Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)
Hand, zischte durch die Luft und sang immer noch metallen, nachdem es getroffen hatte.
Sie sah neben sich zu Boden, wo das Messer einen Moment zitternd im Sand stecken blieb, bis es umkippte und nutzlos im Dreck lag. Sie sah hoch. Er ging zur Tür.
»Vorbeigeworfen«, knurrte er.
»Nein, hast du nicht!«, rief sie ihm nach.
Sie lächelte noch, als er bereits verschwunden war.
Er trat aus der unbehaglich engen Hütte in die schreckliche Außenwelt. Das helle Sonnenlicht, der warme Wind, die unerträglich frische Luft, das alles traf ihn mit einer solchen Wucht, dass ihm der Kopf wehtat.
Möglicherweise lag es aber auch an der Faust, mit der er gegen seine Schläfe hämmerte.
»Was war das?« Er schlug sich gegen den Kopf, versuchte die Antwort aus sich herauszuprügeln. »Was ist da gerade passiert?«
Keine Ahnung. Sein Gewissen antwortete, abgehackt, zusammenhanglos. Was hat sie da gemacht? Gedankenspielchen? Hirnmagie? Was war das? Das war … was?
Sein Kopf schmerzte. Der Wind steigerte sich zu einem schrillen, pfeifenden Heulen. Der Geruch des Meeres war überwältigend und trocknete seine Nasenlöcher aus. Ihm war schwindlig und übel. Es fiel ihm schwer zu denken.
Natürlich ist das schwierig. Du hattest nichts mehr zu trinken seit … seit …
»Das kann nicht gesund sein«, flüsterte er. »Wo habe ich meinen Schnaps gelassen? Da drin?«
Geh nicht wieder rein, Dummkopf! Sie ist immer noch da drin! Du kannst es nicht ertragen, sie auch nur anzusehen.
»Was dann? Soll ich sie umbringen?«
Er warf einen Blick auf sein Handgelenk, betrachtete den dicken Lederhandschuh. Er spürte die Klinge, die sich unter dem dicken Leder verbarg, die gespannte Feder, wartend. Nur ein Zucken, dachte er, dann schnellt sie singend hervor, mit einem kurzen, abgehackten Lied, das in einer roten Note endet.
Hast du bereits vergessen, wer da drin ist?
Das Bild ihres Lächelns zuckte durch seinen Verstand. Es war zu breit, zu erregt, zu wenig hasserfüllt. Sie hätte ihn hassen müssen. Sie hätte fluchen sollen. Sie sollte nicht lächeln, und diese ganze Angelegenheit sollte auch nicht so schwierig sein.
Sie sollte ganz und gar nicht schwierig sein. Sie ist eine Frau … jedenfalls theoretisch. Du wirst noch alles vermasseln! Was sonst kannst du denn wirklich gut?
»Töten.«
NEIN ! Frauen! Frauen sind ein Leichtes für dich! Normalerweise wird nichts in Gegenwart von Frauen schwieriger für dich!
Er kicherte unwillkürlich. »Das ist komisch.«
Ja, ich hab’s kapiert. Merk dir das für später, und jetzt HÖR ENDLICH AUF , MIT DIR SELBST ZU REDEN !
Eine vernünftige Idee für einen vernünftigen Mann, für die Art Mann, die er sein sollte. Ein vernünftiger Mann wäre in der Lage, das Problem zu erkennen. Das Problem, dass Schnaps nur Gedanken besänftigte, die er eigentlich nicht mit Trinken ersticken sollte; dass es nur eine vernünftige Haltung gab, nämlich sich diesen Gedanken zu stellen, die ihn quälten, die immer wieder zurückkehrten, wenn eine Frau ihn so anlächelte, wenn eine Frau ihm auf eine Weise entgegentrat, wie es schon einmal eine getan hatte.
Vernünftig. Denaos war ein vernünftiger Mann, ohne Haltung oder Schnaps, woran er sich hätte halten können. Also flüchtete er sich in Schuldzuweisungen.
Frauen, sagte er sich. Es sind die Frauen, die diesen Ärger verursachen.
Wahrscheinlich dürfte es eher an deinem ständigen Saufen liegen, antwortete sein Gewissen.
Nein. Er war nicht bereit, sich dem zu stellen.
Es war diese Frau, die Priesterin, die beinahe gestorben wäre. Sie hatte das alles ausgelöst. Er hatte neben ihr gestanden, ihretwegen geweint, wie er es schon einmal getan hatte. Das wiederum führte zu den Erinnerungen, zu den Wahnvorstellungen, wie er sie schon einmal gehabt hatte. Die zum Saufen führten, was seinerseits nach Teji führte, dann zu den Niederlingen und zwangsläufig zu Xhai, was zu ihrem Lächeln führte, dem strahlenden Lächeln, das ihn nicht hasste oder auch nur milde verachtete, sondern ihm sagte, dass er ein guter Mensch war.
Ein Lächeln, wie er es schon zuvor gesehen hatte.
Das ist es, weißt du das nicht?, flüsterte sein Gewissen. Das ist ein Zeichen. Das ist ein Omen von Silf.
»Nein, noch nicht.«
Du stinkst schon wie ein Säufer. Du bist seit heute Morgen betrunken und denkst trotzdem ständig daran.
»Es ist obszön und unhöflich, dieses Thema ausgerechnet jetzt zur Sprache zu bringen. Ich habe noch lange nicht genug …«
Es wird nie genug
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