Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
schritten hinab, zum Hintergrund der Kammer, wo das Wandgemälde in der Dunkelheit verschwand, die in dem Rest des Raumes von den Fackeln in Schach gehalten wurde. Bis auf ein paar wenige Flecke roter Farbe, die aus der Dämmerung hervorleuchteten.
Sie kniff die Augen zusammen, um sie zu erkennen.
Sind das … Tentakel?
Der Schrei, der durch die Dunkelheit gellte, brachte sie wieder zur Besinnung. Ein unmenschliches Kreischen ertönte aus dem Hintergrund der Höhle, hallte durch ihren Schädel, schallte durch die ganze Kammer. Sie wandte sich ab, schloss die Augen und versuchte instinktiv, sich die Ohren zuzuhalten. Die Ketten schienen sie mit ihrem lauten Rasseln zu verhöhnen, während sie ihre Hände festhielten.
Schließlich endeten die Schreie. Asper öffnete die Augen wieder. Erneut verschlug es ihr den Atem, als sie in zwei Augen blickte, in denen rotes Feuer leuchtete und die kaum eine Elle von ihr entfernt waren.
»Wie konnte das passieren?«, wollte Sheraptus wissen.
Er hielt ihr die verbrannten Brocken auf seiner Handfläche hin. Es musste sich einmal um ein lebendes Wesen gehandelt haben, was Asper aus den angesengten Resten eines Beines mit Gelenken schloss. Alles andere jedoch war nur noch Ruß, Kohle und Asche.
Sie blickte von den Überresten zu ihm hoch. Es war ihr klar, dass sie ihn hätte verfluchen sollen. Vielleicht hätte sie ihm auch ins Gesicht spucken können. Alles jedoch, was sie herausbrachte, während sein Mund sich erwartungsvoll verzog, war nur ein einzelnes Wort.
»Wie?«
»Warum existiert dieses Ding?« Seine Stimme klang auf eine unheimliche Weise nachdenklich, als spräche er zu der verbrannten Hülle und nicht zu ihr. »Es war so klein, dass ich kaum meine Finger bewegen musste, kaum denken musste, und schon …«
Er drehte seine Hand um und ließ die Reste zu Boden fallen.
»Es hat sich einfach in nichts verwandelt«, flüsterte er. »Warum?«
Das Feuer, das in seinen Augen brannte, war nicht hell genug, um das Funkeln in seinem Blick zu überdecken. Es war diese Art aufgeregtes Funkeln in den Augen eines Jungen, bevor er ein neues Spielzeug absichtlich kaputt macht. Es beunruhigte sie, dieses Funkeln zu sehen, auch ohne das bösartige rote Glühen, das sich bemühte, es zu verbergen. Aber sie zwang sich hinzusehen. Sie zwang sich zu sprechen.
»Weil du es getötet hast.«
Er runzelte die Stirn, und das Funkeln wurde schwächer, als hätte er irgendwie auf eine andere Erklärung gehofft.
»Warum?«, fragte er.
Da ihr nichts anderes einfiel, starrte sie ihn einfach nur an.
Ist es das?, fragte sie sich selbst. Ist das dieser Mann, der sich für einen Gott hält? Er weiß nicht einmal, warum er tötet. Er ist kein Gott. Er hat …
»Nichts.«
»Was?«
Ihr war nicht einmal bewusst gewesen, dass ihr dieses Wort entschlüpft war, bis er sie finster ansah. Dann jedoch fiel ihr das Sprechen leicht.
»Du hast es getötet, weil du nichts anderes hast. Du hast es getötet, weil du genau das tust. Du zerstörst. Du fügst Kreaturen Schmerzen zu.« Sie holte bebend Luft. Die Worte strömten aus ihr heraus, waren nicht aufzuhalten. »Denn was auch immer dich geschaffen hat, hat dich nur zu diesem einzigen Zweck geschaffen. Du weißt nicht, warum, und genauso wenig weißt du, wie. Du kennst nichts anderes als Schmerz, und ohne Schmerz bist du nichts.«
Sie fühlte sich nicht besser, als sie das alles hervorgestoßen hatte. Aber es kam ihr notwendig vor, ebenso notwendig wie der tiefe Atemzug, den sie nach ihren Worten tat. Er füllte ihre Lunge mit sauberer Luft, trotz des Rußes, der Hitze und des Leidens um sie herum. Das jedenfalls fühlte sich gut an.
Es hätte sich sicher noch viel besser angefühlt, wenn Sheraptus sie nicht strahlend angelächelt hätte, als er antwortete.
»Genau.«
Sie fuhr zurück. Das Wort traf sie wie ein Schlag. Eben noch hatte sie gedacht, dass er nichts noch Widerlicheres sagen könnte. Er bemerkte ihre Reaktion jedoch nicht, schien Aspers Gegenwart nicht einmal mehr wahrzunehmen, als er sich umdrehte und eine ausholende Handbewegung machte.
»Geschaffen, um zu zerstören, geschaffen, um zu töten … das ist allerdings sinnvoll«, sagte er an niemand Besonderen gewandt, während er begann, langsam in der Höhle im Kreis zu gehen. »Waffen müssen geschmiedet werden. Nethra muss kanalisiert werden. Aber das da?« Er blickte auf den schwarzen rußigen Fleck auf dem Boden. »Welchen Sinn hat etwas so Schwaches?«
Sein Blick glitt zu Nai, die
Weitere Kostenlose Bücher