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Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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trennen. Und genauso klar war, dass Ulla sich dann nicht auf eine weitere – und vor allem nicht auf eine so komplizierte – Beziehung einlassen würde. Der Verdacht, dass Björn von Ulla zurückgewiesen wurde, ist also nicht ganz abwegig.«
    »Können Sie sich vorstellen, dass Björn auf eine solche Zurückweisung derart gewalttätig reagiert?«
    Dr. Baron zuckte die Schultern und antwortete nicht.
    »Noch etwas: Es ist nicht auszuschließen, dass Björn das Geld für Saskias Operation seiner Stiefmutter gestohlen hat. Nach deren Ermordung.«
    Dr. Baron sah überrascht auf. »Sie meinen Raubmord?«
    Erik nickte. »Allerdings spricht das Geld doch eigentlich dagegen, dass Ulla ihn zurückwies. Wenn sie die Beziehung beenden wollte, dann hätte sie damit sicherlich gewartet, bis die Operation stattgefunden hat. Sie musste doch sichergehen, dass ihr das Geld blieb. Sie hätte sich Björns Loyalität so lange gesichert, bis Saskia operiert war.«
    Dr. Baron nickte langsam. »Stimmt, Ulla war eine kühle Denkerin.« Er betrachtete Erik jetzt aufmerksam. »Aber Sie sind nicht sicher, dass das Geld von Björns Stiefmutter stammt?«
    Erik schüttelte den Kopf. »Der Dieb muss gewusst haben, wo das Geld ist. Das spricht gegen Björn. Er kann sich in diesem Haus nicht gut ausgekannt haben. Es war in einem mustergültigen Zustand. Ungewöhnlich aufgeräumt und ordentlich.«
    »Tja …« Dr. Baron sah unruhig zur Tür, hinter der zwei Kinderstimmen darüber berieten, ob man den Papa nun stören dürfe oder nicht.
    Erik erhob sich. »Falls Björn sich bei Ihnen melden sollte, geben Sie mir bitte Bescheid?«
    Der Wind, der im Laufe des Tages zahm geworden war, fand abends zu seiner Wildheit zurück. Hinter Flensburg hörte Erik die erste Sturmwarnung im Radio. »Der Fährbetrieb zwischen Römö und Sylt wird eingestellt.«
    Er erschrak. Wenn nur nicht der Hindenburgdamm gesperrt wurde! Plötzlich ärgerte er sich, dass er nach der unergiebigen Pressekonferenz noch zu Dr. Baron gefahren war. Wenn der Besuch bei ihm auch interessant gewesen war und ihm ein neues Täterprofil eröffnet hatte, eine Nacht in einem Niebüller Hotel war er nicht wert gewesen. Besser, er hätte den Sonntagabend seinen Kindern und seiner Schwiegermutter gewidmet. Es war erstaunlich, dass Mamma Carlotta keine Ansprüche an ihn und den ersten Urlaub ihres Lebens stellte. Natürlich wollte sie etwas erleben. Mamma Carlotta hatte immer etwas erleben wollen.
    Der Wagen schüttelte sich unter jeder Bö, Erik packte das Steuer fester an, um in der Spur zu bleiben. Wolken rasten über den Himmel, Laubkronen wurden niedergedrückt und wieder aufgefächert, Geäst wirbelte über die Straße, dünnes Wehklagen drang durch die Luftschlitze, dann wieder barsches Geheul.
    Dann endlich der Wegweiser zum Autozug, die Verladerampe kam in Sicht – alle Sorgen waren vergeblich gewesen. Der Autozug wartete, der Fahrplan wurde eingehalten.
    Erik lehnte sich zurück und wartete. Irgendwann rumpelte der Zug mit knirschenden Planken los, aber als er Fahrt aufnahm, wurde er ruhiger, beinahe geräuschlos. Jedes Ächzen, jedes Rattern, jedes Knarren riss der Wind sofort an sich und trug es fort.
    Wo mochte Björn Mende sein? Vielleicht bewog ihn das Wetter ja zur Aufgabe. Plötzlich wurde es ruhiger da draußen, der Wind flötete, dann wieder fiel er die Windschutzscheibe an, und vorbei war es mit der Ruhe. Nicht einmal die Möwen, die mit dem Wind verbündet waren, konnten es ihm heute recht machen. Immer wieder versuchten sie, sich auf seinen Schwingen auszustrecken, rasten dann mit ihm dahin, aber begannen schon in der nächsten Bö zu trudeln.
    In Westerland waren nur wenige Menschen auf der Straße, bis zur Unkenntlichkeit geschützt unter ihren gebeugten Rücken, den verschränkten Armen und den in die Stirn gezogenen Kapuzen. Trotzdem erkannte Erik den Mann, der über die Norderstraße schlingerte. Er hatte seinen Mantelkragen hochgeschlagen, drückte ihn mit beiden Händen auf die Ohren und bemühte sich, auf Kurs zu bleiben, während der Wind immer wieder versuchte, ihn vom Fußweg auf die Fahrbahn zu drängen. Wahrscheinlich kam er aus der Nordseeklinik. Warum war er bei diesem Wetter zu Fuß unterwegs?
    Erik wendete in einer Bushaltestelle, fuhr zurück und hielt neben Wolf Andresen. Er wollte sich über den Beifahrersitz beugen und die Tür öffnen, fürchtete aber, dass der Wind sie ihm aus der Hand schlagen würde. Deswegen ließ er nur die Seitenscheibe ein

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