Die Tortenkönigin: Roman (German Edition)
doll in deinem geliebten Paris.«
»Sieh an, die First Lady von Middelswarfen. Haben Ihro Gnaden heute Morgen keine repräsentativen Pflichten?«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Wieso? Ich begrüße dich doch gerade im Namen meines Gatten in unserem wunderschönen Ort.«
»Wenn du War wohl nicht so doll in deinem geliebten Paris für eine angemessene Begrüßung hältst, dürften deine Triumphe auf dem diplomatischen Parkett an einer Hand abzuzählen sein, meine Liebe.«
Ich biss in mein Rosinenbrötchen.
Eins zu null für mich.
Aber Susanne schüttelte nur den Kopf und sagte: »Du hast ja eine ziemlich große Klappe dafür, dass du so klein mit Hut wieder nach Hause gekrochen kommst.«
Mit Daumen und Zeigefinger demonstrierte sie mir, wie klein mit Hut ich ihrer Ansicht nach zu sein hätte.
»Danke für deine Anteilnahme«, schoss ich zurück, »ich wette, Lutz und du, ihr habt euch die halbe Nacht die Mäuler über mich zerrissen. Tja, Tratsch und Schadenfreude sind der Sex der Überheblichen, schätze ich mal.«
Zwei zu null.
»Du hast es gerade nötig, über Lutz und mich herzuziehen«, keifte sie los, »wir leben immerhin noch in einer intakten Beziehung, was man von dir ja wohl nicht behaupten kann. Wir haben es dir ja gleich gesagt, aber du wolltest ja nicht hören.«
»Großer Gott, redest du jetzt im Pluralis majestatis, oder meinst du mit wir Mr. President und dich?«
»Neidisch, weil es Mr. Popstar und dich nicht mehr gibt?«
Anschlusstreffer. Zwei zu eins.
Ich würdigte sie keiner Antwort, sondern mampfte stur mein Brötchen.
»Aber deinen Appetit hast du offenbar nicht verloren«, setzte sie noch eins drauf. »Vielleicht hat sich dein Singvögelchen ja eine Frau gewünscht, die nicht frisst wie ein Scheunendrescher.«
Das ging unter die Gürtellinie.
Ohne nachzudenken, warf ich ihr den Rest meines Brötchens an den Kopf. Es prallte von ihrer Stirn ab und fiel zwischen uns auf den Tisch.
Susanne sprang auf und zeterte: »Wie kannst du es wagen? Das wirst du büßen!«
»Was willst du machen – mich zum Duell im Morgengrauen fordern? Würde ja passen – du quatscht ja schon so geschwollen rum wie in einem alten Kostümfilm. Wie kannst du es wagen – lächerlich! Vielleicht solltest du deinen pathetischen, dürren Arsch mal pronto hier rausschaffen und mich in Ruhe lassen, sonst garantiere ich für nichts«, keifte ich zurück.
Sie schnappte nach Luft und rauschte aus der Küche – keine Sekunde zu früh, wenn man mich fragen würde.
Der Frieden währte nicht lange, denn kaum eine Minute später kam meine Mutter durch die Tür geschossen und baute sich vor mir auf.
»Susanne sagt, du hast ihr Schläge angedroht, stimmt das?«
Ich verdrehte die Augen. »Hat sie das gesagt?«
»Sie hat gesagt, du hättest sie angegriffen.«
Ich deutete auf den Rest Rosinenbrötchen, der noch immer auf der Tischplatte lag.
»Damit habe ich sie angegriffen. Vermutlich rennt sie jetzt zum Arzt und lässt sich eine Gehirnerschütterung attestieren. Die spinnt doch.«
»Ich will hier kein Theater, hörst du? Man hat euer Gezänk bis in den Laden gehört, so eine Blamage! Wenn ihr euch nicht vertragt … Was habe ich bloß falsch gemacht?«
Großer Gott, nicht diese alte Leier.
»Du hast überhaupt nichts falsch gemacht«, lenkte ich ein. »Du weißt doch, dass wir uns immer streiten.«
»Ich begreife einfach nicht, dass ich zwei derart verschiedene Töchter …«, murmelte sie kopfschüttelnd und fügte laut hinzu: »Wenn du mit Frühstücken fertig bist, kannst du deinen Vater fragen, ob du ihm helfen sollst. Falls nicht, kannst du für heute Feierabend machen.«
»Ist gut«, sagte ich, aber sie hatte die Küche schon wieder verlassen.
Zwei derart verschiedene Töchter … ich wusste genau, was sie damit meinte. Einmal Susanne, pardon: Frau Bürgermeister, die in soliden Verhältnissen lebte, gut verheiratet war, einiges Ansehen in der Gegend genoss – und die eigentlich nur eine jüngere Version meiner Mutter war. Beide waren schlank, blond und spießig.
Einziger Wermutstropfen: Dass Susanne und Lutz noch keine Kinder hatten, machte meine Mutter langsam nervös, denn Enkelkinder waren ihr sehnlichster Wunsch.
Daneben stand ich: ohne Arbeit, ohne Mann, ohne Perspektive. Keine Schwierigkeit, sich auszurechnen, wer die Lieblingstochter meiner Mutter war.
KAPITEL 15
Mein Vater – so sagte er zumindest – brauchte meine Hilfe nicht. Vielleicht war es ihm auch einfach noch zu früh,
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