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Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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ist denn …?«
    Sie beendete den Satz nicht, denn ihr stockte der Atem, als sie seinem Blick begegnete. Vielleicht lag es auch am Rauch oder an dem Winkel, aus dem sie ihn ansah, möglicherweise verzerrte auch die Nachwirkungen der Schrecken dieses Schlachtfeldes ihre Sehkraft. Sie hoffte sehr, dass dem so war, denn sie sah, wie sein Blick hell durch den Rauch glühte.
    Er hatte keine Pupillen.
    Sie biss die Zähne zusammen und wandte sich ab, entschlossen, nicht mehr hinzusehen.
    »Also was tun wir?«
    »Du bleibst hier«, befahl er kalt. »Wir töten es.«
    »Du kannst diese Kreatur nicht töten.«
    »Er kann es nicht«, antwortete Lenk. »Wir können.«
    »Verdammt«, stieß sie atemlos hervor. »Warum musstest du dir, um vollkommen überzuschnappen, ausgerechnet einen Moment aussuchen, in dem auch ich getötet werden könnte?«
    Wenn der junge Mann darauf eine Antwort hatte, ging sie in dem Scharren von Stiefeln auf verbrannter Erde unter. Er sprang auf, ein silberblauer Blitz, und bahnte sich den Weg durch den endlosen Rauch zu seinem hünenhaften Feind. Die Kreatur schien nicht beeindruckt.
    Doch plötzlich explodierte sie förmlich.
    »Der Hirte ist stets unermüdlich! Stets wachsam!« Sie brüllte, und die gefrorenen Froschwesen erbebten unter dem Eis. »Durch seine Barmherzigkeit ist die Erlösung möglich! Durch den Hirten wird Ihre Gnade überhaupt verbreitet.«
    Lenk sprang vor, und ein riesiger schwarzer Arm zuckte nach vorne und packte ihn an der Taille.
    Welcher Wahnsinn oder welche Tollkühnheit ihn in die Klauen der Monstrosität hatte springen lassen, verschwand augenblicklich, als sie ihn dicht genug an sich zog, damit er in ihre Augen blicken konnte. Sie gurgelte zornig, und der ausdruckslose Blick ihrer unabhängig voneinander funktionierenden Augen, mit dem sie ihre Emotionen ausdrückte, konnte ihre Wut nur andeuten.
    Was sie noch zorniger zu machen schien.
    »Fürchte dich nicht, mein Sohn«, murmelte das Abysmyth, »denn obwohl du nach mir schlägst, bin ich immer geneigt, dir zu verzeihen.«
    Es streckte den Arm aus und hob ihn hoch in die Luft, als wollte es ihn dem Himmel zu näherer Betrachtung präsentieren. Seine Krallen durchbohrten Lenks Haut; er spürte, wie sein Wams zerriss, und aus fünf warmen Löchern quoll eine Flüssigkeit, die seinen Körper rot färbte. Er spürte, wie ein Schrei aus seiner Kehle drang, aber er hörte ihn nicht.
    »Es ist deine Natur, das Unbekannte zu fürchten«, fuhr das Abysmyth mit einem tiefen, sonoren Bass fort, der seine vielen Stimmen unterlegte. »Aber der Hirte nennt keine Natur sein Eigen. Sein Leben ist die Pflicht, und seine Pflicht ist das Leben.«
    Ein Sonnenstrahl brach durch den Rauch und fiel auf Lenk.
    »Durch Sie gewähre ich dir dies«, gurgelte es und packte ihn fester, »meine Barmherzigkeit und meine Pflicht. Ich …«
    Es senkte zögernd den Kopf. Seine Augen zuckten erneut, als ein gellender Schrei aus seinem Schlund drang.
    »ICH HASSE DICH!«
    Der Arm zuckte herab. Lenk prallte auf das Eis, zerbrach es und sank hinunter. Er grub sich mit seinem eigenen Körper sein Grab. Eissplitter gruben sich in seinen Rücken und flogen in die Luft. Selbst nachdem er zur Ruhe gekommen war, hatte er das Gefühl, immer noch zu fallen, als hätte sich etwas aus seinem Körper gelöst und verschwände in der Erde.
    Er blinzelte und sah das kalte Pulver, das auf ihn herabsank, sich wie eine Decke über ihn legte und ihn drängte, zu schlafen. Selbst die Sonne schien immer noch auf ihn. Ihm war warm; aber er wusste, dass er sich eigentlich kälter hätte fühlen sollen, als er es tat.
    »Was?«, flüsterte er, »machen wir jetzt?«
    Niemand antwortete ihm.
    »Können wir überleben?«
    Niemand sprach mit ihm.
    »Ich … ich glaube, ich werde jetzt sterben.«
    Niemand beruhigte ihn.
    Die Sonne verschwand hinter einem schwarzen Fleck. Er riss die Augen auf, so weit, dass er die Umrisse eines Fußes mit Schwimmhäuten über seinem Gesicht sehen konnte, eines Fußes, der so groß war wie sein Kopf. Er blinzelte; der Fuß war noch da. Dann schloss er die Augen, und der Fuß hörte auf zu existieren.
    Die Welt war dunkel.
    »Von der Abgründigen Mutter an Ihr Kind«, flüsterte das Abysmyth, »von Kind zu Sterblichem. Das ist deine Gnade. Schlaf jetzt«, der Fuß spannte sich an, »und träume vom Blau.«
    Plötzlich verkrampfte sich der Körper des Dämons. Ein Spatz mit einem silbernen Schnabel flog singend durch die Luft und bohrte sich in den

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