Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
wusste, dass er sehr bald zusehen würde, wie es die Erde tränkte.
»Wir wurden im Tod geboren«, fuhr der Echsenmann fort, dem nicht klar war, was der junge Mann sah. »Das Land lebte, als wir es nicht hatten, und war tot, als sie es uns gaben. Hier haben sie gekämpft, die Diener der Götter und die Brut der Abgründigen Mutter. Für uns haben sie hier gekämpft, sagten sie, um uns vor der Sklaverei zu beschützen. Sie haben sich tagelang gegenseitig abgeschlachtet. Als nur
noch einer übrig war, gab er uns dieses sterbende Land und verließ uns. Wir wurden im Tode geboren, wir haben im Tode gelebt, und wir haben im Tode überlebt... Betrogene.«
»Ach, ich weiß ja so gut, wie du dich fühlst«, fauchte Draedaeleon. »Du Ärmster.«
»Wir wurden betrogen.« Togu richtete zornig den Blick seiner schimmernden Augen auf den Jüngling. »Und zwar von allen, die behaupteten, uns zu lieben. Die Diener der Götter gaben uns ein sterbendes Land, die Götter selbst weigerten sich, es zu heilen, und die Menschen...« Seine Stimme verklang in einem Murmeln, als er sich zum Meer herumdrehte. »Wir tun, was wir können, um zu überleben, Vettern. Und ihr werdet uns helfen. Es gefällt mir zwar nicht, aber ich kann euch keine Träne nachweinen. Ihr würdet dasselbe tun.«
»Sie ...«, flüsterte Lenk zischend. »Wo ist sie, Togu?«
»An einem Ort, den ich nicht kennen will.«
»Und die anderen? Wo ist ...«
Die Antwort gab ihm ein lautes Klatschen von Haut auf Haut sowie ein gequältes Stöhnen, das ihm folgte. Lenk gelang es, sich umzudrehen, und er sah einen langen, hageren Körper am Boden, mit gefesselten Händen, regungslos; die Fähigkeit, sich vor Schmerz zu winden, war ihm offenbar aus dem Leib geprügelt worden.
Von wem, wurde ihm klar, als er die massige Gestalt aus purpurnen Muskeln, weißem Haar und grauem Metall sah, die über ihm stand.
»Ich erwartete einen Kampf«, sagte Xhai, während sie mit einem Tritt ihres gepanzerten Stiefels in die Rippen des Mannes ihren Worten Nachdruck verlieh. »Ich erwartete geistreiche Bemerkungen, ich erwartete, dass der Mann, der mich brandmarkte, mehr reden würde.«
»Und ich erwartete, dass ich heute nach Hause segeln würde.« Denaos’ Stimme klang erstickt vor Schmerz. »Mit einer Hose, und ohne dass mir meine Körperflüssigkeiten aus dem Leib geprügelt wurden.« Er räusperte sich, blickte
zu ihr hoch und grinste. »Das«, erklärte er, »war eine geistreiche Bemerkung.«
»Das«, antwortete sie, »ist mein Fuß.«
Die Wucht des Tritts riss ihn von der Erde hoch. Er rollte von ihr weg. Seine Lenden waren blutverschmiert. Der Fluchtversuch, selbst wenn er unbeabsichtigt war, blieb nicht ungestraft; sie ging ihm nach und packte ihn an den Haaren. Sie hob ihn hoch, bis seine Augen sich in der Höhe ihres Halses befanden.
»Das da«, sie deutete auf eine Wunde auf ihrem Schlüsselbein, die immer noch nicht verheilt war, »ist dein Werk. Bevor du kamst, du, ein winziger Schwächling, den ich mit einem Hieb gefällt habe, war ich unberührt von Metall, ungezeichnet.« Sie hob seinen Kopf ein Stück höher, zu ihren gefletschten, spitzen Zähnen. »Sie nannten mich die Narbenlose.«
»Naja, mich werden sie auch nicht mehr Der-kein-Blutpisst nennen«, gab Denaos zurück, »aber ich nehme an, du findest nicht, dass wir damit quitt sind, hm?«
Ihr Handrücken gab ihm eine schallende Antwort.
»Dir ist nicht einmal klar, wie sehr mich das Unnatürliche von alldem beleidigt«, grollte sie. »Ich habe mehr Abschaum, Niederen Abschaum und Niederlinge getötet, als du jemals erfahren wirst, und du, du dreckiges, kleines Stück Rosa, hast mir eine Narbe zugefügt, nachdem ich dich flachgelegt habe.«
»Das«, antwortete er, »ist Ironie.« Er hielt inne. »Warte, nein, es könnte auch einfach nur Zufall sein. Fragen wir Lenk ...«
»NIEMAND«, ihr Schrei ließ ihn verstummen, während sie ihn auf die Füße zerrte, »verletzt eine Carnassia und überlebt.«
»Tja ... wie du siehst, stehe ich hier vor dir.«
»Das tust du nur, weil niemand«, flüsterte sie zischend, »Semnein Xhai verletzt und schnell stirbt.«
Der Blick, der sich auf Denaos richtete, war der einer Niederling,
die offensichtlich daran gewöhnt war, barsche, ausdruckslose Befehle zu erteilen. Jetzt bemühte sie sich vergeblich, das Zittern ihrer Lippen, die zusammengebissenen Zähne zu verbergen. Die Wut brodelte unter ihrer Haut wie ein purpurner Eintopf aus Haut, Knochen und Hass.
Lenk
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