Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
stehen.
Man konnte von der Treppe aus den Sand nicht mehr sehen. Der Ring war ein Meer aus purpurner Haut geworden, erleuchtet von Hunderten leerer weißer Augen und grinsenden Fratzen mit spitzen Zähnen.
» KENKI - AI !«
Der Ruf drang aus Shalakes Mund wie ein Trommelschlag und hallte von der Phalanx zurück. Die Shen auf den Stufen zogen Pfeile aus den Köchern und nockten sie in große Bogen aus Holz und Knochen ein. Die Shen auf dem Sand unter ihnen packten ihre Keulen mit beiden Händen, schlugen mit Macheten gegen ihre Schilde aus Schildkrötenpanzern und getrocknetem Leder und duckten sich hinter die Barrikaden aus spitzen Korallen.
Lenks Aufmerksamkeit wurde zum Mittelpunkt der Schlachtreihen gezogen, zu einem unbedeutenden weißen Fleck aus Gischt in dem purpurnen Meer. Selbst aus der Entfernung konnte er diese Gestalt erkennen. Aus dieser Entfernung konnte er sehen, wie Sheraptus dort saß, wie immer noch Rauch von seinen Fingern aufstieg, zu dem blutenden Himmel hinter ihm.
Und von einem sehr nahen Ort konnte Lenk ein Kratzen in seinem Hinterkopf fühlen.
»Töte ihn«, zischte er. »Töte ihn jetzt. Er ist dort, direkt vor euch. Erschieß ihn!«
»Er ist nicht nah genug«, murmelte Jenaji.
»Dann stürmt dorthin und tötet ihn endlich!«
»Wir haben nur dann eine Chance, wenn sie zu uns kommen«, murmelte Mahalar. »Wir warten.«
Lenk begriff, dass dies klug war. Er konnte die Reihen aus Schilden und Schwertern vor sich sehen. Er konnte die Pfeile auf den gespannten Bogen der Niederlinge sehen. Ein Angriff auf diese Phalanx wäre eine kurze, vergebliche Angelegenheit geworden. Und am Ende würde er in einer Pfütze seines eigenen Blutes liegen. Im besten Fall würde er sterben, während er sein Schwert in die Brust einer Niederling bohrte. Aber wahrscheinlich nicht in die von Sheraptus. Es wäre ein sehr widerlicher Selbstmord.
Aber etwas in ihm wollte genau das tun.
»Es ist in etwa das, was wir erwartet haben«, bemerkte Yldus. »Eine kleine Anzahl Feinde in einer befestigten Position. Aber sie haben eigentlich keine Chance. Der Ring endet auf der anderen Seite, was bedeutet, dass wir nur eine begrenzte Anzahl unserer Kriegerinnen dorthin schicken können, damit sie sich nicht gegenseitig tottrampeln.« Er deutete auf die Befestigungen aus bunten Korallen. »Und sie haben diese … diese Dinger aufgebaut, um zu versuchen, uns weiter einzuengen. Sie sind klüger, als wir ihnen zugetraut hätten.«
»Ich nehme doch an, das stellt kein echtes Problem dar«, murmelte Sheraptus, obwohl er nur zerstreut zuhörte. Seine Aufmerksamkeit war nach außen gerichtet, über die Köpfe seiner Kriegerinnen hinweg, über die Dornen der Korallen hinaus auf das ferne Meer. Etwas da draußen zog seinen Blick an, wie ein Jucken ein Kratzen provoziert.
»Es ist jedenfalls nichts, worauf wir nicht vorbereitet wären«, erwiderte Yldus. »Wir können die Befestigungen mit diesem …« Er hielt inne und warf einen Blick auf die Monstrosität aus Metall, Dornen und Holz, die in der Mitte ihrer Schlachtreihen stand. »Wie nanntest du dieses Ding noch einmal?«
Eine Frau, die gerade eine sternförmige Klinge in die biegsamen Holzarme an der Seite der Apparatur lud, hob den Blick und zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Es verschießt Zeug.«
»Zeug. Natürlich.« Yldus seufzte. »Auf jeden Fall sind die Klingen, die wir verfeuern, groß genug, um diese Barrikaden zu zerschmettern. Mit etwas Zeit …«
»Wie viel Zeit?«
»Ein paar Stunden. Wir müssen die Kurzhände und ihre Bogen vorausschicken, damit …«
»Und wie schnell kannst du das bewerkstelligen?«, erkundigte sich Sheraptus und wandte sich zur anderen Seite.
Vashnear sah ihn an und richtete seinen Blick dann auf die Shen, die sich auf der anderen Seite des Rings versammelt hatten. Er zog die Luft durch die Nase.
»Schnell.«
Sheraptus richtete seinen Blick auf Xhai. Die Frau grunzte und wandte sich an ihre nächste Untergebene, eine andere Carnassia, die in die sturmgraue Rüstung ihres Ranges gekleidet war. Die Carnassia schnaubte und blickte durch die dünnen Schlitze ihres eng am Kopf anliegenden Helms, der mit Dornen und scharfen Kanten gespickt war.
»Drei Fäuste«, knurrte Xhai. »Drei Carnassiae. Wer auch immer als Erste vor die Phalanx tritt.« Sie trieb ihre Gefährtin mit einem Tritt ihres eisernen Stiefels in ihre Flanke an. »Los!«
Die Carnassia antwortete mit einem Fauchen und blaffte dann einen Befehl für die
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