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Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition)

Titel: Die Tore zur Unterwelt 3 - Verräterische Freunde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Sykes
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auch, was dir passiert ist, und ich weiß, was mit dir jetzt passiert.«
    »Und warum tust du dann nichts?«
    »Weil ich es früher schon erlebt habe.« Er presste die Hände gegen seinen Kopf. »Ich weiß, warum du dich mir an den Hals geworfen hast, weil ich es früher schon gesehen habe. Ich habe Frauen gesehen, Kinder, Menschen, die innerlich so zerrissen waren wie du. Ich habe Menschen gesehen, die schlimme Dinge mit sich herumgetragen haben und glaubten, sie bräuchten einfach nur irgendjemandem in die Arme zu sinken, ganz gleich wem, einfach nur, um davon zu erzählen. Aber es kann eben nicht irgendjemand sein, Asper, und ganz bestimmt kann ich es nicht sein.«
    Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Es gab eine ganze Menge, was sie ihm erzählen konnte, und sehr viel, was er ihr hätte erzählen müssen. Dabei wusste er nicht einmal, was. Und wie sollte ein Mann einer Frau erzählen, dass er bereits gesehen hatte, was Frauen taten, nachdem sie geschändet worden waren, weil er dabei zugesehen hatte, wie es geschah? Das überstieg seinen Horizont. Er unterließ es, ihr das zu sagen. Das war, dachte er, zumindest einen Hauch besser als eine Lüge.
    »Ich bin kein guter Mann. Ich bin nicht das, was du brauchst.«
    Sie starrte ihn einen Moment an. Er sah den Schlag nicht kommen. Erst nachdem sie ihn getroffen hatte, nachdem er zurückgetaumelt war, räumte er ein, dass sie möglicherweise ihre Mimik doch besser beherrschte, als er angenommen hatte.
    »Niemand sagt mir, was ich brauche!«, fauchte sie. »Und ganz gewiss kein Mann, der Feigheit hinter noch mehr Feigheit verbirgt.«
    Dann ging sie zügig und schweigend davon und ließ ihn mit seinem Gewissen allein.
    Hätte besser laufen können.
    Stimmt, gab er zu.
    Sie hätte dich vielleicht nicht so hart geschlagen, wenn du wirklich mit ihr geredet hättest, meinst du nicht?
    Klingt ziemlich anstrengend.
    Gutes Argument. Möchtest du einen Schluck?
    Er wollte einen, ja. Er brauchte einen, ganz sicher. Im Augenblick brauchte er sehr viele Dinge. Und das wichtigste davon wurde deutlich, als er sich umdrehte, zurücksah zu den fernen Hütten und der Gestalt dazwischen.
    Bralston stand da, für jeden sichtbar, unerschütterlich und unerschrocken. Ein Bibliothekar brauchte sich nicht zu verstecken. Und dieser Bibliothekar machte sich besonders wenig Mühe, etwas zu verbergen. Nicht einmal den starren Blick, mit dem er Denaos fixierte.
    Denaos bemühte sich ebenfalls nicht, seinen Blick zu verbergen. Als sich ihre Blicke trafen, in jenem kurzen Moment, bevor Denaos sich umdrehte und in den Wald ging, wurde kurzer Prozess gemacht. Anklage, Geständnis, Urteil, alles in der Spanne eines Lidschlages.
    Dann wusste Denaos, was er sehr dringend benötigte. Das Gefühl von dickem Leder an seinem Handgelenk, das Geräusch von knirschenden Schritten im Sand, die ihm in den Wald folgten, sagten es ihm.
    Wenigstens würde diese Geschichte einfacher ablaufen.

4

DER TOTE VERSTAND
    Sie trieb dahin, auf einer Strömung, die ihr zu gehorchen schien, ohne dass sie auch nur ein Wort sagte. Auch wenn die Zahl der Fische abgenommen hatte. Jetzt schwammen keine bunten Schwärme, sondern nur noch vereinzelte Fische über Korallen hinweg, deren Teppich allmählich löchriger wurde und unfruchtbarem Boden unter Lenks Füßen wich, die immer noch an den sandigen Meeresboden gefesselt zu sein schienen.
    Ganz gleich, wie stark er sein Tempo veränderte und wie er zwischen den Korallenskeletten manövrierte, sie blieb stets über ihm. Ihr Schatten war kälter, als er erwartet hatte.
    »Du sagst ja gar nichts«, meinte er.
    Sie schien trotz seiner scharfsinnigen Beobachtung keine Neigung zu verspüren, diesen Umstand zu ändern.
    »Wenn du nicht sprichst, erscheint mir das alles hier noch verrückter«, fuhr Lenk fort und hob verzweifelt die Hände. »Weil ich jetzt nämlich selbst anfangen muss, überall nach einer Bedeutung zu suchen.«
    Er ließ seinen Blick über den Meeresboden gleiten. Die Korallen waren mittlerweile vollkommen verschwunden und besonders hartnäckigen Felsformationen gewichen. Der einzige Fisch in seiner Nähe war eine einsame, irgendwie zerzauste Kreatur, die entfernt wie eine aufgeschwemmte Axtklinge aussah – wenn aufgeschwemmte Axtklingen denn in der Lage wären, im Meer herumzuschwimmen. Alles an dieser Kreatur deutete darauf hin, dass sie eigentlich kein Recht hatte zu existieren und dass sie sich dieser Tatsache auch sehr deutlich bewusst war. Denn sie schwamm

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