Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
haben.
»Klar«, sagte sie, »aber was meinst du damit genau?«
»Eigentlich zwei Dinge. Du sollst auf unserer Seite die Ermittlungen führen und nach Trollhättan fahren und in Erfahrung bringen, was die Kollegen dort schon haben. Erst einmal gehen wir alles gemeinsam durch.«
Sie besprachen die Lage. Die Frau, die sich Schuldnannte, war an einer Rauchgasvergiftung gestorben, und anschließend war ihr der Kopf abgetrennt worden.
»Irgendjemand hat sich also die Mühe gemacht, den Kopf vom Körper zu entfernen und mitzunehmen, aber damit nicht genug. Außerdem hat er – oder meinetwegen sie, es könnte schließlich auch eine Frau gewesen sein – den Kopf einer anderen Leiche dabeigehabt und im Garten einer älteren Dame platziert«, sagte Karin.
»Die Identität«, sagte Carsten. »Wir müssen die Identität von Kopf und Körper herausfinden.«
»Ich bin …, wir sind schon dabei.« Robban erklärte, dass sie eine Liste aller Rollenspieler erstellt hatten.
»Rollenspieler?« Carsten machte ein fragendes Gesicht, als hätte er gerade ein äußerst merkwürdiges Wort gehört, das er sich merken musste. Robban klärte ihn kurz auf und erwähnte bei der Gelegenheit, dass nur einer der Darsteller seinen Führerschein dabeihatte und sie daher eine Streife in den Sankt-Eriks-Park hatten schicken müssen, die mit den übrigen Personen zu der Wohnung in Kungälv gefahren war, wo sich alle umgezogen und Gepäck und Papiere zurückgelassen hatten. Folke hatte auch veranlasst, dass alle Mitwirkenden fotografiert worden waren.
Carsten nickte.
Karin erzählte vom Opferstein und berichtete, dass einige Mitglieder des Marstrander Heimatvereins der Meinung seien, es handle sich um einen alten Opferplatz. Folke, Robban und Carsten hörten ihr zwar zu, aber erst als sie die ausgemalten Thorshämmer erwähnte, die sie am Samstag in den Felsen entdeckt hatte, wurde es mucksmäuschenstill im Raum.
»Womit waren sie ausgemalt?«, wollte Carsten wissen.
»Mit Blut«, antwortete Karin. »Jerker und sein Team sind sofort gekommen und haben es getestet. Es gibt vier Zeichen, und alle sind mit Blut ausgemalt.«
»Dann sind die also bei der Untersuchung am Freitag übersehen worden?«, fragte Carsten.
»Weiß ich nicht«, erwiderte Karin und dachte an die Sticheleien, die sie Jerker und den Technikern gegenüber so freimütig von sich gegeben hatte. Das würde man ihr mit Sicherheit aufs Brot schmieren. »Zuerst dachte ich auch, die Spurensicherung hätte die Zeichen übersehen. Aber es besteht ja noch eine andere Möglichkeit.«
»Vielleicht waren sie am Freitag noch nicht ausgefüllt, und der Täter ist noch einmal zurückgekommen«, brummte Folke nachdenklich.
Åkerström, Trollhättan, Winter 1959
»Umziehen?«, fragte Birger erstaunt. Das hatte Aina beim Abendessen vorgeschlagen. Auch sie hatte sich Gedanken gemacht, nachdem sie Askos Schwestern und der Frau begegnet waren, die ihn geboren hatte. Das Wort »Mutter« wollte er nicht in den Mund nehmen.
»Eriksberg«, sagte Aina und legte ihre Hand auf seine. Birger sah sie an. Nachdenklich betrachtete er ihre klaren Augen und das Lächeln, das ihre Lippen umspielte. In ihrem Schoß lagen Nadel und Faden und eine Hose, die sie für Asko kürzen wollte. Seitdem der Junge da war, hatten ihre Augen einen neuen Glanz.
Aina und Birger sprachen an diesem Abend lange miteinander. Eriksberg war sein Elternhaus, ein alter Hof auf der Insel Koön, die zur Kommune Marstrand gehörte. Birgers Eltern hegten schon lange den Wunsch, dass eins ihrer Kinder das Grundstück übernehmen würde. Birgers Schwester war nicht daran interessiert, und seit dem Tod der Mutter lebten nur noch der Vater und die Hühner auf dem Hof.
»Ja«, sagte Birger gedehnt und rieb sich das Kinn. »Du meinst, wir sollten versuchen, ihn zu behalten.« Seine Stimme war belegt. Birger räusperte sich. »Wir sollten schon morgen mit Vater reden.«
»Und mit Inger vom Jugendamt«, sagte Aina.
Birger nickte. »Vielleicht sollten wir damit anfangen. Zuerst Inger. Und dann Vater.«
Aina widmete sich wieder dem Saum von Askos Hose. Die Nadel bohrte sich durch den Stoff und hinterließ kleine feine Stiche. Aus ihren Augen tropften Tränen, die den Stoff dunkel färbten.
»Wir tun, was wir können.« Birger nahm sie in den Arm. Dann wagte er endlich, auszusprechen, was ohnehin schon lange in der Luft lag.
»Es ist sowieso unser Junge. Auch wenn er ein bisschen spät gekommen ist.«
7
Das Prasseln auf der
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