Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
nicht, dass es allmählich reicht?«
»Ich möchte noch ein Bild von der echten Helene machen. Wir hatten die hoheitsvolle Tortenkönigin, und jetzt hätte ich gern Helene, die Bäckerin«, sagte er ernst, und ich verstand sofort, was er meinte.
»Ich brauche deine Hilfe beim Reißverschluss«, sagte ich, und er kam mit in die Garderobe, wartete, bis ich den zweiten Rock abgelegt hatte, und zog ihn herunter. Das leise Ratschen verursachte mir eine Gänsehaut, und ich wäre vor Schreck fast in die Höhe gesprungen, als ich überraschend Patricks Lippen auf meinem Nacken spürte. Er zog sich allerdings sofort zurück, und ich hörte, dass er den Raum verließ.
Ich stieg aus dem Kleid, hängte es auf den Bügel und zog meine Sachen wieder an. Mein Anblick im Spiegel brachte mich zum Lachen, denn mein Kopf mit der Hochsteckfrisur, dem dramatischen Make-up und den glitzernden, fast schulterlangen Ohrgehängen passte nun wirklich nicht mehr zu den Jeans und dem Ringelshirt. Ich fand einen Tiegel mit Abschminktüchern und wischte mir alles aus dem Gesicht. Die Ohrringe kamen zurück in die Schatulle, die ich wieder im Schrankkoffer verstaute. Zu guter Letzt entfernte ich die Seidenblumen und die vielen Klämmerchen aus meinem Haar, griff mit beiden Händen hinein und lockerte es auf.
Als ich zurückkam, sagte Patrick: »Genauso sieht Helene aus, und nicht anders. Weißt du, dass du ungeschminkt viel schöner bist?«
»Christin wird begeistert sein, wenn sie das erfährt. Und auch ich danke dir für dieses Kompliment.«
»Versteh mich nicht falsch – du hast unglaublich ausgesehen. Nicht, dass mich das überrascht hätte. Aber natürliche Schönheit finde ich persönlich wesentlich attraktiver. Selbst völlig ungeschminkt hast du ein ausdrucksstarkes Gesicht.«
Er nahm die Kamera hoch und begann zu knipsen, erst Bilder von mir neben dem Tisch, dann kam er immer näher und machte schließlich Nahaufnahmen von meinem Gesicht.
»Ich bin so froh, dass wir uns getroffen haben, Helene«, murmelte er, während er immer weiter abdrückte, »du bist so anders, so besonders und ungekünstelt, du lebst richtig, während die Leute um mich herum den ganzen Tag nur Rollen spielen, das ödet mich so an …«
Klick, klick, klick.
Und warum bist du dann mit Chantal zusammen?, hätte ich ihn am liebsten gefragt, aber ich sagte nichts. Ich wollte diesen Moment nicht zerstören. Plötzlich wurde mir bewusst, dass dies vielleicht die letzten Minuten waren, die wir ungestört miteinander verbringen konnten. Morgen würde es hier vor Menschen nur so wimmeln, und womöglich hätten wir nicht einmal die Gelegenheit, uns voneinander zu verabschieden.
Meine Augen füllten sich mit Tränen, denn diese Erkenntnis hatte mich plötzlich und mit Wucht getroffen. Patrick legte die Kamera weg und strich mir das Haar aus dem Gesicht.
»Warum weinst du?«, flüsterte er.
»Weil ich dich vermissen werde«, sagte ich und trat einen Schritt zurück.
Er schüttelte vehement den Kopf. »Wir werden uns wiedersehen. Ganz sicher.«
»Du hast eine Freundin.«
Er runzelte die Stirn. »So oder so, ich werde mich von ihr trennen. Nicht deinetwegen. Ich denke schon länger darüber nach.«
»Patrick, ganz ehrlich, das alles will ich überhaupt nicht wissen. Du bist nicht frei, und damit ist das Thema erledigt. Ich mag dich sehr, aber …«
»Aber?«
Ich seufzte. »Es geht einfach nicht.«
»Wegen dieses Kerls, den wir mit Oksana erwischt haben?«, sagte er heftig, und ich fragte mich, in welche Richtung dieses Gespräch gerade steuerte.
»Leon? Sicher nicht.«
»Er nannte dich seine Braut. Und du bist doch erst seit ein paar Monaten wieder hier, oder?«
»Leon ist Vergangenheit. Eine Versöhnung mit ihm kommt für mich unter keinen Umständen infrage.«
Er atmete tief aus. »Du ahnst nicht, wie sehr es mich erleichtert, das zu hören.«
Er sah mich an und ich sah ihn an, und plötzlich küssten wir uns. Nach endlosen Minuten lösten wir uns voneinander.
»Ich gehe jetzt«, sagte ich, und Patrick griff nach meinen Händen.
»Helene, du musst wissen …«
Weiter kam er nicht.
»Dass ich schwanger bin und du Vater wirst«, sagte eine kalte Stimme, die ausnahmsweise mal überhaupt nicht quengelte.
Wir fuhren herum. Chantal stand in der Tür und funkelte mich hasserfüllt an. »Lass deine fetten Finger von meinem Mann«, zischte sie und ging drohend ein paar Schritte auf mich zu.
Das war genug. Nicht noch einmal dasselbe, das würde ich nicht
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