Die Tote im Badehaus
klopfte auf den Bettrand, damit ich mich setzte. Das tat ich auch, wich seinen ausgestreckten Armen aber geflissentlich aus. Seufzend sagte er: »Ich sehe schon, du wirst den Bedingungen unserer Vereinbarung gerecht.«
»Die da wären?«
»Meine Strafe. Es passiert jedesmal, wenn wir anfangen, uns näherzukommen. Ich finde das ziemlich lästig, besonders in einer Zeit wie dieser.«
»Ich hasse dich ja nicht«, flüsterte ich wegen der offenstehenden Tür. »Nur wurde ich heute morgen etwas unliebsam vom Fernsehen und den Zeitungen überrascht. Angeblich soll ich als Zeugin der Verteidigung benannt werden.«
»Würdest du nicht für mich aussagen?«
»Nein! Nicht, wenn ganz Tokio weiß, daß ich morgens um acht Uhr fünfzehn deine Wohnung verlassen habe. Ich stehe da wie deine Geliebte, nicht wie eine objektive Beobachterin.«
»Verstehe.« Hugh dachte nach. »Ich weiß, daß es deinem Image nicht guttut, mit mir in Verbindung gebracht zu werden. Das ist auch der Hauptgrund, weshalb ich so lange versucht habe, Abstand zu dir zu halten.«
»Du hättest mich netterweise fragen können, ob ich aussagen würde.«
»Kleines, Anwälte arbeiten nicht so. Sie fragen nicht, sie laden vor. Und wenn ich dich gefragt hätte und du eingewilligt hättest, dann hätte der Ankläger genau wissen wollen, was wir zusammen ausgeheckt hätten. Es war wirklich das beste so.«
Er bluffte. Die Durchsuchung von Nakamuras Haus und die gemeinsame Nacht hatten meiner Glaubwürdigkeit irreparabel geschadet. Das wußten wir beide.
»Wir reden nicht mehr über die Verteidigung oder die Verhandlung. Von jetzt an, zu deinem und meinem Besten.« Hugh warf mir den Blick zu, bei dem ich das letzte Mal dahingeschmolzen war. »Ich habe schon genug Sorgen wegen dieser Dreckskerle, die mich zusammengeschlagen haben.«
»Der Überfall war meine Schuld. Es tut mir leid, daß ich Keiko provoziert habe …«
Hugh winkte ab. »Unter Umständen könnte mir das sogar ganz nützlich sein. Wenn ich im Rollstuhl vor Gericht erscheinen muß, hat Mr. Ota ein gewichtiges und augenfälliges Argument dafür, daß irgendwer versucht, die Wahrheit über Setsukos Tod zu vertuschen.«
»Aber wir wissen doch noch nicht sicher, daß Keiko hinter dem Mord an Setsuko steckt. Mariko hat erzählt, Keiko war am Silvesterabend in Tokio, viel zu weit weg von Shiroyama, um irgend etwas angestellt zu haben«, erinnerte ich ihn.
»Die Gangster hätten Setsukos Auto bis nach Shiroyama folgen können, so wie sie mir gestern gefolgt sind. Ich habe den Cadillac in der Nähe meiner Wohnung gesehen und dann noch einmal vor dem Reisebüro, als ich dich angerufen habe. Sie haben mich angegriffen, nachdem ich die Telefonzelle verlassen hatte.«
»Wenn du in aller Öffentlichkeit zusammengeschlagen wurdest, weshalb weiß dann niemand, daß du im Krankenhaus bist? Hier ist niemand von der Presse, und die Zeitungen und das Fernsehen melden es auch nicht.«
»Alle haben sich verzogen, bevor die Polizei gekommen ist. Niemand wollte Zeuge sein.«
»Ich würde erzählen, was zwischen Keiko und mir vorgefallen ist.« Ich legte meine Hand auf seine. »Du weißt, daß du dich auf mich verlassen kannst.«
»Wir wollten nicht darüber sprechen.« Hugh drückte meine Hand. »Jedenfalls bin ich froh, daß ich so viel Verstand hatte zu sagen, daß ich das Gesicht dieser Schläger nicht gesehen habe. Dein Cousin – ein ziemlich hilfsbereiter Bursche, dieser Tom – hat das bestätigt. Er hat mir auch alle möglichen überraschenden Dinge über dich erzählt, auf die ich nie gekommen wäre.«
»Zum Beispiel?« Ich hatte plötzlich ein flaues Gefühl im Magen und hoffte, Tom hatte ihm nicht beschrieben, wie unansehnlich ich mit fünfzehn war.
»Daß deine Armut selbstgewählt ist. Dein Vater ist in den Staaten Chefpsychiater oder so etwas …«
»Macht mich das attraktiver für dich?« Ich erstarrte.
»Es bringt mich nur auf den Gedanken, daß es nicht den geringsten Grund für dich gibt, in diesem heruntergekommenen Viertel zu hausen.«
»Im Moment wohne ich bei Tom und meiner Tante Norie.«
»Warum schläfst du nicht in meiner Wohnung? Dort gibt es Türsteher, einen Portier und eine Menge Polizei, jetzt wo ich so berüchtigt bin. Während eines Hurrikans ist der sicherste Ort im Auge des Sturms.«
»Du kennst meine Tante Norie nicht. Sie ist eine großartige Beschützerin.« Ich lächelte bei dem Gedanken daran, daß ich nicht ohne ein frisch gebügeltes Taschentuch und eine
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