Die Tore zur Unterwelt 1 - Das Buch des Dämons: Roman (German Edition)
zitterte. Das Langgesicht war kaum beeindruckt, wenn man seiner spöttisch erhobenen Braue Glauben schenken durfte.
»Sie gehört dir? Das tut mir ganz schrecklich leid, aber ich muss dein Eigentum beschädigen. Ich brauche den Arm.« Der Mann machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du kannst den Rest haben, wenn ich fertig bin.«
»Ich sagte«, stieß der Jüngling unter fauchenden Flammen hervor, »tretet von ihr zurück!«
Asper riss bei seinen Worten unwillkürlich die Augen auf. Die Flammen, die auf Dreadaeleons ausgestreckter Hand tanzten, waren kaum größer als die einer Kerze, aber jeder Moment, den sie brannten, verursachte ihm sichtlich Krämpfe. Warum?, dachte sie. Warum tust du es nicht? Verbrenne deinen Häretiker. Verteidige deine Gesetze!
Dann erst bemerkte sie, dass das Langgesicht die Hand ebenfalls ausgestreckt hatte. Ein Finger deutete direkt auf sie. Ihr Blick zuckte zu Dreadaeleon zurück. Nein , hätte sie ihm gern zugerufen, aber ihre Kehle war so rau, dass sie kein Wort herausbekam. Tu das nicht. Nicht meinetwegen, Dread. Ich will, dass dies hier geschieht. Ich will …
Dreadaeleon schüttelte sich plötzlich. Das Grinsen des Langgesichts verstärkte sich, als der Jüngling sich umdrehte und versuchte, den dunklen Fleck auf seinem Schoß zu verbergen.
»Offenbar hast du dich überanstrengt.« Der purpurne Mann lachte. »Ist das wirklich die Schande wert, Röschen? Ich bin keine blutrünstige Frau. Tritt beiseite, lass mich meine Angelegenheiten erledigen, und dann kannst du dich in Frieden säubern. Ich habe nicht den Wunsch, einem Gleichgesinnten etwas anzutun.«
»Ich bin kein Gleichgesinnter.«
»Welche Gesetze auch immer uns unterscheiden mögen, sie sind ebenso trivial und flüchtig wie die Götter, die deine Brut angeblich so liebt.«
»Es geht auch nicht um Gesetze.«
»Oh …« Der Mann verzog finster den Mund. »All das wegen einer Frau? Habt ihr da, wo du herkommst, nicht viele davon?«
»Hört auf, über sie zu reden!«, fauchte der Jüngling. Die Feuerkugel auf seiner Handfläche loderte auf. »Ich bin der Einzige, der sich Euch in den Weg stellt. Also wendet Euch gefälligst an mich!«
Der Einzige … Asper ließ den Gedanken verklingen, als der Niederling die Hand hob und sie auf Dreadaeleon richtete.
»Recht hast du«, sagte er einfach. »Leb wohl.«
Er stieß die Hand mit einem Grunzen vor. Die Luft waberte, als eine unsichtbare Kraft Dreadaeleon traf, sein Feuer auslöschte und seinen zierlichen Körper gegen einen Pfeiler schleuderte. Er taumelte, schwankte einen Moment hin und her und konnte Asper nur noch einen verzweifelten Blick zuwerfen, bevor er auf dem Boden zusammenbrach, wo er regungslos und ohne zu atmen liegen blieb.
»Dread.« Asper konnte nur flüstern; zu mehr hatte sie keine Kraft. Es musste passieren, das war ihr klar, er musste vor ihr sterben, weil er der Einzige war, der dem Langgesicht im Weg stand. Es war logisch.
Nur, warum drängte es sie dann, laut zu schreien?
»Höchst ärgerlich«, murmelte der Mann und drehte sich wieder zu ihr um. »Vielleicht lohnt es sich ja auch, deine Gedanken mitzunehmen, um herauszufinden, was dich zu solchen Dingen befähigt.« Er schüttelte seine Finger und sprach ein Wort, das Flammen auf seine Handfläche zauberte. »Nun, ich denke, wir gehen Schritt für Schritt vor. Erst der Arm, dann das Hirn.«
»Dread …«, wiederholte sie und betrachtete den Jüngling, der regungslos in einer Salzwasserpfütze lag.
Er hätte sich zurückhalten können, das wusste sie, hätte sich an das Langgesicht heranschleichen und den Mann von hinten niederschlagen können. Wäre sie gestorben, wären seine Gesetze gültig geblieben, er hätte an seinem Unglauben festgehalten. Vielleicht wäre beides sogar bewiesen worden, dachte sie.
Stattdessen hatte er sich gegen das Langgesicht gestellt, trotz seiner Schwäche. Er war gestorben, mit eingenässter Hose und mit dem Gesicht auf gleichgültigen Steinen. Wofür? Um sie zu beschützen? Obwohl er es nicht gewusst hatte, hatte er nur einen Fluch beschützt. Und er hatte keine Ahnung gehabt, dass er ihr nur eine kleine Atempause gewährt hatte, bevor das Langgesicht sich ihr näherte.
Was war der Grund? Wo war die Logik?
Als das Langgesicht jetzt vor ihr stand, mit gefletschten Zähnen und einem Feuerball auf dem Handteller, wusste sie immer noch keine Antwort, war Dreadaeleon immer noch tot.
»Halte mich bitte nicht für unfreundlich, kleines Röschen.« Er streckte
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