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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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zu.
    »Na, dann gehe ich lieber.« Ich zog den Mantel über und schob den Brief unauffällig in meine Tasche.
    »Du hast offenbar gar keine Probleme damit, deine Arbeit hier im Stich zu lassen, um dich auf einer Party zu amüsieren!«
    »Joe hat etwas über den Amerikaner, da bin ich mir sicher.« Ich stand auf und ging auf die Tür zu. »Außerdem habe ich heute gekündigt. Ich brauche ihn.«
    »Du verläßt Nichiyu? Dieses ganze Chaos ist der Grund dafür, nicht wahr?« Hugh klang zerknirscht. Kurz darauf sagte er: »Du solltest zurück nach Amerika und Medizin oder Jura studieren. Ich könnte dir eine Empfehlung für Jura schreiben, und Tom für Medizin …«
    »Spinnst du? Ich würde Tokio nie wegen etwas so Langweiligem verlassen!«
    »Kleines, es tut mir weh, das zu sagen, aber ich kann dich nicht ernähren, wenn ich arbeitslos bin. Ich werde die Wohnung verlieren, das Auto, alles.«
    »Das hier ist meine Stadt, und ich lebe hier, wie ich will, okay? Ich versuche dir schon die ganze Zeit zu sagen, daß ich etwas Neues habe.«
    »Was hast du denn vor?« Hugh schloß die Augen, als würde ihn mein Anblick langsam ermüden.
    »Antiquitäten. Ich werde als Einkäuferin für Privatkunden arbeiten.«
    »Das ist zu riskant. Warum suchst du dir nicht erst ein paar Kunden und legst dir einen Notgroschen zurück? Ich finde es schade, wenn dir vorher der Wind aus den Segeln genommen wird.« Wenn Hugh noch ein klein wenig skeptischer wäre, würde er als mein Vater durchgehen.
    »Heute nachmittag habe ich ein Stück aus Shiroyama für eins Komma zwei Millionen Yen verkauft. Ein ganz netter Notgroschen, findest du nicht?«
    Hugh riß die Augen auf. »Sag mir, daß ich nicht träume!«
    Ich stützte die Hände in die Hüften und bedachte ihn mit meinem strengsten Gesichtsausdruck. »Ich lasse das Geld auf mein Konto überweisen, falls du einen Beleg sehen möchtest.«
    »Du solltest dich amtlich registrieren lassen, wenn du in Japan ein Geschäft aufmachen willst. Du brauchst einen Anwalt …«
    »Ich brauche einen Anwalt, der weder im Krankenhaus noch im Gefängnis ist. Danke, Kleiner.« Nach dieser bravourösen Vorstellung winkte ich ihm zu und ging.

31
    Der Tokyo American Club liegt nur einen Steinwurf oder eine Armlänge von der russischen Botschaft entfernt, je nach Stimmung. Ich jedenfalls war vorsichtig. Ich hatte die Vorstellung, in den gewaltigen Komplex im kalifornischen Stil hineinzugehen und freundlich wieder hinauskomplimentiert zu werden. Winnie hatte zu Hugh etwas über Eintrittskarten gesagt, und ich hatte nicht mal zweitausend Yen in meiner Abendhandtasche.
    Glücklicherweise wartete Joe auf einem Sofa in der eleganten Lobby. Er hatte das Wall Street Journal aufgeschlagen auf den Knien liegen. Als er mich erblickte, lächelte er und klopfte auf den Platz neben sich.
    »Wie geht’s, wie steht’s?« fragte er. »Sie sehen recht gut aus für jemanden, der sich mit Polizei, Gangstern und Sensationsjournalisten herumschlägt.«
    »Ich habe bei Nichiyu gekündigt. Offenbar macht es sich schon bemerkbar, daß ich weniger unter Streß stehe.«
    »Großartig.« Joe beugte sich vor und küßte mich. »Jetzt müssen Sie sich nur noch von mir überzeugen lassen, ihr eigenes Geschäft aufzumachen. Wir bestellen Champagner für den Anfang …«
    »Wir brauchen keinen Champagner, und machen Sie sich nicht erst die Mühe, mich von irgend etwas zu überzeugen«, erklärte ich. »Ich bin bereits dabei.«
    Joe war verblüfft, als ich ihm von meinem Verkauf an das Zentrum für Volkskunst in Shiroyama erzählte. Er begann sofort Pläne zu schmieden. »Viel wichtiger als Anzeigen ist die Mund-zu-Mund-Propaganda. Wenn in den internationalen Frauenclubs übers Einkaufen geredet wird, dann sollte Ihr Name auf jeden Fall erwähnt werden. Alleinreisende Geschäftsmänner werden Sie bitten, für ihre Frauen einzukaufen, zum Teil auch, weil Sie ein süßes kleines Ding sind und sie die Besprechung mit Ihnen genießen. Kränkt Sie das?« strahlte er. »So funktionieren Männer nun mal, und außerdem ist es nur zu Ihrem finanziellen Vorteil.«
    »Ich frage mich allerdings, wie Männer funktionieren«, sagte ich. »Diese Sache mit Mrs. Chapman – schalten Sie das einfach an und ab?«
    Joe schüttelte den Kopf. »Sie war mir zu aufdringlich. Als ich Sie letzten Sonntag vor der Kirche gesehen habe, war ich sehr erleichtert. Ich dachte, Sie würden mir ein wenig aushelfen!«
    »Was haben Sie denn gegen sie? Sie passen altersmäßig gut

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