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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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also! Und jetzt wollen wir sehen, wie viele unterschiedliche Antworten wir in zehn Minuten finden können, und ich möchte kein Wort Japanisch hören.«
     
    Wir kamen spät nach Hause, aber Richard überredete mich, mit ihm eine Junzo-Itami-Comedy mit dem Titel Die Bestattung anzusehen. Sie war erstaunlich lustig. Ich lachte gerade über einen habgierigen Priester, der versuchte, sich mit dem wertvollen gekachelten Tisch eines Hinterbliebenen davonzumachen, als Richard die Pausentaste des Videorecorders drückte.
    »Da ist jemand draußen im Gang.«
    »Mr. Noguchi ist wieder betrunken und sucht seinen Schlüssel«, vermutete ich. Ein Stockwerk unter uns wohnte ein Witwer, der sich von Krabbenchips und Yebisu-Bier ernährte. Wenn er so richtig gut dabei war, stolperte er auch schon mal versehentlich eine Etage zu weit nach oben.
    »Nein. Es klopft an unsere Tür«, beharrte Richard, also stand ich auf und sah durch den Spion. Der Mann auf der anderen Seite der Tür war nicht Mr. Noguchi, sondern er trug einen Geschäftsanzug und eine Aktentasche. Ein salaryman, der sich verirrt hatte? Ich öffnete.
    »Miss Shimura?« Der Fremde sah aus, als hätte er am liebsten auf der Stelle kehrtgemacht. Vielleicht lag es an meiner langen Unterwäsche, aber was erwartete er um Viertel nach zehn? Ich zog meine yukata enger um mich und nahm die Karte, die er mir reichte. Die in englisch gedruckte Seite wies ihn als Junichi Ota, Rechtsanwalt, aus.
    »Ich brauche keinen Anwalt, vielen Dank.« Ich wollte die Tür schließen.
    »Mein Mandant hat mich geschickt, Hugh Glendinning.« Als Mr. Ota das sagte, zog es mir die Füße weg, und ich mußte mich am Türrahmen festhalten.
    »Ich wußte nicht, daß Sie einen Ehemann haben.« Mr. Ota erspähte Richard über meine Schulter hinweg, der in seiner langen Unterwäsche auf dem Futon lag.
    »Er ist nichts. Ich meine, das ist ein Kollege, nicht mein Ehemann, und er wollte gerade in sein Zimmer gehen.«
    »Gute Nacht, Miss Shimura, meine verehrte Kollegin.« Richard verzog sich ohne Protest, denn durch die papierdünne Tür würde er sowieso alles hören.
    »Was ist passiert?« fragte ich Mr. Ota, als wir allein waren, und bedeutete ihm, sich mit mir an den Teetisch zu setzen.
    »Mr. Glendinning ist gestern vormittag in Zusammenhang mit dem Tod Setsuko Nakamuras und Kenji Yamamotos Verschwinden verhaftet worden.« In meinen Ohren rauschte es plötzlich, aber aus weiter Ferne hörte ich Mr. Ota sagen: »Nach japanischem Gesetz kann ein Zivilist inhaftiert und achtundvierzig Stunden ohne Kaution festgehalten werden, wenn der Verdacht besteht, daß er ein Verbrechen begangen hat. Danach muß ein Staatsanwalt entscheiden, ob es genügend Beweise gibt, um ihn in Gewahrsam zu behalten. Leider glaube ich, daß dies meinem Mandanten bevorstehen könnte.«
    Captain Okuhara mußte durchgedreht sein, nach allem, was ich ihm vor zwei Tagen erzählt hatte. Ich mußte ihn unbedingt noch einmal anrufen, um die Situation zu klären.
    »Der Polizeichef weigert sich offenbar, Mr. Nakamura zu verdächtigen, weil es leichter ist, einen Ausländer anzuklagen. Ich spreche mit ihm.« Ich ging in Richtung Telefon.
    »Bitte tun Sie das nicht!« Das war die äußerste Annäherung an einen Befehl, die in höflichem Japanisch möglich war. »Alles, was Sie sagen, kann gegen Mr. Glendinning verwendet werden. Es wäre nicht das erste Mal.«
    »Ich habe ihm doch nur gesagt, daß der Autopsiebericht neu ausgewertet werden sollte, weil es Anzeichen für eine Kopfverletzung gab! Nichts über Hugh.«
    »Sie haben dem Captain erzählt, Mr. Glendinning hätte den Autopsiebericht gestohlen. Deshalb stand er gar nicht gut da«, sagte Mr. Ota ernst. Ich überlegte, ob er nur gekommen war, damit ich mir Vorwürfe machte. Gut, es war meine Schuld. Mein Vorsatz für das neue Jahr war gewesen, erst zu denken und dann zu sprechen, und ich hatte es nicht geschafft.
    Mr. Otas Anklagerede ging weiter. »Miss Shimura, Sie haben auch die Theorie vertreten, der Mord sei im Bad passiert. Daraufhin fand die Polizei ein Beweismittel auf dem Beckenboden, ein Stück von Mrs. Nakamuras Fingernagel. Mr. Glendinnings Fingerabdrücke sollen auf dem Fenster gewesen sein, aus dem die Leiche geworfen wurde. Der Schmuck der verstorbenen Dame wurde in seinem Zimmer gefunden, und jetzt schwört Mrs. Yogetsu, die Besitzerin der Pension, sie hätte an diesem Abend einen Streit zwischen den beiden im Bad gehört.«
    »Meine Fingerabdrücke hätten

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