Die Tore zur Unterwelt 2 - Dunkler Ruhm: Roman (German Edition)
Tut mir leid. «
Ihre Schreie verklangen ungehört im erbarmungslosen Himmel, ihr Flehen galt nichts unter dessen endlosem, leerem
Dröhnen. Das Auge wiederholte die Worte, während es sie zu Boden knüppelte und sie in die Dunkelheit prügelte.
»Tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid, tut mir leid ... «
Ihre Augenlider zuckten im Rhythmus des Atems, der heiß und abgestanden auf ihr Gesicht wehte. Sie schmerzten, als sie die Augen öffnete, die von getrockneten Tränen verklebt waren. Das Licht stach auf sie ein, blendete sie.
Sie blinzelte einen Moment, um den Nebel zu vertreiben, der sie umhüllte, und sah zwei dunkle Augen, die von dunklen Kreisen umringt waren. Sie starrten riesige, verzweifelte Löcher in ihren Schädel, während das Lächeln kleiner gelber Zähne ihren fassungslosen Blick zu verhöhnen schien. Sie spürte, wie ledrige Finger sanft eine Locke ihres braunen Haares von ihrer verschwitzten Stirn strichen, mit einer spinnwebzarten Sinnlichkeit.
»Guten Morgen«, begrüßte sie eine raue Stimme.
Der Schrei, der diesen Worten folgte, wurde rasch erstickt.
Eine Hand mit langen Fingern presste sich auf ihren Mund und ertränkte ihren Schrei in einer Wand aus ledernem Fleisch. Eine zweite Hand legte sich unter die erste, und sie spürte einen dicken Daumen, der sanft gegen ihre Gurgel drückte und ebenso rasch wie geschickt ihre Luftröhre suchte.
»Schweigen ist heilig.« Der Unterton der Stimme deutete darauf hin, dass das keine ohnmächtige Hymne war.
Selbst wenn die Stimme keine Drohung enthalten hätte, wurde sie in der Handfläche und den Fingern, die über ihren Hals glitten, furchterregend deutlich. Sie schnappte entsetzt nach Luft. Ihr Herz hämmerte in ihrer Brust, und ihre Augen fürchteten sich, den finsteren, eindringlichen Blick zu erwidern, der sich wie ein Raubvogel auf sie zu stürzen schien.
Sie atmete ein, aus, ein, während das Licht immer weniger stark brannte. Schließlich nahm ein Gesicht um die Augen herum Form an, und sie atmete schneller und zuversichtlicher. Das Lächeln wirkte nicht mehr ganz so bedrohlich, als
sie sich an die Lippen erinnerte, die dazugehörten. Und als ihre Miene Erkennen verriet, glitten die Hände von ihrem Mund und ihrem Hals.
»Nicht, dass ich nicht grundsätzlich begeistert wäre, deine melodische Stimme zu hören«, flüsterte Denaos, »aber nachdem ich sie jetzt ein paar Tage ununterbrochen gehört habe, wird es ein wenig ermüdend.«
»Seit ... seit ein paar Tagen?« Asper hatte das Gefühl, als würde ihre Stimme sich an einer Kehle reiben, die aus ungegerbtem Leder bestand.
»Ein paar Tage, ja«, antwortete Denaos und nickte heftig. »Du hast einen üblen Schlag auf den Kopf bekommen.« Er strich über eine empfindliche Stelle an ihrer Stirn und zuckte im selben Moment wie sie zusammen. »Was nicht weiter überraschend ist. Es ist eine Menge Kleinholz durch die Gegend geflogen. Es war schwer im Auge zu behalten, was?«
»Herumfliegendes ... Holz...« Daran erinnerte sie sich, auch an die Nässe, an das Gefühl zu fallen, langsam, wie Hagel, sie selbst nur ein fleischiger Stein, der durch einen luftlosen blauen Himmel herabsank. Sie riss die Augen auf, als es ihr dämmerte. »Wir wurden angegriffen. Versenkt! Aber ...« Sie spürte den Sand unter sich und roch das Meer um sie herum. »Wo sind wir?«
»Auf einer Insel. Vielleicht in einem Archipel?« Denaos tippte sich nachdenklich ans Kinn. »Auf einer Peninsula, einer Küste, einem Strand, einem Ufer, einem Gestade ... auf der linken Seite eines Isthmus. Ich bin nicht sicher, ich habe die Karte verloren.« Er starrte aufs Meer. »Ich habe alles verloren.«
»Und ... die anderen?«
»Ich habe alles verloren.«
Alles.
Das Wort hallte laut durch ihr Gehirn und in ihrem Körper. Ihr Herz schlug, fühlte sich überraschend leicht an, als würde ein vertrautes Gewicht von ihrer Brust genommen. Sie blickte herab und sah, dass ihre Robe geöffnet war und ein großes
Stück von ihrem Busen zeigte und dazu eine Stelle besonders blasser Haut in der Form eines Vogels, wo ihr Medaillon einst pflichtbewusst gehangen hatte.
Ihr war klar, dass sie darüber höchst alarmiert sein sollte. Sie hatte den Anhänger schon, seit sie in die Priesterschaft aufgenommen worden war. Das Medaillon hatte alles miterlebt, angefangen von ihrer Initiation als Novizin, über ihren Aufstieg zur Akolyte bis hin zu ihrer vollen Aufnahme.
Es hat Taire gesehen, sagte sie sich grimmig. Es hat die
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