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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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unverheirateten Sohn machte.
    Ich lächelte Yamamoto vertraulich an und klopfte auf den Platz neben mir.
    »Darf ich Kenji-kun sagen?« Wörtlich übersetzt bedeutet das »Kenji-Junge«.
    »Okay.« Er sah nicht sehr glücklich aus, als er sich zu mir setzte.
    »Was haben Sie Ihrer Mutter erzählt?« fragte ich auf englisch.
    »Sie glaubt, ich hatte einen Skiunfall und irgendeine Nervengeschichte, so daß ich nicht arbeiten kann. Hugh-san hat mir dabei geholfen«, flüsterte er.
    »Was gibt es Neues von der Polizei?«
    »Die Nationalpolizei führt eine verdeckte Ermittlung durch. Ich bin sicher, daß nichts dabei herauskommt.« Er beugte sich vor, um die Fernbedienung von dem Beistelltisch aus Rosenholz zu nehmen.
    Ich nahm ihm die Fernbedienung weg. »Woher wissen Sie das?«
    »Ichiro Fukujima hat viele Freunde in höheren Positionen.«
    »Sind Sie sicher, daß Sie über diese Erpressungsgeschichte nicht voreilige Schlüsse ziehen?« fragte ich. »Könnte Mr. Nakamura den Entwurf vielleicht für andere Zwecke gebraucht haben?«
    »Nein! Nakamura ist ein schrecklicher Mensch, nur ich begreife das!«
    »Das stimmt nicht.« Ich wollte weitersprechen, aber Mrs. Yamamoto kam mit grünem Tee herein. Ich nahm eine Tonschale und trank erst, nachdem ihr Sohn den ersten Schluck genommen hatte.
    »Sie müssen soviel wie möglich mit meinem Sohn sprechen, damit er sein Gedächtnis wiedererlangt. Die Ärzte glauben, es kommt mit der Zeit zurück.« So, wie sie mich anlächelte, schien sie mich nicht mit dem Mädchen aus den Zeitungen in Verbindung zu bringen.
    »Welche Ärzte?« fragte ich Yamamoto, als seine Mutter wieder gegangen war.
    »Die Polizei hat etwas arrangiert.« Er zuckte die Achseln.
    »Jeder arrangiert etwas für Sie, nicht?« Er war der passivste junge Mann, den ich je kennengelernt hatte. »Wie haben Ihre Probleme mit Nakamura eigentlich begonnen?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht, als unsere Abteilung nach der Arbeit noch trinken gegangen ist.«
    »Wie oft mußten Sie mit?« Bei Nichiyu war es gang und gäbe, daß die Mitarbeiter mindestens zweimal die Woche mit Kollegen trinken gingen. Dort wurden Dinge ausgesprochen, die innerhalb der Büros nicht gesagt werden konnten, und dies häufig auf sehr vulgäre Art und Weise. Mich mit Leuten zu betrinken, die mir ohnehin feindselig gesinnt waren, entsprach nicht meiner Vorstellung von guter Unterhaltung, und so ging ich nur bei den Feiertagsveranstaltungen mit.
    »In Mr. Nakamuras Abteilung sind wir etwa dreimal die Woche gegangen.« Yamamoto dachte nach. »Das Problem ist, daß mir von Alkohol schlecht wird. Mir wird schwindlig, und ich bekomme keine Luft mehr. Deshalb habe ich immer so getan, als sei ich betrunken, und gehofft, daß mir niemand mehr etwas einschenkt.«
    »Und Mr. Nakamura hat das gemerkt?« Mir fiel Yamamotos unangetasteter Whisky bei Hugh wieder ein, und daß er an Silvester kaum Bier getrunken hatte.
    »Leider. Einmal hat er gesehen, wie ich den Scotch in einen Blumentopf geschüttet habe. Er hat gesagt, ich sei ein Baby.« Yamamoto starrte mich verdrießlich an.
    »Sie hätten nicht auf ihn achten sollen.«
    »Sie verstehen das nicht.« Yamamoto erhob die Stimme. »Er dachte, ich gehöre nicht zum Team, und wollte es den anderen erzählen. Er hat mich immer wieder vor Mr. Sendai beleidigt und behauptet, daß ich mich mehr für mich selbst interessiere als für die Firma. Auf Mr. Nakamuras Schreibtisch habe ich eigentlich meine Akte gesucht. Ich habe mir große Sorgen gemacht.«
    »Haben Sie sie gefunden?«
    »Ja. Darin stand, daß ich sehr faul bin, eine lockere Moral habe und der schlechteste Mitarbeiter in meinem Bereich …«
    »Er ist fürchterlich«, stimmte ich zu. »Aber was geschieht jetzt mit Ihnen? Es ist doch sicherlich dumm, einen Posten wegzuwerfen, für den Tausende junge Leute sterben würden.« Ich hielt inne, als mir klar wurde, wie unpassend ich mich ausgedrückt hatte.
    »Ich kann erst wieder zu Sendai zurück, wenn Mr. Nakamura geht. Mir gefällt die Atmosphäre nicht, die er schafft. Mittags schon trinken, oder um fünf gehen, um sich ein paar Stunden in Kabuki-cho zu amüsieren …«
    Mir fiel der schwarze Body in seinem Schlafzimmerschrank ein, und ich fragte Yamamoto, ob er glaube, daß Nakamura Kontakt zu einer Prostituierten hatte.
    »Wer weiß? Typen wie er sind auch hinter Sekretärinnen her.«
    »Er ist ziemlich pervers«, stimmte ich zu. »Er hat es sichtlich genossen, mit mir über den Mann zu sprechen,

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