Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
Aufgaben als Kriminalhauptkommissar der Attraktion ihrer Cousine überordnete.
Er wählte die Nummer des Reviers und war erfreut, dass er Engdahl am Apparat hatte. »Gibt’s was Neues? Ist Björn Mende gefasst worden?«
»Leider noch nicht«, bedauerte Engdahl. »Aber es kann nicht mehr lange dauern. Der Sturm hat sich ja zum Glück gelegt. Wenn es hell ist, soll weitergesucht werden. Es ist unwahrscheinlich, dass Mende gestern von der Insel runtergekommen ist.« Er zögerte, ehe er leise ergänzte: »Es wird Zeit, dass wir ihn erwischen. Das Inselblatt hetzt die Bevölkerung gegen uns auf. Haben Sie heute Morgen schon die Zeitung gelesen?«
Erik hatte Glück, Mamma Carlotta war gerade in die Küche gegangen, um dort mit Hilfe eines Espressos über die Neuigkeiten von Cousine Isabella hinwegzukommen. Ungesehen huschte Erik zur Haustür, holte die Zeitung herein und lief die Treppe hoch.
Er verriegelte die Badezimmertür, schob die Zeitung in ein Regal und atmete auf. Wenn er es geschickt anstellte und unbemerkt in den Garten verschwinden konnte, schaffte er es vielleicht sogar, Cousine Isabellas Sensationen zu entgehen. Und da seine Schwiegermutter heute nicht die Zeitung gelesen hatte, würde sie ihm auch nicht stundenlang vorhalten, dass er etwas gegen die schrecklichen Reporter unternehmen müsse, die den Ruf der Familie Wolf gefährdeten.
Als er aus dem Garten kam, war er beglückt, weil sein Plan gelungen war. Carolin und Felix hörten sich die Geschichte an. Anscheinend fanden sie, was sie hörten, sogar bemerkenswert, denn Carolin erkundigte sich mit großem Interesse, wann und wie die frisch Verlobten sich kennen gelernt hätten, und Felix fand es total krass, demnächst mit einem Fernsehstar verwandt zu sein.
Während die Kinder ihre Sachen zusammenpackten und sich verabschiedeten, erschien Sören. »Ich habe gerade auf meinem Handy einen Anruf aus Dortmund bekommen.« Er sagte zu allem ja, was Mamma Carlotta ihm anbot, dann meinte er: »Die Dortmunder Kollegen waren in Jens Gühlichs Wohnung. Wahrscheinlich ist das jetzt gar nicht mehr wichtig, aber merkwürdig finde ich es schon …«
»Was denn?«, fragte Erik ungeduldig.
»Die Zimmerwirtin von Jens Gühlich hat gesagt, er wäre nach Sylt gefahren. Er hätte da Freunde und Verwandte, die wolle er wiedersehen. Und vielleicht fände er dort auch einen Job, wenn sich jemand für ihn einsetzte.«
Erik sah auf seinen Teller, schob den Toast zur Seite und beschloss, auf das Rührei mit Schinken zu warten. »Merkwürdig ist das wirklich«, meinte er dann, fuhr aber entschlossen fort: »Für unsere beiden Fälle jedoch unerheblich.«
»Immerhin kannte Jens Gühlich beide Mordopfer«, gab Sören zu bedenken.
»Ohne das Ergebnis der DNA -Analyse wäre das tatsächlich eine Spur, die man verfolgen müsste. Aber wir wissen ja, wer der Täter ist.«
Sören nickte nachdenklich. »Und die Tatsache, dass Björn Mende getürmt ist, beweist es zusätzlich.«
Erik grinste. »Aber wenn Sie wollen, können Sie überprüfen, wo Jens Gühlich auf Sylt wohnt. Dann können wir mal mit ihm reden. Schaden kann es ja nicht.«
Sören nickte erleichtert. »Ich werde gleich mal meine Tante anrufen. Die arbeitet im Kurzentrum. Für die bedeutet so was einen Mausklick.«
»Vorausgesetzt, Gühlich wohnt in einem Beherbergungsbetrieb, der seine Gäste ordentlich anmeldet. Wenn er sich privat ein Zimmer gesucht hat, sehe ich schwarz.«
Mamma Carlotta erschien mit der Pfanne am Küchentisch und füllte erst Sören und dann Erik das Rührei auf.
»Hast du Sören schon erzählt, Enrico, dass heute bereits um halb sechs das Telefon ging?«, fragte sie arglistig. Dabei schob sie ihren Teller ein wenig zur Seite, legte die Unterarme gemütlich auf den Tisch und beugte sich zu Sören hinunter. Die Körperhaltung, die sie einzunehmen pflegte, wenn sie sich auf eine lange Zeit des Erzählens einrichtete.
»Von Cousine Isabella kannst du Sören später erzählen, wir haben jetzt keine Zeit.« Mit strenger Miene sah Erik seinen Assistenten an. »Worauf warten Sie? Rufen Sie Ihre Tante an!«
Sören warf einen Blick auf die Uhr. »In einer Viertelstunde tritt sie ihren Dienst an.«
»Versuchen Sie es jetzt schon«, forderte Erik und wich Mamma Carlottas vorwurfsvollem Blick aus.
»Also gut.« Sören zückte sein Handy. Und wie seiner Miene bald abzulesen war, hatte seine Tante an diesem Tag besonders pünktlich die Arbeit aufgenommen. Sie, die auf den alten friesischen Namen
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