Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
Vom Netzwerk:
weit schmerzhafter vorgestellt. Er hatte sich immer davor gefürchtet, dass man ihm mit Entsetzen begegnen würde, wenn er so beiläufig über Mord und Blutvergießen und Stimmen in seinem Kopf sprach.
    Aber irgendwie war Mahalars Blick, in dem eifrige Neugier schimmerte, noch viel schlimmer.
    »Wenn du es rufst …«, begann der Älteste der Shen.
    »Du hast nicht zugehört«, unterbrach Lenk ihn.
    »Doch. Ich kann dich jetzt genauso hören, wie ich sie gehört habe. Ich habe gehört, wie sie weinten, und ich habe gehört, wie sie schrien. Aber trotzdem haben sie die Dämonen getötet, wie keine andere Kreatur das vermocht hätte. Ihr Leiden hat noch viel größeres Leiden verhindert. Die Niederlinge kommen hierher, um Ulbecetonth zu befreien und sie dann für ihre eigenen Zwecke zu missbrauchen. Sie sind nicht die Ersten. Und sie werden auch nicht die Letzten sein, es sei denn, du rufst es und tötest sie .«
    »Und dann? Warum können wir Ulbecetonth nicht da lassen, wo ihr sie eingesperrt habt?«
    »Weil wir sie dann immer noch bewachen müssen. Wir müssen immer noch weiter diese Geschichten erzählen. Wir müssen unseren Kindern Faustäxte geben, sobald sie laufen können, und sie lehren zu töten, bevor sie auch nur ein Wort sprechen können.«
    »Also geht es letztlich nur um dein Volk«, meinte Lenk lachend. »Und ich dachte, du wärst irgendein wohlwollender, weiser alter Knacker, der einfach nur die Welt verbessern möchte.«
    »Die Welt kümmert mich nicht. Ich wandle schon lange genug darauf, dass sie mich langweilt, Mensch«, knurrte Mahalar. Staub drang aus seinem Mund. »Mir liegt mein Volk am Herzen. Deshalb will ich es retten.«
    »Wenn du das wolltest, dann würdest du nicht einfach danebenstehen und zulassen, dass man es morgen in den sicheren Tod schickt.«
    »In den sicheren Tod? Nein, Mensch. Wir sind tot geboren. Jedes Kind der Shen wird in dem Wissen erzogen, dass sein Leben den Gelübden gehört, die wir abgelegt haben. Wir sind der Sklaverei unter Ulbecetonth entkommen, um anschließend durch alle Generationen hindurch zu Sklaven gemacht zu werden. Die Gelübde wurden zu Hymnen. Die Shen da unten haben ihr ganzes Leben lang auf den morgigen Tag gewartet, auf den Moment, wo sie töten können, sterben können und von dem hier befreit werden … von alldem.
    Ich würde es vorziehen, wenn sie lebten. Ich möchte, dass sie eine Insel besitzen, die ein Heim ist, kein Schlachtfeld, das auf den nächsten Kampf wartet. Ich möchte, dass sie sich mit anderen Dingen beschäftigen als nur mit Waffen. Und das wird niemals passieren, es sei denn, du …«
    »Das werde ich nicht tun«, unterbrach Lenk ihn. »Das kann ich nicht.«
    Er erhob sich taumelnd, nahm sein Wams auf und zog es sich vorsichtig über den Kopf. Als er wieder sehen konnte, stand Mahalar am Rand der Treppe und blickte über seine Schulter zurück auf den jungen Mann.
    »Mir ist sehr wohl bewusst, was du alles nicht vermagst, Mensch«, sagte der Älteste. »Ich weiß, dass du ohne dieses Etwas nicht überleben kannst. Diese Wunde in deiner Schulter ist nicht das Einzige, was dir Schmerzen bereitet, hab ich recht? All die Qual, die es dir zuvor erspart hat, kehrt jetzt zurück.«
    »Das klingt nicht sonderlich überzeugend«, erwiderte Lenk.
    »Das denke ich mir. Wenn du nicht begreifen willst, dass du ohne die Stimme sterben wirst, dann kann man dich nicht überzeugen. Aber ich war auch im Schlund. Ich habe dich gesehen. Und du weißt, dass Ulbecetonth eines Tages ausbrechen wird. Du weißt, dass sie dann zu dir kommen wird, dem Mörder ihrer Kinder.«
    Der Älteste der Shen drehte sich um und schlurfte die Treppe hinunter.
    »Aber vielleicht hast du ja Glück und stirbst morgen. Dann musst du wenigstens nicht mit ansehen, was geschieht, wenn sie tatsächlich ausbricht.«
    Lenk sah ihm nach. Er beobachtete, wie die Shen die Feuer löschten und ihre Waffen aufnahmen. Er bemerkte, wie die Fische aus dem Himmel flohen, als das erste Licht des Morgens über den Horizont kroch. Er richtete den Blick auf den Wald und fragte sich, wo in diesem Gewirr aus Kelp und Korallen sich Kataria wohl versteckt haben mochte.
    Und er versuchte den Schmerz zu ignorieren, der durch seinen Körper kroch.

27

DIE IDEALE ZEIT
    Der Morgen graute nur zaghaft über Jaga, als scheute er sich, den durch den Wald wabernden Nebel zu stören. Der Nebel wiederum, der die Schwäche des Morgens spürte, tat alles, um das Licht zu ersticken. Das Ergebnis war etwas, das

Weitere Kostenlose Bücher