Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
vornherein sicher ist.« Die Shict lehnte sich seufzend zurück. »Und es war alles sicher, als ich den Wald verlassen habe, um Lenk zu folgen, weißt du? Ich wusste, dass ich dort nicht bleiben konnte, weil ich nicht wusste, was passieren würde. Aber jeder weiß, was ein Affe tun wird. Selbst einer mit silbernem Pelz kämpft einfach nur, schreit, rafft Gold zusammen und versucht sich einzureden, dass er kein Affe ist.«
»Kämpfen, schreien und Gold zusammenraffen ist alles, was wir getan haben, seit wir mit der Gischtbraut in See gestochen
sind«, erklärte Asper. »Genauer gesagt ist das alles, was wir getan haben, seit ich dich getroffen habe.«
»Und warum ergibt das dann jetzt keinen Sinn mehr?« Kataria stöhnte fast, als sie gegen den Rücken der Priesterin sank. »Das hat alles so viel Spaß gemacht, als wir angefangen haben. Aber jetzt sitzen wir nur in Fellen herum und reden, anstatt Leute umzubringen.«
»Und das ist ... schlecht?«, erkundigte sich Asper. »Tut mir leid, ich verstehe dich wirklich nicht.«
»Es ist schlecht«, bestätigte Kataria. »Ich sollte eigentlich weglaufen.«
»Aber du tust es nicht.«
»Und warum tue ich es nicht? Warum läufst du nicht davon, wenn dich dein Gefühl dazu drängt?« Die Shict kratzte sich nachdenklich. »Pflichtbewusstsein?«
Asper musste bei dieser Frage schlucken und fragte sich, ob Kataria ihre Spannung fühlen konnte, als sie sich ihr wie ein eisernes Gewicht auf den Magen legte. Warum ist sie geblieben?, fragte sie sich. Ganz bestimmt nicht, um ihre Freunde zu beschützen. Das ist eher meine Sache. Um zu überleben? Vielleicht, aber warum hat sie sich überhaupt mit ihnen eingelassen? Pflichtgefühl?
Das muss es sein.
Klar, sagte sie sich. Das ist es. Pflichtgefühl dem Heiler gegenüber. Deshalb kämpfst du ... deshalb tötest du. Du machst es ganz bestimmt nicht, weil du einen Arm hast, der Leute tötet, die nicht schnell genug vor dir weglaufen können. Nein, es ist Pflichtgefühl. Sag es ihr. Sag ihr, dass es dein Pflichtgefühl ist, dann wird sie sagen »oh« und weggehen, und dann wird es zwei Leute geben, die sich selbst hassen und keine Antworten haben, und du bist nicht mehr allein damit.
»Ist es dein Gott?« Katarias Frage riss die Priesterin aus ihren Gedanken. »Befiehlt er dir, zu bleiben und zu kämpfen?«
»Nicht direkt«, antwortete Asper zögernd. Sie fühlte sich irgendwie unbehaglich bei dieser Frage. »Er erwartet von
uns, dass wir die Verwundeten heilen und die Verzweifelten trösten. Ein Schlachtfeld bietet dafür reichlich Gelegenheit.«
Ist es das? Bist du hier, um Menschen zu helfen? Ist das der Grund, warum du dich ihnen angeschlossen hast? Aber dann ... warum hast du dann diesen Arm?
»Du hast deinen eigenen Gott, stimmt’s?« Asper stellte die Frage nur, um nicht weiterzugrübeln. »Oder vielmehr eine Göttin.«
»Riffid, ja«, erwiderte Kataria. »Aber Riffid bittet um nichts, Riffid befiehlt nichts, und Riffid gibt nichts. Sie hat die Shict erschaffen und uns Instinkt gegeben, mehr nicht. Wir leben oder sterben mit diesen Instinkten.«
Und was ist mit einem Gott, der dich mit einem Fluch belegt?, fragte sich Asper selbst. Liebt er dich, oder hasst er dich?
»Deshalb haben wir weder Symbole noch Omen noch sonst etwas. Und ich habe auch nie zuvor auf sie geachtet.« Kataria seufzte. »Das war nicht nötig. Mein Instinkt hat mir gesagt, ob ich etwas tun konnte oder nicht. Ich habe nie nach einer anderen Antwort suchen müssen.«
Gibt es denn eine andere Antwort? Was könnte es noch geben? Auf wie viele Arten und Weisen kannst du einen solchen Fluch interpretieren? Auf wie viele Arten kannst du einen Gott bitten, dir zu erklären, warum er dich befähigt hat zu töten, Menschen vollkommen und restlos zu vernichten. Zu deiner Befriedigung?
»Also ... wie machst du es?«
Asper brauchte einen Moment, bis ihr klar wurde, dass Kataria ihr gerade eine Frage gestellt hatte. »Wie mache ich was?«
»Woher weißt du, was passieren soll, wenn es nichts gibt, was dir das sagt?«, erwiderte die Shict.
Wie soll eine gläubige Frau das wissen, wenn ihr Gott es ihr nicht sagt?
»Ich nehme an«, flüsterte Asper leise, »dass man so lange weiter fragen kann, bis irgendjemand antwortet.«
»Genau das versuche ich ja.« Kataria drückte sich gegen
Aspers Rücken, als sie die Frage zwischen den Zähnen hervorpresste. »Aber du antwortest nicht. Was soll ich tun?«
»Wegen deiner Instinkte?«
»Wegen Lenk,
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