Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
besser.
Nicht, dass ich eine Verbindung mit Sven jemals ernsthaft in Erwägung gezogen hätte, aber spätestens bei diesem Treffen wären meine Alarmsirenen angegangen. Als Frau an seiner Seite konnte man da nämlich nur hoffen, dass Mama ihm nicht auch noch regelmäßig die Socken bügelte und die Fußnägel schnitt. Kein Wunder, dass er geschieden war. Wahrscheinlich hatte seine Frau die Hölle auf Erden gehabt und hatte sich ständig sein Genörgel anhören müssen, dass Mama aber die Wohnzimmergardinen alle zwei Wochen wusch und nicht nur zwei Mal im Jahr.
Beim Kaffee nach dem Essen beschloss ich, ihm die Wahrheit zu sagen, und zwar klar und schonungslos, denn er hatte wieder angefangen, von den Models zu erzählen. Das war nicht der alleinige Grund – schon sein Anblick beim Essen hätte ausgereicht. Oder die selbstzufriedene Art, wie er seine fette Zigarre rauchte und mir den Qualm ins Gesicht blies.
»Sven, ich habe dir etwas zu sagen«, unterbrach ich seine Schwärmerei vom Dorffest.
Seinem Enthusiasmus nach zu urteilen, mit dem er die Geschichte ausschmückte, schien es der bisherige Höhepunkt seines Lebens gewesen zu sein, den Models einen Drink spendieren zu dürfen. Seine Belohnung dürfte allenfalls aus einem hochnäsigen Nicken bestanden haben, aber auch das hatte seinen magischen Moment nicht zerstört.
Er sah mich neugierig und erwartungsvoll an. Hoffte er, ich würde ihm meine Liebe gestehen? Er tat mir ein bisschen leid, aber ich gab mir einen Ruck.
»Sven, das mit uns beiden … das wird nichts.«
Sein Gesicht veränderte sich, und er sagte bestürzt: »Aber ich dachte, wir verstehen uns gut!«
»Das reicht nicht. Mir nicht, und dir sollte es auch nicht reichen.«
Er runzelte die Stirn und dachte nach. »Ich kann dir einiges bieten, Helene. Wir können ein gutes Leben haben, und du bist jung genug für Kinder.«
Na, danke schön. Immerhin eierte er nicht um den Kern der Sache herum.
»Sven, eine Ehe ist kein Geschäft. Jedenfalls nicht für mich. Ich liebe dich nicht, und du liebst mich doch auch nicht.«
»Doch, das tue ich!«, begehrte er auf.
»Quatsch. Wenn du das tätest, würdest du nicht ständig von den Models reden. Denk doch mal nach! Glaubst du ernsthaft, ich will mich bei einem Date mit dir über andere Frauen unterhalten, die du scharf findest?«
Er guckte schuldbewusst aus der Wäsche, und ich setzte sofort nach: »Dir gefällt die Idee, verheiratet und umsorgt zu sein. Ich kann kochen und gut backen, und das reicht dir. Ich glaube dir, dass du mich nett findest. Aber willst du nicht auch mehr? Stell dir vor, wir heiraten, und dann verliebst du dich. So richtig. Dann hast du mich an der Backe.«
»Wir können lernen, uns zu lieben«, murrte er bockig. Seine Zigarre hing erloschen zwischen seinen Fingern. »Das kann funktionieren. Ich kann dir ein finanziell sorgenfreies Leben bieten. Du müsstest nicht mehr arbeiten. Die Frau von Sven Janssen geht nicht arbeiten.«
Danke, Sven, jubilierte ich innerlich. Ich hatte schon überlegt, ob ich ihm sagen sollte, ich hätte mich in Marie verliebt, um ihn endgültig in die Flucht zu schlagen, aber jetzt hatte er mir die perfekte Vorlage geliefert.
»Ich werde keinesfalls aufhören zu arbeiten«, sagte ich streng. »Meine Eltern und ich planen gerade unsere gemeinsame Zukunft mit der Konditorei, und das ist mir wichtiger als alles andere.«
Sven war anzusehen, dass für ihn der Plan, mich zu heiraten, in diesem Moment Geschichte war. Der optimale Moment für mich, zur entscheidenden Blutgrätsche anzusetzen. »Ich entscheide mich für die Karriere!«, deklamierte ich theatralisch.
»Und gegen die Liebe«, murmelte Sven düster, und ich nickte mit niedergeschlagenen Lidern.
Sven war von der Bedeutungsschwere dieses Augenblicks tief ergriffen und schluckte. Für ihn waren wir jetzt tragisch Liebende, die wegen der widrigen Situation nicht zueinander kommen konnten.
Er griff nach meiner Hand und hauchte: »Tapfere, tapfere Helene. Ich respektiere deine Entscheidung, auch wenn es mir schwerfällt.«
Ich bin nicht stolz darauf, aber ich tanzte innerlich auf einem Bein vor Freude, den tumben Sohn von Dick und Doof auf denkbar elegante Art und Weise in die Flucht geschlagen zu haben.
Mein Leben war also völlig männerfrei. Sven ließ mich in Ruhe, auch von Patrick hatte ich nichts mehr gehört. Und Leon … Leon wurde immer unwirklicher. Je mehr Zeit verging, desto komischer fand ich die Szene mit ihm und Oksana. War das
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