Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
seinen Kopf strömte. Die Sirene konnte heilen … nein, nicht heilen, lindern. Sie konnte Dreadaeleons Kopfschmerz lindern, etwas, was keine bislang bekannte Heilkunst vermochte. Sie konnte den Verstand besänftigen.
Vielleicht ja, dachte er, auch die Stimmen in einem Verstand.
»Setz dich.« Er gab Gariath ein Zeichen mit der Hand.
»Was?«, grollte der Drachenmann. »Warum?«
»Ich möchte hören, was sie zu sagen hat«, gab Lenk zurück. »Ich will nichts versprechen, aber wenn Dreadaeleon an sie glaubt, sollten wir ihr wenigstens eine Chance geben.«
»Dieser Winzling hat uns um ein Haar hintergangen«, schnaubte Gariath, »und das Letzte, was aus ihrem Mund kam, hat das Gehör der Shict beinahe ruiniert!«
Lenk verspannte sich bei der Erwähnung von Kataria; nicht weil er erwartete, dass sie wieder schreien könnte, sondern weil er plötzlich ihren Blick auf sich spürte. Er schielte aus dem Augenwinkel nach ihr, weil er ihrem Blick nicht begegnen wollte, und stellte sich vor, dass sie ihn aus vielerlei Gründen ansehen könnte: Erklärung heischend, aus Ungeduld …
Vielleicht war sein Verdacht aber auch zutreffend, und sie
konnte trotz ihrer Taubheit mit ihren großen Ohren immer noch seine Gedanken hören.
»Wenn ich jedem aus dieser Gruppe vorhielte, dass er einen Mordversuch begangen hätte«, erwiderte er ruhig, während er von der Shict zu dem Drachenmann sah, »würden wir nie etwas zustande bekommen. Er hat zumindest einen Mordversuch auf dich frei, im Ausgleich für deine ungezählten Versuche, ihn umzubringen.«
Der Drachenmann ließ seinen finsteren Blick über jeden Einzelnen aus der Gruppe gleiten, von der Sirene zu dem Jüngling und dann zu allen anderen. Schließlich richtete er ihn auf Lenk.
»Du könntest mich nicht aufhalten, das weißt du«, knurrte er.
»Wohl nicht«, räumte Lenk gleichgültig ein.
»Gut. Solange wir uns in diesem Punkt einig sind.« Er schnaubte, trat einen Schritt zurück, hockte sich hin und senkte den Kopf in Richtung der Sirene. »Sprich!«
Die Sirene blinzelte. »In Hinblick auf …«
»Fängst du mit deinem Namen an?«, unterbrach Asper sie. »Ich glaube, an dem Punkt waren wir gerade, als wir auf die Idee kamen, uns wie blutrünstige Schwachsinnige zu benehmen.«
»Ich … ich habe bedauerlicherweise keinen Namen«, antwortete die Kreatur demütig. »Ich hatte niemals Verwendung dafür.«
»Jeder braucht einen Namen«, erwiderte Dreadaeleon rasch. »Wie sollten wir dich sonst ansprechen?«
»Mit Kreischi.« Denaos nickte. »Kreischi O’Ohrblut.«
»Sei nicht albern!«, tadelte Asper ihn. »Sie braucht einen eleganten Namen. Zum Beispiel einen aus einem Schauspiel.«
»Lashenka!«, mischte sich Dreadaeleon begeistert ein. »Du erinnerst dich an die Tragödie, ja? Totenklage für einen König. Sie sieht aus wie die junge Thronerbin, Lashenka.«
»Klingt zu sehr nach Lenk.« Die Priesterin tippte sich mit
dem Finger ans Kinn. »Gab es da noch andere Rollen? Ich habe das Stück nie auf der Bühne gesehen. Apropos, wie war die Inszenierung eigentlich?«
»Sie war … ganz annehmbar. Nichts übermäßig Aufregendes, aber es war die Silbermünze Eintritt wert.«
»Eine Silbermünze? Seit wann ist das Theater denn so teuer geworden?«
»Nun, in dieser Aufführung spielten die Fröhlichen Meuchelmörder mit, diese Truppe aus Jaharla, und außerdem …«
»Das reicht!« Gariath war aufgesprungen und stampfte wütend auf. Dann schnaubte er und richtete seine Klaue auf die Sirene. »Dein Name sei Grünhaar. Und jetzt sprich weiter.«
»Grünhaar?« Asper kratzte sich den Kopf. »Es hat einen gewissen Charme, zugegeben, aber ich bin nicht sicher …«
»Sag«, fauchte Gariath beinahe flüsternd, »kannst du diesen Gedanken auch zu Ende bringen, wenn man dir die Zunge herausreißt und in deinen Gehörgang stopft?«
»Ich wollte nicht …«
»Möchtest du es gern herausfinden?« Mit einem verächtlichen Schnauben richtete Gariath seinen Blick auf die Sirene. »Grünhaar. Mach weiter.«
»Das ist ein guter Name.« Lenk nickte. »Und um der Höflichkeit Genüge zu tun, möchte ich dir unsere Namen …«
»Das ist nicht nötig.« Die Sirene hob die Hand, während sie Dreadaeleon anlächelte. »Ich wurde bereits darüber informiert, Silberhaar, wer du bist und was du im Reich der Seemutter zu tun gedenkst.« Ihr Lächeln verstärkte sich. »Und ich gehe davon aus, dass es ihre Hand war, die dafür sorgte, dass ich dich jetzt treffe.«
»Ein
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