Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
hat. Und denk daran, wie leicht ihm das gefallen ist. Er ist nicht zärtlich, nicht sanft. Hör endlich auf, dir einzureden, er wäre es.
Ein eigenartiges Gefühl fuhr durch ihren Körper, gleichzeitig kalt und heiß, wie kühler Wind auf schweißnasser Haut. Sie schüttelte sich. Im nächsten Moment sog sie scharf die Luft ein, als seine Finger die Furchen auf ihrem rechten Ohr ertasteten und behutsam darüberstrichen.
Das ist doch jetzt nicht wirklich dein Ernst! Sie hätte die Worte fast laut geschrien. Das sind deine Ohren! Shictische Ohren, Dummkopf! Er darf sie nicht berühren! Sie sind ... sie sind heilig! Sie sind kostbar ... sie sind ... er ...
»Du lebst«, flüsterte er. Er lächelte, offen und ohne die Bösartigkeit und die Verwirrung, die sie vorher so oft in seinem Lächeln gesehen hatte. »Du bist am Leben ... du bist ...« Sie spürte, wie er plötzlich innehielt, als etwas seine Hand streifte. »Deine Federn.« Er blinzelte, als würde er sich an etwas erinnern. »Du lässt deine Federn niemals zurück.«
»Normalerweise nicht, nein«, antwortete sie. Es fiel ihr leicht, es ihm jetzt zu sagen; die Worte sprudelten nur so über ihre Lippen. »Aber diesmal habe ich ...«
Sie spürte, wie seine Finger ihre Locken packten und hart daran rissen. Ein plötzlicher Schmerz durchzuckte sie, und sie schrie auf.
Danach war es leicht, ihn zu schlagen; sie hämmerte ihm die Faust ans Kinn, und sein Kopf flog zur Seite.
»Du blöder kleiner kou’ru!«, schnarrte sie und fletschte ihre Eckzähne. »Was zum Teufel sollte das?«
Als er den Kopf wieder zu ihr herumdrehte und sich mit der Hand, die noch feucht von ihrem Schweiß war, das Kinn rieb, konnte sie nicht anders, als sein breites, dämliches Grinsen, das seinen Blick begleitete, zu erwidern.
»Ich musste es herausfinden.« Er lachte barsch und heiser, wie ausgedörrt.
»Und du hättest nicht einfach fragen können?«
»Wärst du eine Halluzination gewesen, hättest du ja gesagt.« Er sah sie nachdenklich an, während sein Lächeln sich verstärkte. »Andererseits, wenn du wirklich eine Halluzination wärst, dann wärst du wahrscheinlich...« Sein Blick glitt an ihr herunter, und seine Augen wurden größer. »Du wärst... nackt.« Er rieb sich den Nacken und räusperte sich. »Deshalb ... also nicht, dass ich nicht noch mehr beeindruckende Sachen sagen könnte, aber irgendwie habe ich das Gefühl, ich muss das fragen.« Er deutete mit einem Finger auf ihre Brust. »Warum trägst du das?«
Sie sah auf die Stelle, auf die er deutete, auf das spärliche Stück braunen Fells, das um ihre Brüste gewickelt war. Dann folgte sie seinem Blick weiter hinab zu ihrem nackten Bauch und dem knappen Lendenschurz, der gerade über ihre sandigen hellhäutigen Schenkel reichte.
»Aus demselben Grund«, meinte sie und klopfte auf seine nackte muskulöse Brust, »aus dem du das da trägst.«
Bis zu diesem Moment hätte sie nicht geglaubt, dass Menschen sich so schnell aufrichten oder so rot anlaufen konnten. Er klatschte mit den Händen auf seinem Körper herum, der vollkommen nackt war bis auf ein ganz ähnliches Kleidungsstück wie das ihre, das um seine Hüften geschlungen war. Er schien zu glauben, dass seine Kleidung irgendwie unter seiner Haut verschwunden wäre.
Die Panik ebbte nach ein paar Momenten verzweifelten Tastens ab, und er betrachtete nachdenklich sein neues Kleidungsstück sowie den Verband um seinen Schenkel.
»Also ... Er hob den Blick von seinem Lendenschurz und sah sie an. »Habe ich irgendetwas Amüsantes versäumt?«
»Der Spaß hat erst angefangen, nachdem du wegen deines Blutverlustes das Bewusstsein verloren hast«, erwiderte sie.
»Wie immer«, knurrte er und sah sich um. »Also, wo ist meine Hose? Und wo ist...?« Er riss die Augen auf und suchte
hektisch den Sandboden ab. »Wo ist mein Schwert? Ich hatte es! Ich hatte es direkt ...«
»Das ist ... woanders«, antwortete sie und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Beruhige dich. Deine Hose, jedenfalls was davon übrig war, war dreckig und vollgepisst.«
Lenk blinzelte und sah sie misstrauisch an.
»Wessen Pisse war das?«
»Deine.« Sie zuckte leicht zusammen, als sie seine unübersehbare Erleichterung bemerkte. »Du warst zwar bewusstlos, aber deine anderen... Körperteile haben weiter funktioniert. Nach dem dritten Mal war der Gestank einfach unerträglich.«
»Ich nehme an, das erklärt auch dies hier.« Er berührte seinen Lendenschurz. »Aber warum trägst
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