hegte einen Groll wegen der Überlegenheit der Shict im Umgang mit dem Bogen.
Dabei kann man uns das schwerlich vorwerfen, setzte sie ihren Gedankengang fort. Immerhin haben wir das Bogenschießen erfunden. Sie haben es nur von uns übernommen.
Neid war ein Instinkt der Menschen und für sie ebenso natürlich wie für einen Hund, sich in Kot zu wälzen … jedenfalls für einen von Menschen erzogenen Hund.
»Du wirst noch herunterfallen, wenn du dich weiter so hinauslehnst.«
Die Stimme klang wie Donnergrollen, selbst wenn ihr Besitzer etwas Beiläufiges sagte. Gariath sah sie mit derselben Gleichgültigkeit an, mit der er auch ein Insekt betrachten würde. Er schnaubte, als würde er warten, ob sie vielleicht wirklich kopfüber über die Reling purzelte.
Sie lächelte ihn halb amüsiert, halb spöttisch an und ließ sich zurücksinken.
»Shict fallen nicht«, erklärte sie selbstgefällig.
»Shict tun gar nichts richtig.« Er trat neben sie und schob sie absichtlich mit einer Schwinge zur Seite, als er über die Reling blickte. Er musterte das im Wasser schaukelnde Boot verächtlich. »Was ist denn das?«
»Sie nennen es ein Beiboot. Sie benutzen es, um Nahrungsmittel von den Inseln aufs Schiff zu transportieren. Angeblich kann es von zwei Männern manövriert werden.« Sie zwinkerte ihm zu. »Da wir drei Männer, zwei Frauen und ein Drachenmann sind, sollten wir es eigentlich schaffen.«
Er grunzte und ignorierte ihre verärgerte Miene. Lenk hätte wenigstens gereizt gestöhnt, dachte sie.
»Fünf Menschen sind nur zweieinhalb Mal wertloser als zwei Menschen«, knurrte er.
»Vier Menschen.« Sie zuckte mit den Ohren.
»Auch spitzohrige Menschen sind Menschen.« Er würdigte ihre gefletschten Zähne nicht einmal eines Blickes. Stattdessen starrte er weiterhin geringschätzig auf das Boot. »Das ist eine dumme Idee.«
»Ich dachte, du wolltest den Dämon jagen.« Ihr war klar, dass es nicht besonders schlau war, eine Kreatur zu necken, deren Arm so dick war wie ihre Taille, ganz gleich, welcher Rasse sie angehören mochte. Aber sie wollte unbedingt eine Reaktion provozieren; Lenk hätte sie längst beschimpft. »Hast du Angst bekommen?«
Er drehte sich zu ihr herum, schien ihr jedoch nicht gleich den Kopf abreißen zu wollen; er betrachtete sie einfach mit seinen kalten schwarzen Augen. Sie spannte sich an, bereit, beim ersten Anzeichen einer wütend heransausenden Faust zur Seite zu springen. Doch er knurrte nur und ignorierte auch, dass sie ihm kurz die Zunge herausstreckte. Sie seufzte, gereizt und gelangweilt, was er offenbar ebenfalls nicht hörte.
»Furcht ist den niederen Rassen vorbehalten«, bemerkte er. »Es ist das einzige Geschenk, das ihre schwächlichen Götter ihnen gemacht haben, da sie es vorzogen, ihnen Intelligenz vorzuenthalten.« Er schlug sich mit der Faust auf die Brust. »Die Geister haben den Rhega keine Geschenke gemacht. Ich werde diesen Dämon zur Strecke bringen.« Er zog drohend die Augen zusammen. »Er war für mich bestimmt.«
»Er war«, sie hob fragend eine Braue, »für dich bestimmt?«
»Ich erwarte nicht, dass du das verstehst.«
»Erwartest du, dass ein Mensch dich besser versteht?« Irgendwie erfüllte es sie mit Stolz, als sie bemerkte, dass sich die Mannschaft sowohl von ihr als auch von dem Drachenmann fernhielt.
»Ich würde von niemand anderem als einem Rhega erwarten, das zu verstehen.«
»Oh, leider sind im Moment keine anderen Rhega in der Nähe.«
Diese Bemerkung hatte sie nicht beleidigend gemeint. Doch anders als bei ihren vorherigen Spitzen, mit denen sie eine Reaktion hatte hervorrufen wollen, fuhr er bei diesen unschuldigen Worten herum und musterte sie wütend.
Sehr wütend!
Das Schiff erzitterte unter seinem Schritt, während er sich ihr näherte. Als er die Zähne fletschte, bemerkte sie, dass sie weit größer und weit schärfer waren als ihre eigenen. Sie widerstand dennoch dem Impuls, zurückzuweichen, selbst als er seine Hände zu Fäusten ballte. Wenn man zurückwich, betrachtete der Drachenmann das gewöhnlich als noch größere Beleidigung.
»Du hast nicht das Recht, diesen Namen auszusprechen!« Er
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