Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
ihnen hinterließen. Ihre Anzahl war einschüchternd. Kataria hörte auf, sie zu zählen, als sie merkte, dass sie den Shen-Kriegern zahlenmäßig überlegen waren. Das hatte nur bedenklich wenig Zeit gekostet.
Doch in diesem Moment erregte etwas anderes ihre Aufmerksamkeit.
Hinter den mürrischen Bogenschützen und den fauchenden Kriegerinnen marschierte eine weitere Einheit heran, in vollendeter stummer Harmonie. Sie trugen Rüstungen, die sie vollkommen bedeckten und die so schwarz und glänzend waren wie der Panzer eines Mistkäfers, sodass nicht ein einziger Fleck purpurner Haut in dieser Mauer aus schimmerndem Metall zu sehen war. Ihre großen Schilde hatten die Form von Halbmonden. Und die Spitzen ihrer Speere zeigten grausame Haken.
So bestürzend ihr Anblick auch war, die Tatsache, dass sie keinerlei Geräusch von sich gaben, war weit schlimmer. Sie sagten kein einziges Wort und fauchten ihre weniger gepanzerten Gefährtinnen kein einziges Mal an. Die Visiere ihrer Helme ließen keinen Blick auf Augen oder Münder zu, zeigten nicht einmal das Anzeichen eines Gesichtes, während sie in perfekter Marschordnung und völlig synchron über die Straße marschierten.
Niederlinge mit Disziplin.
Beunruhigend.
Und doch wiederum nicht einmal halb so beunruhigend wie das, was ihnen folgte.
Das Ächzen von Metall, das Knarren von Holz und die quietschenden, polternden Räder waren schon unendlich weit im Voraus zu hören. Aber erst als diese Apparatur heranrollte, gezogen von etlichen knurrenden Kriegerinnen, konnte Kataria den Schrecken erkennen, den diese metallische Kakofonie ankündigte.
Es war eine Wurfschleuder, jedenfalls hatte sie gehört, dass man es so nannte. Ein großer Bogen, auf Räder montiert. Sie wusste nicht, wo die Niederlinge so etwas gefunden hatten. Sie war sich nicht einmal sicher, ob es überhaupt eine Schleuder war. Es sah zwar aus wie ein Bogen, doch alles andere war mit Stacheln und Metallplatten bedeckt, die man daran befestigt hatte. Zwei gigantische Arme aus biegsamem Holz waren an den Seiten dieses Apparates festgebunden. Jeder von ihnen endete in einer seltsamen Klaue, die einen spitzen, merkwürdigen Stern aus scharfem, mattem Metall umklammerte.
Sie war sich nicht sicher, ob dieser Apparat tatsächlich funktionierte oder nur einschüchternd aussehen sollte. Das tat er selbstverständlich, aber vor allen Dingen deshalb, weil sie wusste, dass die Niederlinge ein Talent dafür hatten, alles zu Waffen zu verarbeiten. Und zudem vermochten sie alles, was schon eine Waffe war, zu etwas wie … dem da umzubauen.
Wenn das da funktionierte, mussten die Shen unbedingt davon erfahren. Sie betrachtete es, als es vorbeirollte und sich auf der Straße entfernte. Sie versuchte zu erkennen, wie es arbeitete und wo es seine schwachen Stellen haben mochte. Sobald sie hier fertig war, musste sie eiligst zu den Shen zurücklaufen und es ihnen mitteilen. Vielleicht konnten sie diese Apparatur ja zerstören, bevor …
Sie spitzte die Ohren, riss die Augen auf, und ihr Herz schlug etwas langsamer.
Sie konnte nicht erklären, was an ihm es war. Ein Geräusch, zu schwach, um hörbar zu sein, ein Aroma, das man nicht riechen konnte, eine Drohung, die niemals ausgesprochen wurde. Aber sie hörte ihn, fühlte ihn, wusste, dass er kam.
Sie spannte ihren Bogen.
Sie kamen in einer dicht zusammengedrängten Gruppe: weißhaarige Frauen in glänzenden, polierten Rüstungen, die gewaltige Metallklingen auf den Schultern trugen, die sich ein wenig verschämt als Schwerter auszugeben versuchten. Sie waren größer, stärker und weit vernarbter als alle anderen Kriegerinnen, von denen sie umgeben waren.
Carnassiae.
Und Sheraptus marschierte in ihrer Mitte.
Zwei andere Männer flankierten ihn, klein und schlank, mit weißem Haar und roten und purpurnen Roben. Ihre Mienen wirkten arrogant und herablassend. Xhai ritt vor ihm, und sie wirkte mindestens doppelt so bösartig wie die Bestie, auf der sie saß. Doch trotz all ihrer Wut und ihres Hasses und ihrer gefletschten Zähne verblassten sie alle im Vergleich zu der geisterhaften Erscheinung, die zwischen ihnen ritt.
Der Mann war in eine weiße Robe gehüllt, wurde von ihr umhüllt, als versuchte sie die Persönlichkeit zu verdecken, die in ihr steckte. Er lächelte sanft und schien sich sehr behaglich in der Robe zu fühlen, als hätte er ein Recht darauf, die Kleidung von heiligen Männern zu tragen. Es war eine armselige Farce, eine lächerliche
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