Die Tote am Watt: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
immer auf die gleiche Weise.«
»Das ist ein Ritual«, wehrte sich Erik, »kein Zwang. Ich liebe das Ritual des Pfeifestopfens und -anzündens.«
Dr. Hillmot nickte. »Klar, aber wann aus dem Ritual ein Zwang wird, ist oft schwer zu erkennen. In dem Augenblick, in dem Sie sich nicht mehr gegen das Ritual wehren können und darunter leiden, sind Sie ein Fall für den Psychiater.«
Erik dachte nach, während er seinen Schnauzer glättete, dann befand er, dass er keineswegs psychiatrische Behandlung nötig hatte. »Danke, Doktor.«
Sören steckte den Kopf ins Zimmer. Ehe er etwas sagen konnte, tönte ihm Dr. Hillmot entgegen: »Morgen Abend kocht die Signora für uns!« Dann sah er Erik verlegen an. »Es ist doch richtig, wenn ich davon ausgehe, dass auch Herr Kretschmer eingeladen ist?«
Erik lachte. »Natürlich. Genau genommen soll das Ganze ja ein Arbeitsessen werden, oder?«
Diese Aussicht holte Sören ganz ins Zimmer hinein. »Meine Freundin wollte zwar mit mir in die Kupferkanne, aber daraus wird dann wohl nichts.« Er sah nicht so aus, als bedauerte er es. »Ich hätte in der Kupferkanne keine ruhige Minute gehabt bei der Vorstellung, dass ich der Einzige bin, der das Ergebnis der DNA -Analyse nicht kennt.«
Dr. Hillmot lachte. »Also dann bis morgen!«
Sören wartete nicht, bis die Tür sich hinter dem Gerichtsmediziner geschlossen hatte. »Jens Gühlich hat nach seiner Haftentlassung ein Zimmer in Dortmund bezogen. Ich habe die Dortmunder Kollegen hingeschickt. Sie sollen mal nach ihm sehen und ganz unauffällig sein Alibi überprüfen.«
Erik nickte zufrieden. »Gut so.«
»Und mit der Firma Kern habe ich auch telefoniert.« Sören ließ sich rittlings auf einem alten Holzstuhl nieder, der eigentlich nur dazu diente, die Aktenberge aufzunehmen, die sich gelegentlich neben Eriks Schreibtisch türmten. »Den Kfz-Handel gibt es noch, er heißt auch noch Kern, obwohl er von einem Konzern geschluckt wurde, nachdem Alfred Kern ihn verkaufte.«
»Kann sich jemand an Jens Gühlich erinnern?«
Sören schüttelte den Kopf. »Nein, nachdem Alfred Kern ihn verkaufte, hat es viele personelle Veränderungen gegeben. Aber ich habe mit einer Dame in der Personalabteilung gesprochen, die sehr freundlich war. Sie hat schnell Jens Gühlichs Personalakte gefunden. Demnach war Jens Gühlich kein angenehmer Zeitgenosse. Weder bei seinen Kollegen noch bei seinen Vorgesetzten beliebt. Er hat viel gestänkert und den Betriebsfrieden gestört, hat sich oft mit Kollegen und sogar mit seinen Chefs angelegt. Anscheinend ein Choleriker und einer, der alle anderen für seine Probleme verantwortlich macht, nur nicht sich selbst. Als die Sache mit dem Mord passierte, war seine Kündigung schon unterschrieben. Er hatte seine Vorgesetzten faule Bonzen geschimpft, die ihr Geld im Schlaf verdienten, während er sich dafür abschuften musste.«
Erik nickte, aber Sören merkte, dass sein Chef nicht mehr bei der Sache war. »Haben Sie etwa schon was von Dr. Hillmot erfahren?«, fragte er misstrauisch. »Ein vorläufiges Ergebnis des DNA -Tests?«
Erik schüttelte den Kopf. »Dr. Hillmot sagt, Wolf Andresen leidet unter einem Ordnungszwang. Tatsächlich ist ja seine Ordnung zerstört worden, die will er nun zwanghaft wieder zurückholen. Seine Tochter ist lebensbedrohlich erkrankt und seine Frau betrügt ihn. Er ahnte wahrscheinlich, dass sie ihn verlassen würde, wenn das Kind entweder gesund ist oder …« Er brachte es nicht fertig, den Satz zu Ende zu führen.
Sören nickte. »Und Sie meinen, er könnte seine Ordnung mit einem Mord oder sogar mit zwei Morden wiederherstellen?« Er betrachtete seinen Chef, der gedankenverloren auf seine Hände starrte. »Sie vergessen, dass der DNA -Test ihn entlastet hat.«
Erik seufzte auf. »Stimmt. Es hat keinen Zweck, jetzt weiter darüber nachzudenken. Erst mal sehen, mit welchen Ergebnissen Dr. Hillmot morgen zum Abendessen erscheint.«
Ein kurzes Klopfen, und Rudi Engdahl erschien im Raum. »Da draußen ist eine Dame, die Sie sprechen will. Frau Frenzel.«
Erik erhob sich. »Komisch, die hatte ich schon beinahe vergessen.« Er blieb stehen, wo er stand, und starrte eine Weile zu Boden. »Heide Pedersen übrigens auch«, murmelte er. »Ist es eigentlich richtig, dass wir die beiden total von der Liste der Verdächtigen gestrichen haben?«
Sören grinste. »Sie vergessen das Sperma.«
Erik nickte. »Ja, richtig.« Augenblicke später reichte er Bernadette Frenzel die Hand. »Was
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