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Die Tortenbäckerin

Die Tortenbäckerin

Titel: Die Tortenbäckerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Janson
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fand sie den Mut, zu sprechen. Stockend erzählte sie von dem Tag, an dem sie die Nachricht vom Tod ihres Vaters erhalten hatte. Sie berichtete, wie sie auf der Suche nach Christoph seinem ältesten Bruder Friedrich in die Hände gefallen war und wie geschehen war, was niemals hätte geschehen dürfen. Mathilde stöhnte laut auf, sagte aber nichts. Greta erzählte, wie Christoph ihr während der Schwangerschaft geholfen hatte, wie sie selbst krank geworden war und schließlich Leni bei einer Bauernfamilie in den Vierlanden zur Welt gebracht hatte. Ihre süße, kleine, geliebte, blinde Tochter, die nun bei den Krögers in Barmbeck ein elendes Leben führte.
    Als sie geendet hatte, sah sie, dass Mathilde die Hände vor die Augen geschlagen hatte. Dicke Tränen quollen zwischen ihren Fingern hervor.
    Greta begann zu zittern. Wenn Mathilde sich nun von ihr abwenden würde, sie wusste, sie würde das nicht überleben. Auch noch Mathilde zu verlieren, ginge einfach über ihre Kräfte.
    Â»Ich bin so dumm gewesen«, sagte Mathilde unter heftigem Schluchzen. »So dumm, dass ich nichts bemerkt habe. Natürlich habe ich gesehen, dass du um unseren Fritz getrauert hast, mehr als wir anderen, denn du hast deinen Vater so sehr geliebt. Aber all das andere … Grundgütiger, Deern, wie konntest du dieses Geheimnis all die Jahre für dich behalten? Warum hast du mir nur nichts gesagt? Hast du so wenig Vertrauen zu mir?«
    Â»Tante, ich …«
    Siggo, der noch immer zu ihren Füßen gesessen hatte, stand jetzt auf und zog Greta hoch. Dann schob er sie sanft zu Mathilde hin. Mehr Aufforderung brauchten die beiden Frauen nicht. Sie fielen sich in die Arme und weinten gemeinsam.

    Keiner der drei Erwachsenen bemerkte, dass Oliver längst aus seinem unruhigen Schlaf aufgewacht war und aufmerksam gelauscht hatte.
    Er konnte kaum glauben, was er da hörte. Ein kleines Mädchen, fünf Jahre alt, blind, das bei bösen Leuten leben musste. Oliver zog die Decke weit über seinen Kopf, damit niemand das zornige Funkeln in seinen Augen bemerkte. Krögers hießen die Leute? Gut, jetzt musste er nur noch herausfinden, wie er dahin kam.
    Im nächsten Moment sagte Siggo: »Gleich morgen fahre ich wieder nach Barmbeck und schau nach dem Rechten. Und Kröger kann was erleben, wenn es Leni nicht gutgeht.«
    Oliver nickte zufrieden. Sein erstes Problem war gelöst.Er brauchte sich nur unter dem Sitz in der Kutsche verstecken. Alles Weitere würde sich finden. Greta, Mathilde und Siggo waren ihm die liebsten Menschen, die er hatte. Sie hatten ihm geholfen, sie hatten ihm das Leben gerettet. Nun wollte er etwas für sie tun. Greta sollte nicht länger traurig sein. Er, Oliver Kuhn, würde ihrer kleinen Tochter helfen.

22
    C liver schob sich, so weit er konnte, unter den Sitz des Einspänners und wartete ungeduldig. Es war verdammt eng, und er wusste, ihm würden alle Muskeln eingeschlafen sein, bevor sie auch nur die Hälfte des Weges geschafft hatten. Mühsam unterdrückte er einen Fluch. Er hatte gehofft, Siggo würde die Fahrt nach Barmbeck mit einem Auftrag verbinden und den Pritschenwagen nehmen. Hinter dicken Fässern mit eingelegten Heringen, großen Stoffballen oder schweren Salzsäcken hätte sich Oliver viel leichter verbergen können. Darin hatte er schließlich Erfahrung. Aber Siggo hatte Max vor die leichte Kutsche gespannt und war dann nur noch einmal kurz hoch in die Wohnung gelaufen. Oliver war kaum Zeit geblieben, sich in sein Versteck zu quetschen.
    Wenig später donnerten Siggos schwere Stiefel wieder die Treppe herunter. Er legte etwas auf den Kutschensitz, das eindeutig nach Kuchen duftete. Oliver hielt den Atem an, aber zum Glück merkte der Fuhrunternehmer nichts von seinem blinden Passagier. Schon ging die flotte Fahrt über das Kopfsteinpflaster los, und Oliver wurde heftig durchgerüttelt. Ein paarmal stieß er sich schmerzhaft den Kopf, aber er biss die Zähne zusammen und unterdrückte tapfer jeden Schrei.
    Erst als er spürte, dass sie sich der Grenze nachHamburg näherten, bekam er es mit der Angst zu tun. Was, wenn die Grenzposten es heute besonders gründlich nahmen? Er hatte es schon erlebt, wie Fuhren auf der Suche nach Schmuggelware ausgiebig durchsucht wurden. Einmal hatten die Männer dabei seinen Freund Paul erwischt, und der war nur ganz knapp entkommen. Oliver

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