Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
stieß mit einer Kralle gegen ihre Brust. Ihre Haut riss auf, sie blutete und taumelte zurück. »Die Sprache der Rhega ist nicht für deine hässlichen Lippen gedacht!«
»Wie soll ich dich denn sonst nennen?« Ihr Versuch, sich trotzig aufzurichten, fiel recht armselig aus, denn ihr Scheitel reichte gerade bis zur Mitte seiner Brust, die etwa fünf Mal so breit war wie ihre. »Drachenmann? Mit einem menschlichen Wort?«
»Es gibt viele menschliche Worte.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Alle sind gleich wertlos. Rhega- Worte sind weit mehr wert.«
»Von mir aus.«
Er ignorierte ihren herausfordernden Blick, als sie an dem blutigen Riss über ihrem Schlüsselbein wischte. Dann drehten sie sich beide zum Meer herum und betrachteten das schaukelnde Beiboot.
»Also«, brach sie das Schweigen. »Was glaubst du, sollst du mit diesem Dämon anstellen?«
»Ihn töten.«
»Ach so, na klar.«
»Die Opfer eines Rhega haben größere Bedeutung.«
»Sicher haben sie das. Und es gibt dir nicht zu denken, dass du ihm beim letzten Mal nicht mal einen Kratzer zufügen konntest?«
»Wenn man etwas hart genug schlägt, fällt es um. So funktioniert die Welt.«
»Du hast ihn aber ziemlich hart geschlagen.«
»Dann muss ich noch härter zuschlagen.«
Sie nickte; irgendwie klang das logisch.
»So Riffid will, werden wir das tun.«
»Du solltest dir verkneifen, die Namen deiner schwächlichen Götter zu nennen«, schnaubte er. »Je häufiger du sie aussprichst, desto weniger werden sie geneigt sein, dir ihre wertlose Hilfe angedeihen zu lassen. Außerdem«, er verschränkte die Arme vor der Brust, »wir werden gar nichts tun. Ich werde den Dämon töten, und wenn deine Götter nicht gänzlich nutzlos sind, töten sie dich schnell, damit du nicht im Weg herumstehst.«
»Riffid ist die wahre Göttin«, zischte sie. »Die einzige Göttin. Sie hat den Shict die Gabe der Jagd und des Krieges geschenkt.«
»Und ihr beherrscht nichts von beidem richtig«, höhnte er. »Wenn deine Götter vorgehabt hätten, dich von deiner Dummheit zu kurieren, hätten sie dich gar nicht erst so erschaffen.«
Sie seufzte, weil sie wusste, dass jede weitere Diskussion fruchtlos war. Gariaths Reaktion war kaum überraschend. Immerhin, räumte sie mürrisch ein, musste sie ihm zugutehalten, dass er unvoreingenommen war: Er verachtete alle Götter, sowohl die der Shict, der Menschen als auch aller anderen Kreaturen. Sein Interesse an theologischen Diskussionen pflegte mit einem Schnauben zu beginnen und mit Blutvergießen zu enden. Es ist klüger, dachte sie, jetzt zu verschwinden, bevor er auf die Idee kommt, auch diese Diskussion zu beenden.
Sie blieb trotzdem.
»Also«, murmelte sie, »wieso bist du denn heute so ausgesprochen gut gelaunt?«
Er blähte die Nüstern. »Es liegt ein Geruch in der Luft … einer, den ich schon sehr lange nicht mehr gewittert habe.«
Dann lief ein kurzes Zucken über sein Gesicht, bevor er wütend grollte. Vermutlich hoffte er, dass niemand etwas davon bemerkt hatte. Aber der Aufmerksamkeit einer Shict entging nichts. In einem kurzen Moment, verborgen hinter einer winzigen Bewegung seines Gesichts, nahm sie den Widerhall eines Stirnrunzelns wahr.
Seine Augen bewegten sich plötzlich. Ihr Ausdruck wurde nicht weicher, sondern sie schienen im Gleichklang mit seinen Gesichtsmuskeln zu zucken, als versuchte er sich krampfhaft zu erinnern, wie man sanftmütig blickte.
»Er hält nicht an.« Seine Stimme klang tonlos, als wäre er sich Katarias Anwesenheit nicht bewusst. »Er verschwindet … er kehrt zurück … dann verschwindet er wieder. Er verändert sich ständig. Und wenn er da ist, wird er … überlagert, von einem Gestank überdeckt.«
Ein Auge verdrehte sich in seiner Höhle, so langsam, dass sie fast die Muskeln hören konnte, die es bewegten, als er sie ansah.
»Dem Abhilfe geschaffen würde, wenn du nicht hier wärst.«
Kataria war selbst überrascht, als sie nach vorn sprang. Sie straffte sich, baute sich vor ihm auf und fletschte die Zähne in dem Versuch, eindrucksvoll zu wirken. Ein Bemühen, das sie ganz offensichtlich ernster nahm als er.
»Wage nicht, mir zu drohen, Reptil!«, stieß sie hervor. »Du vergisst wohl, dass ich kein Mensch bin. Also benimm dich gefälligst nicht so, als hätte ich keine Ahnung, wovon du redest, und vergiss ja nicht, dass kein anderer auch nur annähernd verstehen kann, was du durchmachst.« Sie rammte ihm ihren Finger gegen die Brust und konnte
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